BattleTech 52: Phoenix
unkameradschaftlichen Haufen eine eingeschworene Truppe zu formen.
Er war als Reformer bekannt geworden. Nicht jeder
hatte seine Visionen für gut befunden. Er hatte viel
Kritik und Spott geerntet. Aber das alles war unwichtig. Er hatte etwas, das kein Kommandeur sonst in der Liga besaß. Ihm stand eine loyale Armee zur Verfügung, die jeden Befehl widerspruchslos befolgte, selbst wenn er sie offensichtlich zur Schlachtbank führte. Heute wünschte er, seine Soldaten würden ihm
das Kommando abnehmen und ihn einsperren. Thornten wartete im Zimmer. LeFranc spießte ihn
mit seinen Blicken auf. Thornten erklärte tonlos:
»Eine wirklich eindrucksvolle Rede, LeutenientKolonel.«
»Was wollen Sie?«
»Die Lanciers werden also nicht gegen die Jacks
marschieren?«
»Genau.«
»Das finde ich gar nicht gut. Ihre Frau wird da
gleicher Meinung sein.«
»Treiben Sie's nicht zu weit, Thornten. Ich habe
schon genug getan.«
»Und ich habe noch gar nicht einmal angefangen«,
erklärte Thornten.
LeFranc zog schnell seine Pistole und richtete sie
auf Thornten.
Stille.
LeFranc konnte für wenige Sekunden blanke
Angst im Gesicht des Politikers sehen. Dann kehrte
seine Gelassenheit zurück. »Was würden Sie damit
erreichen? Die Lyraner sind überlegen, die Schandtaten schon ausgeführt, Ihre Truppen geschlagen. Sicherlich, Sie könnten vielleicht eine Aussöhnung mit
den Jacks zustande bringen, aber das ist alles. LeFranc, die Toten kann man nicht wieder lebendig machen. Auch nicht durch Mord. Mein Tod würde nur
Fragen aufwerfen. Ihre Karriere wäre zu Ende. Ihre
geliebte Frau würde nicht zurückkommen. Und Befriedigung erhalten Sie auch nicht, das weiß ich.« LeFranc erwiderte kalt: »Hat irgend jemand behauptet, dass ich Sie töten will?«
»Ich verstehe nicht.« Thornten wirkte verwirrt. »Sie haben selbst gesagt, dass man die Toten nicht
mehr zurückholen kann. Aber man kann zu einem
gewissen Grad den Tod weiterer Opfer verhindern...
Wenn die Lanciers gegen die Jacks ausrücken, dann
lasse ich Helen exekutieren.«
Thornten wurde blass.
LeFranc fuhr fort: »Ich glaube nicht, dass Helen
Ihnen so wenig bedeutet wie Jason. Ihn haben Sie
schließlich nur adoptiert, aber Helen ist Ihre richtige,
leibliche Tochter. Sie sind zwar skrupellos, aber ich
glaube, der Preis, den Sie zahlen müssen, ist Ihnen
für diese Kleinigkeit zu hoch.«
Thornten schluckte und nickte dann. »Also gut,
der Punkt geht an Sie.«
Helen stand auf einmal in der Tür. Sie starrte die
beiden entgeistert an.
LeFranc fragte geistesgegenwärtig: »Miss Thornten wie viel haben Sie mitbekommen?«
»Genug«, erwiderte Helen kühl und wandte sich
an Tores. »Ist das die hohe Kunst der Politik? Über
das Lebensrecht eines Menschen zu verhandeln,
während das Opfer gar nicht dabei ist?«
Tores schwieg.
»In der Regel tut man das so, Miss«, sagte LeFranc. »Wenn Sie wüssten, wie viele Soldaten und Zivilisten am Frühstückstisch hochrangiger Generäle
zum Verrecken verurteilt wurden...«
Helen wechselte das Thema. »Ich kann es mir vorstellen. Aber darüber spreche ich mit meinem Vater
noch eingehender. Ich bin wegen etwas anderem
hier. Wegen Jason.«
»Ich höre, Miss.«
»Was geschieht mit ihm? Er ist offiziell immer
noch ein Ligasoldat.«
»Ich sehe da zwei Möglichkeiten: Entweder hat er
sich im Nachhinein für die Liga entschieden und
wurde deswegen von den Jacks schon getötet, oder
er kämpft als Jack gegen uns.«
»Nehmen wir an, er kämpft gegen die Lanciers und
wird gefangen - oder kehrt aus freien Stücken zurück.« »Dann wird er wegen Fahnenflucht erschossen.« Helen schwieg. Dann wandte sie sich an Tores.
»Verdammt, tu was. Steh nicht so untätig rum. Er
gehört schließlich zur Familie.«
Tores zuckte mit den Achseln. »Er hat sich selber
da reingeritten. Er ist jetzt unser Feind.«
Helen wurde weiß vor Zorn und schrie: »Vielleicht deiner, aber nicht meiner.«
Sie stürmte davon.
Tores rief ihr hinterher: »Mach bloß keine Dummheiten. Es reicht schon, wenn ich einen von euch
beiden verliere.«
LeFranc lächelte nachsichtig. »Ich glaube, wir beide haben nichts mehr bei ihr gut. Immerhin sind wir die Bösen, die ihren Bruder und ihren Freund
töten wollen.«
»Freund?« Thornten wurde hellhörig.
»Ja, haben Sie das nicht bemerkt? Dieser... Adrian.
Da genügte doch schon ein Blick, um das zu sehen...
Ich kann es ihr nicht einmal verübeln, dass sie uns
hasst.«
Helen brach in Tränen aus. Verdammt, Jason hatte nichts getan. LeFranc hatte ihn zu den
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