BattleTech 42: Feuer und Schwert
wie die Crew die dem Schiff zugeteilten Bodentruppen bezeichnete, war sie bei weitem das größte Kriegsschiff der Einsatzgruppe. Major Ryans Suchtrupps brauchten fast drei Tage, um die Hangars, Unterkünfte und Frachträume des Schlachtkreuzers zu durchsuchen. Wie Alain Beresick vorhergesagt hatte, protestierten zahlreiche Mitglieder seiner Besatzung zum Teil vehement gegen die bloße Vorstellung, ihren Privatbesitz durchsuchen zu lassen, ganz abgesehen von den Reaktionen der ComGuard-MechKrieger und -Infanteristen auf den beiden Kasernendecks des Schiffes. Die Tatsache, daß die Durchsuchung von Fremden durchgeführt wurde, machte die Beleidigung noch gravierender. Beresicks Anwesenheit salbte die verletzten Gemüter ein wenig, aber die gesamte Episode hinterließ in der Besatzung der Unsichtbare Wahrheit ein äußerst angespanntes Verhältnis zu den ›Messingständern‹.
Angeführt von Ryans Stellvertreter und begleitet von Kommodore Beresick überprüfte die Suchmannschaft jeden Spind, Rucksack, Seesack und Staukasten, der ihr unter die Finger kam. Die Kommandosoldaten nahmen alle Hangars, Unterkünfte, Kombüsen, Freizeiträume und Frachträume des Schiffes auseinander. Sie öffneten selbst alle Cockpits, Munitionsmagazine und Wartungspaneele sämtlicher BattleMechs, Panzer und Luft/Raumjäger an Bord. Alles ohne Erfolg.
Als die Durchsuchung der Unsichtbare Wahrheit keine Spur des Codebrechers oder des Giftes erbrachte, richteten die Teams ihre Aufmerksamkeit auf die Landungsschiffe an den Dockkrägen des Schlachtkreuzers, und die gesamte Prozedur ging von vorne los.
Mit jedem geöffneten Spind und Mechcockpit nahm das Gefühl des Mißtrauens und verletzten Stolzes unter den früheren ComStar-Mitgliedern zu. Nur Beresicks Zusicherungen, daß die Suche aus einem wichtigen Grund stattfand, sowie seine persönliche Garantie, daß es keine Wiederholung dieses Einbruchs in ihre Privatsphäre geben würde, konnte die Gefühle der immer wütender werdenden Männer und Frauen an Bord beruhigen.
Beresick selbst wurde zunehmend übellauniger und jähzorniger. Bei verschiedenen Gelegenheiten fuhr er erst die Besatzung an, weil sie sich der Durchsuchung widersetzte, und anschließend die DESTler, weil sie in den Privatbereich von Männern und Frauen eindrangen, die doch wohl als unschuldig zu gelten hätten, solange ihre Schuld nicht bewiesen war. Er haßte die Polizeistaatstaktik einer Massendurchsuchung, aber zugleich war ihm klar, daß dies möglicherweise der einzige Weg war, irgendwelche Hinweise auf Morgans Mörder zu finden. Mit jedem Tag betete er intensiver um ein schnelles Ende dieser ganzen unangenehmen Affäre.
* * *
In den ersten Stunden der Durchsuchung hatte Ariana Winston die Suchtrupps begleitet. Sie war beeindruckt von ihrer Geschwindigkeit und Effizienz. Sie hatte erwartet, die Kommandosoldaten würden einfach Schubladen und Schränke öffnen und deren Inhalt in ihrem Eifer, den Codebrecher und damit Morgans Mörder zu finden, im Raum verteilen. Aber genau das Gegenteil war der Fall. Spinde und Schreibtische wurden mit äußerster Sorgfalt untersucht, und kein Teil blieb unbeachtet, aber dabei verhielten Major Ryans Soldaten sich ruhig und höflich und behandelten die wenigen persönlichen Effekten der Besatzungsmitglieder so respektvoll wie ihren eigenen Besitz.
Am Ende der zweiten Wache hatte sie genug gesehen. Winston überließ die Suchoperation den DESTlern und die Erklärungen Beresick und zog sich in ihr Büro zurück.
Drei Tage später meldete Ryan den Abschluß der Durchsuchungen. Winston lud ihn ein, ihr nach dem Abendessen in ihrem Büro Bericht zu erstatten. Um zu verhindern, daß jemand den DEST-Offizier auf dem Korridor vor ihrem Quartier warten sah, ließ sie sich ihr Essen in der Kabine servieren. Es kam selten vor, daß Ariana Winston die Privilegien ihres Ranges ausspielte. Wie die meisten Feldkommandeure zog sie es vor, mit ihren Offizieren zu essen und Interesse an ihrem Leben außerhalb des Schlachtfelds und der Strategiediskussionen zu zeigen.
Als die Luke hinter dem Messesteward, der ihr Geschirr abgeholt hatte, auf pneumatischen Schienen zuglitt, meldete sich mit einem gedämpften Fiepen der Interkom. Als sie den Antwortknopf drückte, blickte sie ins Gesicht des Chefquartiermeisters der Unsichtbare Wahrheit, der sie über die Ankunft ihrer persönlichen Besitztümer von der Gettysburg und ihre Einlagerung in Frachtraum Fünf des Schlachtkreuzers informierte.
»Wir warten
Weitere Kostenlose Bücher