BattleTech 37: Loyal zu Liao
war von den anderen Anwesenden auf der Brücke abgewandt, und so hatte sie einen Augenblick Zeit, sich zu fassen, bevor sie sich umsah. »Ja«, fragte sie einfach mit neutralem Tonfall.
Shen schluckte, seine Kehle war plötzlich trocken. Er war sich der genauen Beobachtung durch Terry Chan bewußt und fühlte dort, wo ihn vermutlich die Blicke des >Schakals< trafen, Hitze. »Ich brauche die Winkelabweichung zu Kaifeng. Für den Bericht.« Er blickte zu Terry Chan hoch, versuchte eingeschüchtert und ein wenig mutlos auszusehen. Unter ihrem mißtrauischen Gesichtsausdruck war das einfach. »Ich glaube nicht, daß ich gerade jetzt aufstehen sollte, um die Ablesung selbst zu machen.«
Davidson lächelte traurig. »Richtig«, sagte sie mit einem leichten Nicken. Sie überprüfte ihren Bildschirm und antwortete ihm dann: »Stabil bei vier-kommazwei-neun Grad.«
Shen trug das in den Bericht ein und überlegte derweil fieberhaft. Warum hatte er das getan? Nur um zu sehen, ob Davidson ihm Rückendeckung geben würde? Nun, das hatte sie getan. Was sollte er jetzt mit dieser Information anstellen? Die Wahrheit war einfach, und er hätte daran denken sollen, bevor er etwas so Dummes versuchte, daß er nichts tun konnte. Nichts tun sollte. Nicht jetzt. Warte, gab er sich selbst den Rat. Das ist nicht der rechte Zeitpunkt für eine Warnung. Nicht während die Hiritsu-Truppen reizbar sind und der >Schakal< selbst auf der Brücke ist. Kaifeng war mit einem Landungsschiff erst in mehr als einer Woche zu erreichen. Wenn die Leute weg waren, hatte er noch genug Zeit, eine Warnung abzusenden.
Shen wußte aber, daß sein Widerstandswille mit jeder gefälschten Nachricht kleiner werden würde. Es würde ihm so wie Lieutenant Harris ergehen. Kooperation ist Taktik. Er konnte sich an diesen Spruch, den er in den Kursen an der Militärakademie gelernt hatte, noch gut erinnern. Da die Planeten während der Nachfolgekriege und all der Grenzgefechte dazwischen häufig den Besitzer gewechselt hatten, war es für die Bewohner auf besetzten Planeten oft einfacher zu kooperieren als Widerstand zu leisten.
Er dachte immer noch angestrengt nach, als die schneidende Stimme des >Schakals< seine Gedanken unterbrach. »Ruhe auf der Brücke. Sie, Ellen, machen Sie sich für die Aufzeichnung bereit. Machen Sie sich keine Sorgen, Sie werden hervorragende Arbeit leisten, auf die Ihr Land und Ihre Familie stolz sein werden. Sie, Shen, machen weiter Ihre Logbucheinträge. Das wird Sie beschäftigen. Alle Aufseher zurück aus der Kameraerfassung.«
Ty Wu Non und Terry Chan zogen sich zu Shens Linker zurück, setzten sich an Konsolen an der Wand. Auf der rechten Raumseite ging der Hiritsu-Wächter zur Steuerbord-Wand hinüber und verschaffte sich dort einen festen Halt. Der capellanische Techniker blieb neben Maat Davidson stehen, da dessen Position nicht von der Kamera erfaßt werden würde.
»Aufzeichnung«, sagte Davidson.
Shen versuchte zu überhören, daß Harris die vorher abgesprochene Platte abspulte: wie sie wegen des geringen Verkehrsaufkommens beschlossen hatten, die monatlichen Wartungsarbeiten vorzuziehen. Er fuhr damit fort, Kommentare in das Logbuch einzutragen. Null-acht-fiinf-null, Kooperation wird Taktik.
Dann schlug Shen plötzlich mit einer kraftvollen, stechenden Bewegung auf die Punkt-Taste, die den Schirm zerspringen ließ. Er wog das Logbuch in der Hand und warf es so heftig er konnte nach dem Techniker, der Davidsons Arbeit an der Kommunikationskonsole überwachte. Das sich drehende Objekt traf diesen am Ohr und warf ihn einige wenige, wertvolle Sekunden völlig aus der Balance. Shen redete bereits hektisch.
»Capellanische Streitkräfte haben diese Station eingenommen und werden bald Kaifeng einnehmen. Trauen Sie keinen weiteren Übertragungen. Informieren Sie Sarna. Bereiten Sie sich...«
Der erste Laserschuß traf ihn in die linke Schulter, der zweite in die linke Brustseite. Shen zuckte zusammen, sackte in dem Bemühen, dem Schmerz zu entkommen, nach rechts, der Gestank des verbrannten Overalls und verschmorten Fleisches ließ ihn würgen. Hinter ihm schrie Harris, daß er ein dummer, selbstsüchtiger Bastard wäre. Shen wollte im gleichen Moment lachen und weinen. Er konnte jedoch nur nach Luft schnappen, während er zu Maat Davidson an ihrer Station hinübersah.
Da sie vorgewarnt war, daß Shen etwas versuchen würde, flogen ihre Hände in gewohnter Eile förmlich über die Kommunikationsschalttafel. Sie versuchte die Nachricht
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