BattleTech 44: Falke im Aufwind
Experimente bezwecken, selbst wenn der Clan erwarten sollte, Krieger zu produzieren, die das Beste der Vergangenheit repräsentieren. Schließlich suchen wir seit Jahrhunderten nach den größten Stärken eines unserer Kriegervorfahren, und versuchen, es mit den besten Eigenschaften eines anderen zu verbinden, um die fähigsten und effizientesten Krieger herzustellen, die nur möglich sind. Jedenfalls theoretisch. Praktisch bleiben die Ergebnisse hinter unseren Erwartungen zurück. So sehr wir die Gene auch manipulieren, das menschliche Resultat erweist sich als ebendas: menschlich. Wenn alte Fehler herausmanipuliert werden, tauchen an ihrer Stelle neue auf. Irgendwie gelingt es uns nicht, den Kriegern die Neigung zu bestimmten Emotionen wie Wut oder Trübsinn auszuzüchten, ihren Sinn für Humor festzulegen oder sie gleichmütiger zu machen. Manchmal erweist sich die neue Generation einer Geschko als offensichtlicher Rückschritt, zumindest als weit entfernt vom erhofften Clanideal. Und so probieren wir Wissenschaftler es weiter. ClanKrieger sind die besten der Geschichte, aber durchaus noch verbesserungsfähig.
Als Wissenschaftlerin stört mich nicht die Manipulation von Genmaterial, die Balzac und seine Leute betreiben. Das ist schließlich legitime Forschung. Es sind die politischen Implikationen, die mir angst machen. Es gefällt mit nicht, daß Wissenschaftler anderer Clans Zugriff auf genetisches Material der Jadefalken haben, und vermutlich auch auf die Forschungen unserer Wissenschaftlerkaste. Wenn Wissenschaftler verschiedener Clans Informationen austauschen, wie wird das Ergebnis ihrer Bemühungen aussehen? Was soll man von Jadefalken-Kriegern halten, die unter Verwendung von Wolf-Genen erschaffen werden? Soweit ist es schon gekommen. Irgendwann könnten diese infernalischen Experimente alle Clans schwächen. Aber das kann ich Naiad nicht offenbaren.
In der Ferne waren junge Stimmen zu hören. Naiad reagierte sofort.
»Muß trainieren. Octavian mag nicht, wenn wir uns verspäten. Muß dich wohl zu ihm bringen, Stravag-Spionin. Er ist wirklich gemein.«
Peri täuschte vor, sich Naiads Entscheidung zu fügen, aber ihr war klar, daß sie das nicht zulassen konnte. Sie mußte zurück nach Ironhold City, um diesem Aidan-Geschko-Rätsel auf den Grund zu gehen.
Sie stand auf. Ein schneller Rundblick erinnerte sie an ihren letzten Tag in einer Baracke wie dieser. Joanna hatte sie mitten in der Nacht geweckt und informiert, daß ihre Kriegerausbildung beendet war und sie im Ausbildungszentrum ihre neue Aufgabe erfahren würde. Joannas Stimme, die im allgemeinen einen deutlichen Unterton von Wut oder zumindest Strenge besaß, hatte ungewöhnlich sanft geklungen, als sie Peri mit gewissem Stolz von deren Zukunft als Lehrling der Wissenschaftlerkaste in Kenntnis gesetzt hatte. Für eine ausgesiebte Kriegerin, hatte Joanna erklärt, waren die Wissenschaftler die bestmögliche Wahl, und daß Peri sich etwas darauf einbilden könne, dafür ausgewählt worden zu sein.
Traurig und wütend, aber doch zugleich in dem Bewußtsein, daß die Ausbilder die richtige Entscheidung getroffen hatten und sie nicht das Zeug zur Kriegerin besaß, hatte sie auf ihrem Bett gelegen, bis das erste Licht des frühen Morgens durch die Ritzen in den Wänden drang und ihr gestattete, ihre Sachen zu packen. Es war Tradition für ausgesiebte Kadetten, leise zu verschwinden, sich in der Nacht davonzustehlen, und sie hatte nicht vor, den vier Kadetten, die sie zurückließ, ihr Versagen vorzuführen. Sie alle waren Mitglieder der Geschko, in der sie ihr ganzes Leben verbracht hatte, und die sie, so hatte sie damals irrtümlicherweise geglaubt, jetzt für immer verlassen mußte.
Gerade als sie sich mit einem letzten Blick zurück auf den Weg machen wollte, hatte eine Stimme von der anderen Seite des Raums sie aufgehalten. Es war Aidan gewesen.
»Wer ist da? ... Peri, bist du das?«
»Ich gehe. Bitte sprich nicht lauter. Ich möchte meine Erniedrigung nicht vor den anderen zur Schau stellen.«
»Es ist keine Erniedrigung, es ist...«
»Ich weiß. Es ist Teil des ganzen verdammten großen Ziels, das wir alle anstreben. Nur daß ich jetzt nicht mehr dazugehöre.« Sie hatte ihre Gedanken nicht aussprechen wollen, aber sie hatte sich Aidan immer verbunden gefühlt. Nicht so eng wie Marthe, aber doch verbunden. »Stell dir vor, was für ein Gefühl das ist. Die ganze lange Ausbildung, nur um ausgesiebt zu werden und zu hören, daß du jetzt zu einer
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