BattleTech 42: Feuer und Schwert
sanft an seinen Platz.
»Es ist okay, Andrew«, murmelte sie so leise, daß nur er sie hören konnte. »Wir verstehen dich. Wir haben das alle schon selbst mitgemacht.«
»Ich bin in Ordnung.« Seine Stimme war ein gequältes Flüstern, aber langsam kehrte die Kraft in ihren Ton zurück. »Ich komme schon wieder in Ordnung.«
Winston warf ihm ein kurzes, aufmunterndes Lächeln zu und nickte. Dann trat sie selbst vor die Versammlung.
»Wir alle wissen, daß Morgan ein Soldat war, aber wer genießt letztendlich die Erfolge eines Soldatenlebens? Es sind die, die er zurückläßt: seine Familie, seine Freunde, seine Landsleute. Selbst jene, die ihn der Uniform wegen hassen, die er trägt, oder der Waffe wegen, die er führt, oder des Blutes wegen, das er vergießt, haben Teil an dem, was er gewinnt. Alle haben in gleichem Maße Teil an der Freiheit und dem Frieden, die nur ein Soldat liefern kann. Ich habe nicht die Gabe, so wunderschöne Reden zu schreiben wie Vater Pavlik, und ich kann mich auch nicht auf die lange Freundschaft berufen, die Andrew Redburn mit Morgan verband. Aber ich habe einen Sinn für Geschichte. Morgan Hasek-Davion war eine jener Seelen, die bei allen, mit denen sie in Kontakt kommen, einen dauerhaften Eindruck hinterlassen. Man sieht ihn nicht immer sofort, aber er existiert. Er war der letzte seiner Art, und die Welt ist ärmer, seit er von uns ging. Wir werden seinesgleichen nie wiedersehen.«
Als sie wieder Platz nahm, trat Captain D. C. Stockdale, der Kaplan der Leichten Reiterei, nach vorne. Er und Vater Pavlik hatten sich darauf verständigt, die Gedenkfeier gemeinsam abzuhalten. Stockdale öffnete ein kleines, in Leinen gebundenes Brevier und las daraus die seit über dreitausend Jahren unveränderten Worte der Beisetzung. »Ich weiß, mein Erlöser lebt, und er wird zurückkehren am Jüngsten Tag. Herr, wir übergeben Deiner Obhut die Seele von Morgan Hasek-Davion, in der sicheren Hoffnung, daß Du ihn eines Tages aus dem Grabe auferweckst. Asche zu Asche, Staub zu Staub. Der Herr gibt, der Herr nimmt. Gelobt sei der Herr.«
Als Stockdale zurücktrat, rief Ariana Winston die Versammlung zur Achtung. Beinahe wie ein Mann erhoben sich die versammelten Krieger von ihren Plätzen. Der Klang ihrer zusammenschlagenden Hacken knallte wie ein einzelner Pistolenschuß durch den Raum.
Von der Rückwand erklang ein hoher, dünner, heulender Ton. Von ihrer Position aus konnte Winston einen jungen Mann in der Uniform der Northwind Highlanders sehen, einen Dudelsack in rotgrünem Schottenmuster unter dem linken Arm. Sein offenes, junges Gesicht war tränenüberströmt. Einen Augenblick lang wußte sie die Melodie, die er spielte, nicht einzuordnen. Dann erinnerte sie sich aus ihrer Kindheit daran. Almighty Father, Strong to
Save. Sie hatte sie schon Jahre nicht mehr gehört, aber es war eines der Lieblingskirchenlieder ihres Vaters gewesen.
Als der traurige Klang des Dudelsacks verhallte, sah sie einen anderen jungen Mann vortreten, diesmal im Schwarz und Gold der Kathil-Ulanen. In seiner Hand hielt er eine silberne Trompete. Er setzte das Mundstück an die Lippen. Sämtliche Krieger im Raum hoben die Hand zum letzten Salut für einen gefallenen Kameraden, als die gespenstischen Noten der uralten Melodie des Zapfenstreichs den Raum füllten.
Als die letzten Noten verklungen waren, bellte Winston »Zwo«, und die Arme senkten sich.
»Weg...« Winstons Stimme versagte. Sie räusperte sich, versuchte es noch einmal. »Wegtreten.«
Einen Augenblick bewegte sich niemand, als glaubten sie, Morgan vergessen zu müssen, wenn sie sich verteilten. Dann verließen sie den Saal langsam, allein oder zu zweit.
Winston ging zurück zu ihrem Stuhl und setzte sich neben Andrew Redburn.
»Er ist weg, Ariana.«
»Ria«, sagte sie. Sie wollte Redburn trösten, dabei hatte sie selbst Trost nötig. »Ich weiß es, Andrew. Und ich weiß, daß es schmerzt. Möchtest du allein sein, um dich von ihm zu verabschieden? Oder soll ich hierbleiben?«
Bevor Redburn antworten konnte, erwachte der Interkom krachend zum Leben. »Brücke an General Winston.«
Ariana verfluchte das miserable Timing, das lausige Urteilsvermögen und das fehlende Mitgefühl des Brückenoffiziers. Einen Augenblick lang wollte sie überhaupt nicht reagieren. Aber dann machte sie sich klar, daß der Dritte Offizier der Unsichtbare Wahrheit, der momentan die Wache hatte, die Gedenkfeier nicht unterbrochen hätte, wenn es keinen ausgezeichneten Grund
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