BattleTech 44: Falke im Aufwind
eine Freigeborene bist, sondern weil die Khanin
deinen genetischen Anspruch als Tochter Aidan Prydes akzeptiert hat. Es behagt mir überhaupt nicht,
daß du keine Wahrgeborene bist, aber ich kenne deine Leistungen als Kriegerin, und du hast dich bewährt. Ich kenne meine Gründe selbst nicht genau.
Aber in einer Welt, in der ich Solahma sein sollte
und trotzdem weiter als Kriegerin diene, kann sich
auch Aidan Prydes Tochter um einen Blutnamen bewerben. Erwarte nicht von mir, daß ich das weiter
ausführe. Wenn ich meine Gründe selber wüßte,
würde ich sie auch formulieren.«
Es war das erste Mal, daß Joanna dieses Thema
angeschnitten hatte, seit sie auf Coventry an Bord
des Landungsschiffs gegangen waren. Während ihrer
ganzen Zeit auf Ironhold hatten sich ihre Gespräche
vor allem um die Themen Kampfausbildung und
Konditionstraining gedreht. Natürlich hatte sie mit berechenbarer Regelmäßigkeit ihrer generellen Wut auf alles und jeden Luft gemacht, aber ein Gespräch über Dianas Teilnahmeberechtigung hatte sie immer
vermieden.
»Na schön, im Augenblick mag ich eine Touristenattraktion sein, aber ich werde es ihnen noch zeigen«, stellte Diana fest.
»Das wollen wir hoffen. Meiner Ansicht nach hat
Marthe Pryde ihren Feinden Munition gegeben, indem sie deine Bewerbung annahm. Ein falscher
Schritt und...«
»Ja, ja, Joanna. Ich weiß. Ich denke jeden Tag daran.
Der Gedanke begleitet mich abends in den Schlaf.« Sie gingen schweigend weiter. Schließlich erreichten sie einen eingezäunten Bereich mit Blick über
den Feuerteich. Kleine Standtafeln erzählten die Geschichte der Höhlen. Diana las sie, Joanna verzichtete darauf. Die meisten Tafeln wiederholten ohnehin
nur, was bereits in der Broschüre gestanden hatte. Trotzdem war Diana beeindruckt, als sie den Teich
aus der Nähe sah. Sie zuckte zusammen, genau wie
die meisten anderen Touristen, als dicht am Ufer des
Teiches plötzlich eine hohe Flammenzunge in die
Luft schoß. Kurz darauf folgte dieser Feuersäule eine
zweite. Einer der Touristen, ein kleiner, übergewichtiger Mann mit kurzen Beinen, war von dem Ausbruch so erschrocken, daß er nach hinten auf Joanna
kippte. Die wurde ebenfalls nach hinten gestoßen, als
der rundliche Bursche zu Boden ging. Fast hätte sie
es geschafft, das Gleichgewicht wiederzugewinnen, aber sie stolperte über eine der Standtafeln und fiel
ebenfalls.
Diana bemühte sich, nicht zu lachen, als Joanna
einen Augenblick lang hilflos am Boden lag. Sie hatte sich schnell wieder im Griff und sprang auf, während sie sich wütend umsah, wie viele in der Menge
ihren ungeschickten Sturz bemerkt hatten.
Diana sah, daß eine beachtliche Zahl der Anwesenden das Schauspiel in der Tat gesehen hatten und
sich ebenso wie sie bemühten, ihre Schadenfreude zu
unterdrücken, allerdings mit erheblich weniger Erfolg. Das war gar nicht gut, erkannte Diana, als sie
sah, wie Joannas Gesicht rot anlief.
»Das amüsiert euch, was?« brüllte sie. »Aber
merkt euch eines: Ich verlasse diese verdammte Höhle als wahrgeborene Kriegerin, und morgen werde
ich immer noch eine wahrgeborene Kriegerin sein.
Und ihr alle bleibt nicht mehr als ein dreckiger Freigeburtsabschaum! Solange ihr das nicht vergeßt!«
Sie nahm sich zusammen und marschierte einen Weg
hinab, dessen Beschilderung zum Ausgang wies. Eine Weile sah Diana ihr hinterher und fragte sich,
ob sie Joanna nachgehen oder einfach bleiben sollte.
Diese Höhle gefiel ihr, und sie hätte nichts dagegen
gehabt, etwas länger zu bleiben und die Majestät dieses Ortes auf sich wirken zu lassen.
Gleichzeitig war sie wütend auf Joanna, die eine
durch und durch wahrgeborene Kriegerin war und
keinen Gedanken daran verschwendete, daß alles,
was sie über Freigeborene sagte, auch für Diana galt. Diana sah sich unter den schockierten Touristen
um, die tatsächlich alle Freigeborene waren. In gewisser Weise gehörte sie zu ihnen, auch wenn sie
durch ihre Aufnahme in die Kriegerkaste Jahre zuvor
von ihnen getrennt war. Sie war sich ihrer Isolation
innerhalb der Jadefalken bewußter als jemals zuvor.
Sie war weder eine wahrgeborene Kriegerin noch
eine Freigeborene niederer Kaste. Sie war anormal...
ganz so, wie Joanna es gesagt hatte, ein Mißgriff der
Natur. Sie konnte sich weder unter diese Menge der
Freigeborenen mischen und sich als Gleiche unter
Gleichen fühlen, noch konnte sie in Wahrgeborenenkreisen zirkulieren, ohne zu spüren, daß ihre Kameraden sie als Freigeburt sahen, gleichgültig, was
ihre
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