Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
BattleTech 35: Höhenflug

BattleTech 35: Höhenflug

Titel: BattleTech 35: Höhenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
Vom Netzwerk:
toll, Dooley. Du bist noch keine vierundzwanzig Stunden auf dieser Welt, und schon hast du die Slums gefunden. Was für ein Orientierungssinn. Sie schnaufte verächtlich.
    Mehrere Mitglieder von Ravens ›Stamm‹ beobachteten sie, bemerkte Sam plötzlich. Zwei schienen enge Verwandte: Sie hatten dieselbe hagere, verdrehte Figur wie ihr Wohltäter, und ihre Kleidung hätte vom Müllhaufen desselben Schneiders stammen können. Ihre Gesichter waren eingefallen und von der Härte ihres Lebens gezeichnet, verwüstet von zu vielen Jahren der Sorge und zu wenigen Augenblicken der Ruhe. Eingesunkene Augen beobachteten sie stetig und ohne Gefühl. Mit plötzlichem Unbehagen blickte Sam zur Seite.
    Die dritte Person, die sie beobachtete, unterschied sich von den anderen wie die Nacht vom Tag. Es war ein junger, schlanker Mann mit harten Zügen, der fünf Meter von Sam entfernt saß. Auch er betrachtete sie, aber seine dunklen Augen schienen lebendig, nachdenklich, und vielleicht auf eine grimmige Art und Weise humorvoll. Seine Haut war bleich, sein Haar nachtschwarz. Er trug enganliegende Hosen aus einem Stoff, der weich wie Handschuhleder schien, aber ein auffallendes Schlangenhautmuster besaß. Die Hosenbeine steckten in mittelhohen steifen Lederstiefeln mit Zehenkappen und Ketten aus silbrigem Metall. Am Oberkörper trug er nur eine ärmellose Weste aus demselben Material wie die Hose. Seine Schultern waren breit und stark, aber die langen Arme schienen nicht muskulöser als ihre. Sein ungeniertes Starren beunruhigte sie, und sie drehte sich weg.
    Raven schlief noch, sah sie, in einen alten Stoffmantel gehüllt. Er hatte die Knie an die Brust gezogen und lag zusammengerollt in der Nähe des Feuers. Sam wälzte sich vorsichtig auf die Beine und stöhnte unwillkürlich, als ein stechender Schmerz durch ihr Knie fuhr. Sie reckte sich und versuchte, ihre steifen Muskeln zu lockern, während sie zu dem alten Mann hinüberhumpelte und die Hand auf seine Schulter legte. Er reagierte nicht. Sie schüttelte ihn sanft.
»Laß ihn.«
    Der harte Klang der Stimme hinter ihr ließ Sam zusammenzucken. Sie drehte sich - Verzeihung heischend - um.
    Die Miene des jungen Manns war hart wie Stein. Er wirkte wütend. Warum? »Ich wollte mich nur bedanken«, verteidigte sie sich. »Er hat mir gestern nacht das Leben gerettet.«
»Dafür ist es zu spät.« Der Mann zuckte die Schultern.
    »Zu spät?« Sam fühlte Wut in sich aufsteigen, unterdrückte das Gefühl jedoch. Jetzt ist nicht der Zeitpunkt, um sich mit den Einheimischen anzulegen, Dooley, ermahnte sie sich. »Warum zu spät?« fragte sie mit ruhiger, vernünftiger Stimme. »Ich will ihm nur dafür danken ...«
    »Freck!« spie der Mann. Er starrte sie mit unverhohlener Wut an. »Er ist tot, Ballast, okay? Raven ist während der freckenkrekigen Nacht gestorben. Okay?«
    Samantha blinzelte. »Tot? Aber...« Sie sah auf die zusammengerollte Gestalt hinab und erkannte augenblicklich, instinktiv, daß der junge Mann recht hatte. Der alte Mann, der sich ihr als Raven vorgestellt hatte, war tot. »Aber was...« Ihre Stimme erstarb.
    »Ist doch egal, oder?« stellte ihr Gegenüber mit rauher Stimme fest.
»Mir vielleicht nicht.« Die harten Augen des jungen Manns weiteten sich leicht, als er den sanften Ton von Sams Stimme hörte. »Er hat mir das Leben gerettet«, wiederholte sie.
Der Mann bewegte einen langen Augenblick keinen Muskel, wirkte erstarrt wie ein Standbild auf einem Kinoplakat. Dann sah sie die harten Linien seines Körpers ein wenig weicher werden, etwas von der Anspannung verschwinden. »Es war nur eine Frage der Zeit.« Er versuchte, seine Stimme gefühllos zu halten, aber unter den rauhen Worten konnte Sam echte Trauer spüren. In Gedanken reduzierte sie die Schätzung seines Alters. Fünfzehn? Mehr auf keinen Fall.
»Wieso war es nur eine Frage der Zeit?«
Er zuckte die Achseln. »Wenn man lange genug Quetsch säuft, erwischt man irgendwann eine schlechte Ladung. Seine halbe Leber war schon hin, okay? Es genügte ein leichter Toxschock, und das war's.«
Sam nickte zögernd. Ein Teil seiner Antwort sagte ihr überhaupt nichts - ›Quetsch‹, ›Toxschock‹ -, aber sie verstand den Kern der Aussage. »Dein Vater?« fragte sie verständnisvoll.
Der Bursche zuckte zusammen. Dann wurde seine Miene wieder zu Stein, so schnell, daß Sam beinahe glauben konnte, sie hätte sich seine Reaktion eingebildet. »Falsche Leitung, Ballast«, schnappte er. (›Kümmer dich um deinen

Weitere Kostenlose Bücher