BattleTech 36: Blindpartie
Blakes Wort von den Überfällen auf den Centrella-Raum? Er war sicher, daß die Blakisten die marianischen Angreifer unterstützten - aber warum? Er brauchte einen Grund. Es mußte derselbe oder ein ähnlicher Grund sein, aus dem sie seinen Tod wollten. Weil ich Canopus Hilfe anbiete. Sie wollen Instabilität im Magistrat. Und ein instabiles Magistrat konnte zu engeren Bindungen zwischen Emma Centrella und dem Tauruskonkordat führen, oder zu einer größeren Abhängigkeit von Blakes Wort, falls es dem Orden gelang, einen Waffenstillstand oder besondere Bündnisvereinbarungen zu vermitteln, wie er es in den Chaos-Marken versuchte. Oder beides. Während er Naomi auf ihre Frage antwortete, dachte er gleichzeitig über diese Möglichkeit nach. »Es ist nicht falsch, an die Vorteile des Friedens zu denken, es sei denn, man hat ein Volk zu führen. Ein Fürst muß immer auf den Krieg vorbereitet sein.«
Naomi nickte. »Krieg ist von lebenswichtiger Bedeutung für den Staat«, zitierte sie, »eine Angelegenheit von Leben und Tod, der Weg zu Überleben oder Untergang.« Als Sun-Tzu sie überrascht ansah, lächelte sie verlegen. »Sun Tzu, Die Kunst der Kriegsführung. Dein Namensvetter. Seine Schriften waren Teil des Lehrplans an der Canopischen Kriegsakademie.« Sie biß sich auf die Unterlippe. »Wird der Krieg meine Welt erreichen, Sun-Tzu?«
»Der Krieg kommt überallhin.«
»Aber wirst du ihn herbringen?«
Sun-Tzu studierte Naomis Gesicht eine Weile. Sie scheint wirklich zu glauben, ich würde ihr diese Frage ehrlich beantworten. »Nein, Naomi«, sagte er sanft, und legte soviel an unschuldiger Wärme in ihren Namen, wie er konnte. »Ich würde dir keinen Krieg bringen.« Er wandte sich wieder seiner Kontemplation der jenseits des Flusses untergehenden Sonne und möglicher Motive von Blakes Wort zu, und ließ ihr Zeit, alle möglichen Bedeutungen seiner Antwort zu überdenken.
Dann schob sich ihre Hand auf dem Geländer an die seine. Die Berührung war leicht und sehr warm. »Meine Mutter vermutet, du könntest den HegemonieRäubern helfen«, warnte sie ihn leise.
Er nickte, weil das von ihm erwartet wurde. Wundervoll gemacht, zollte er ihr in Gedanken Beifall. Du verrätst mir nichts, was ich nach den Gesprächen mit deiner Mutter nicht schon vermutet hatte, und versuchst gleichzeitig, mein Vertrauen zu gewinnen. Vielleicht besaß Naomi nicht die kriegerischen Neigungen ihrer Schwester, aber Sun-Tzu fiel es nicht schwer, sie sich als Staatsführerin vorzustellen. »Deine Mutter ist sehr klug«, stellte er vorsichtig und mit ausreichendem Bedauern fest. »Aber sie hat nicht immer recht.«
»Ich glaube nicht, daß du Krieg gegen uns führst, Sun-Tzu.«
»Ich weiß.« Er versuchte, zugleich Trauer und Sympathie in seine Stimme zu legen. »Ich weiß.«
Wieder sank Schweigen über sie herab, und Sun-Tzu zählte langsam die Sekunden, bis er die leise Berührung auf seinem Arm spürte.
»Woran denkst du gerade, Sun-Tzu Liao?«
Er faßte ihre Hand, nahm sie in beide Hände und drückte sie leicht. »Wie gut es ist, einen Freund hier zu haben«, flüsterte er und schaute zu den ersten Sternen empor, damit sie das Lächeln nicht sah, das ohne Zweifel in seinen Augen funkeln mußte.
Emma Centrella blickte ins Feuer und sah den Flammen bei ihrem krachenden Tanz zu. Ihre einfache weiße Satinrobe reflektierte die Farben des Feuers und lieferte einen guten Kontrast zu ihrer dunklen Haut. Die Magestrix übersah solche Details niemals, auch nicht in der Privatsphäre ihrer Gemächer.
»Und er schien abgelenkt?« Sie blickte hinüber zu ihrer Tochter. »Du glaubst nicht, daß er mit diesen dreckigen Räubern zu tun hat?«
»Das kann ich nicht sicher sagen, Mutter.« Naomi verlagerte das Gewicht von einem Fuß auf den anderen und erinnerte Emma damit an ihre Jüngste - bei der Frage, ob sie mit ihren Hausaufgaben fertig war. »Es könnte sein, daß Sun-Tzu sich hier tatsächlich allein und verwundbar fühlt. Falls es so ist, stehe ich ihm am nächsten.«
Ein weiterer Beweis dafür, daß Sun-Tzu weder das Selbstbewußtsein noch die Selbstbeherrschung besitzt, die ein Hausfürst der Inneren Sphäre benötigt. Andererseits, erinnerte sich, ist er auch nicht dumm. Unerfahren, ja, vielleicht auch ein wenig naiv. Und wenn er Sympathien für Naomi entwickelt, könnte sich das als nützlich erweisen. Immerhin findet Thomas Marik seit Jahren einen Grund nach dem anderen, die Hochzeit seiner Tochter mit Liao zu verschieben. Es ist allgemein
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