Battletech 46: Die Natur des Kriegers
Kanzlers zu verdienen, sprachen Ion Rushs Taten eine deutliche Sprache.
Er ließ sich vorsichtig auf den Thron des Himmels sinken, die Hände fest um die schweren hölzernen Armstützen gelegt, und bemerkte die beiden Personen, die immer noch in der offenen Tür standen. Die Maskirovka-Agentin, die sich zum Zeitpunkt des Anschlags auch im Vorraum aufgehalten hatte, wo sie auf die Gelegenheit wartete, einen Bericht abzuliefern, und das Mitglied der Todeskommandos, das als erster zur Stelle gewesen war, als die Schüsse die morgendliche Stille des Palasts zerrissen.
Endlich schloß der Kommandosoldat die Tür des Thronsaals vor der zunehmenden Geschäftigkeit außerhalb und nahm seine Wachposition vor dem Portal wieder ein. Blieb die Mask-Agentin, und ihretwegen hielt Sun-Tzu den Rücken gerade und den Kopf erhoben, in einer Zurschaustellung von Stärke, die er im Augenblick keineswegs fühlte. Die Tür öffnete sich kurz wieder, um Talon Zahn und unmittelbar hinter ihm Sang-shao Michael Hyung-Tsei einzulassen, den Kommandeur des Todeskommando-Bataillons.
Nach Ankunft Hyung-Tseis fühlte Sun-Tzu sich sicher genug, Rush zu entlassen, damit er einen MedTech aufsuchen konnte. Der Imarra-Meister hatte mindestens zwei Kugeln im rechten Arm stecken, und die Krallen des leichten Exoskeletts, das der Attentäter getragen hatte, hatten die Haut über seiner Brust aufgerissen. Sun-Tzu sah die graue, seilartige Myomermuskulatur im Brustkorb Rushs unter einer dünnen Schicht Blut pulsieren. Sie erinnerte ihn daran, wie Rush die dünne Panzerung des Attentäters durchschlagen und die darunterliegende Brust des Mannes eingedrückt hatte, und plötzlich fühlte er sich in Ion Rushs Nähe nicht mehr so wohl wie noch Augenblicke zuvor.
»Danke, Ion«, sagte er fast flüsternd. »Bitte ziehen Sie sich jetzt zurück und lassen Sie Ihre Verletzungen versorgen.«
Rush nickte, obwohl ihn seine Wunden nicht weiter zu stören schienen. »Sofort, mein Kanzler.«
Michael Hyung-Tsei verneigte sich vor Ion Rush, als der Shiao-zhang an ihm vorbeiging, und die Myomermuskeln in seinen Schultern wogten eindrucksvoll. Danach lieh sich der Kommandeur der Leibgarde des Kanzlers Talon Zahns Pistole und tastete die Maskirovka-Agentin nach versteckten Waffen ab. Sie ließ es mit einem Ausdruck von Desinteresse über sich ergehen - beinahe amüsiert. Sun-Tzu ignorierte den Anflug von beleidigtem Stolz, der über Zahns Gesicht huschte. Wenn Sascha mich so leicht verraten und zu Candace überlaufen konnte, wie kann ich dann noch irgend jemandem vertrauen?
»Ich bleibe hier im Saal, mein Kanzler«, erklärte Hyung-Tsei, ohne Zahns Dián-ya-Laserpistole zurückzugeben. Er stellte sich an der Tür des Thronsaals auf, die Pistole entsichert und schußbereit vor der breiten Brust.
In den Zeiten seiner Mutter hätte Hyung-Tsei für ein derartiges Versagen der Sicherheitsvorkehrungen mit dem Leben bezahlt, das war Sun-Tzu klar. Auch wenn er nicht dabei gewesen war. So wie Sascha für ihr Versagen hätte bezahlen müssen, erinnerte Romano ihn, und ihre geisterhafte Präsenz in seinen Gedanken ermahnte ihn, diesen Fehler nicht zu wiederholen. Aber Sun-Tzu brauchte diese Menschen und konnte sich die blinde Wut seiner Mutter nicht leisten, so sehr es auch sein persönliches Verlangen nach Rache befriedigt hätte, ihr nachzugeben.
Das bin nicht ich , dachte er, obwohl er sich fragte, wen er eigentlich noch zu überzeugen versuchte. Angesichts der direkten Wahl zwischen Saschas Tod und ihrer Desertion in den Pakt fiel es ihm schwer, Romanos Standpunkt zu widerlegen.
Sun-Tzu fand seine Stimme wieder und legte eine Entschlossenheit hinein, die alle noch verbliebene Unsicherheit überdeckte. »Ich will wissen, wie das geschehen konnte«, informierte er den Todeskommando-Offizier. »Sian gilt als sichere Welt, und Zi-jin Cheng als meine persönliche Festung. Von der Heiligkeit des Palasts des Himmels ganz zu schweigen.«
Hyung-Tsei nickte verstehend und flüsterte kurz in ein an seinem Uniformkragen befestigtes Mikrophon. Ein zweites dünnes Kabel führte zu einem Ohrstöpsel. Er stand erkennbar in ständigem Kontakt mit seinen Leuten, und ebenso deutlich dachte er im Augenblick nicht daran, die Sicherheit des Kanzlers irgend jemand anderem zu überlassen.
»Candace?« fragte Talon Zahn in einem Bruch der Tradition, die von ihm verlangte zu schweigen, bis der Kanzler ihn ansprach. Er kam näher, blieb aber in respektvollem Abstand vor der Empore stehen.
Die Besorgnis in
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