BattleTech 44: Falke im Aufwind
dann zur Vereinigung kam, wenn es mit einem politischen Nutzen für Vlad verbunden war. Aber die Seltenheit der Begegnung störte sie nicht, und sie hatte sogar ihren Spaß daran, herauszufinden, welche politischen Motive ihr gelegentlicher Partner mit dem Wunsch verband, sich zu paaren.
Ja, es ist wahrscheinlich besser, daß Vlad die Klappe hält. Mit so einem Freund brauche ich keine Feinde, wie es das alte terranische Sprichwort sagt. Ich habe ohnehin schon zu viele Feinde. Aber wer hat je behauptet, Khanin zu sein, wäre leicht?
Die hitzige Debatte der Khane wurde so chaotisch, daß Lincoln Osis Pershaw aufforderte, sie zu beenden. Der verkrüppelte Lehrmeister tat dies mit einer weitausholenden Geste seiner künstlichen Hand. Ein geflüsterter Wortwechsel zwischen Pershaw und Osis folgte. Pershaw sah zu Marthe hoch und fragte mit seiner seltsam knisternden elektronischen Stimme: »Hat die geachtete Khanin der Jadefalken den Wunsch, sich zu diesem Punkt zu äußern?«
Marthe nickte und stand auf. »Vernichte sie, meine Khanin«, flüsterte Samantha.
»Ich habe MechKriegerin Dianas Bewerbung um einen Blutnamen in der Tat gestattet«, erklärte sie. »Sie wurde allen Regeln gemäß von einem Sterncolonel Haus Prydes vorgeschlagen. Ich habe die Argumente erwogen und mich zum Vorteil der Bewerberin entschieden.«
Das entsprach natürlich nicht ganz der Wahrheit. Marthe hatte selbst dafür gesorgt, daß Ravill Pryde Diana vorschlug. Er hatte protestiert, aber als Khanin konnte sie sehr überzeugend sein, wenn es nötig war. Diana hatte ihr Recht, sich um einen Blutnamen zu bewerben, mit großem Nachdruck und guten Argumenten vorgetragen. Sie war immerhin die Tochter des verehrten Aidan Pryde, dessen Namen Perigard Zalman so geschickt in die Debatte getragen hatte.
Auf Coventry hatte Marthe Krieger aus Geschkos eingesetzt, die noch keinen Positionstest abgelegt hatten. Das widersprach dem Wesen der Clans, aber Marthe ging es einzig darum, die Falken wiederaufzubauen, um die Absorption durch einen anderen Clan zu verhindern. Nachdem sie eine Regel erfolgreich gebrochen hatte, was sollte sie daran hindern, es bei anderen genauso zu halten? Sie wußte ebensogut wie jeder andere, daß Freigeborene sich nicht um Blutnamen bewerben durften. Aber diese Kriegerin war nicht irgendeine Freigeborene. Sie war geschickt und erfahren und stammte in direkter Erblinie von Aidan Pryde ab. Nachdem Marthe erst einmal die Möglichkeit in Betracht gezogen hatte, daß Dianas Anspruch berechtigt sein könnte, hatte es nicht mehr viel gebraucht, um den Wert dieses Experiments zu erkennen. Außerdem war kaum damit zu rechnen, daß eine Kriegerin mit einem ähnlich eindeutigen Anspruch in absehbarer Zeit noch einmal auftreten würde, gleichgültig, ob sie in diesem Blutrecht Erfolg hatte oder nicht.
Auf Coventry hatte Marthe Dianas ständigen Bitten schließlich nachgegeben. Sie hatte sogar Ravill Pryde gezwungen, sie vorzuschlagen. Nachdem sie sich schon soweit vorgewagt hatte, dachte sie nicht daran, zurückzustecken, nicht einmal vor einem Großen Konklave der Khane.
Außerdem glaube ich ohnehin nicht, daß Diana trotz all ihres Könnens Erfolg haben wird. Sie sieht aus wie Aidan Pryde, und es ist unverkennbar, daß sie viel mit ihm gemein hat, aber keine einfache Freigeborene könnte jemals einen Blutnamen der Jadefalken erringen. Sobald sie scheitert, wird sich der Aufruhr legen. Und in dem unwahrscheinlichen Fall, daß es ihr gelingt, habe ich meinen Punkt bewiesen. Niemand kann mir vorschreiben, was ich zu tun oder zu lassen habe, wenn es darum geht, die Jadefalken wiederaufzubauen, auch dann nicht, wenn ich dazu gegen das Wesen der Clans verstoßen muß.
»Als Khanin der Jadefalken habe ich das Recht, die Politik meines Clans eigenständig zu bestimmen. Insbesondere in Kriegszeiten werden viele Entscheidungen durch die Umstände diktiert, und dies ist einer dieser Fälle. Ich übernehme die volle Verantwortung dafür. Es tut mir leid, daß einige meiner MitKhane dies mißbilligen, aber es war schon immer das Wesen der Clans, daß wir uns selbst regieren. Ich applaudiere der Geradlinigkeit zu, mit der ihr eure Meinungen vorgetragen habt, aber der Jadefalke fliegt allein. Er lebt von seinem eigenen Verstand ebenso wie seiner Furchtlosigkeit, und niemand kann dem Falken vorschreiben, wohin er fliegt, wann oder warum. Ebenso verhält es sich mit den Jadefalken. Deshalb stehe ich zu meiner Entscheidung, dieser Nachfahrin Aidan Prydes die
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