BattleTech 53: Der Weg des Ruhms
Auch in die Stiefel lief das Wasser.
Nass bis auf die Haut stand Yoshio im unvermindert heftig fallenden Regen und erkannte, dass er ebensowenig etwas gegen diese widersprüchlichen Empfindungen unternehmen konnte wie gegen diesen Wolkenbruch. Er akzeptierte die Gefühle, aber letztlich wusste er, dass nur seine Taten zählten. Ninjo und Giri waren die beiden Leitpfeiler eines Kriegers ... Mitgefühl und Pflicht. Nicht mehr, nicht weniger. Was das Mitgefühl betraf, hatten sich Samurai seit Jahrtausenden dieselbe Frage gestellt: Wer hatte es verdient? Auf den Punkt gebracht wusste Yoshio, was von ihm erwartet wurde. Sein Weg war klar, und er würde ihn nicht verlassen.
9
Einheitspalast, Imperial City, Luthien Präfektur Kagoshima, Militärdistrikt Pesht, Draconis-Kombinat
11. August 3062
Theodore Kurita, Koordinator des DraconisKombinats, Erster Lord des Sternenbunds, Herzog von Luthien, Vereiniger der Welten, unangefochtener Herrscher über dreihundertvierzehn bewohnte Sonnensysteme und noch weit mehr unbewohnte - in einem Gebiet von fast fünfhundert Lichtjahren Durchmesser -, saß im Schwarzen Raum tief im Innern des Einheitspalastes in Luthiens Imperial City, dem sichersten Raum im ganzen Draconis-Kombinat, abgeschirmt gegen alle der Menschheit bekannten Abhörtechniken und bewacht von fünf Eliteregimentern fanatischer Soldaten, und fühlte sich hilflos.
Er starrte auf das Datenterminal vor sich und ließ die Informationen noch einmal über den Bildschirm laufen. Sie waren die reine Wahrheit, so sehr er sich auch gewünscht hätte, dass dem nicht so wäre. Der Bericht beschrieb Angriffe durch mehrere lyranische Regimenter auf die Planeten Ko, Imbros III und Yorii im Lyons-Daumen. Auf allen dreien befanden sich draconische Friedenstruppen unter der neutralen Ägide ComStars. Verpflichtet, ihre Garnisonswelten zu verteidigen, hatten die Kombinatseinheiten sich zum Kampf gestellt. Es war ihnen gelungen, die Invasoren zurückzuschlagen, aber sie hatten Federn lassen müssen, ganz besonders auf Ko.
Es war nicht der erste Angriff auf die Systeme des Lyons-Daumen in den vier Jahren seit der Stationierung draconischer Truppen. Schon früher war es zu kleinen Strafexpeditionen gekommen, auch wenn kein Bericht über diese Zwischenfälle je bis auf seinen Schreibtisch vorgedrungen war. Seine Untergebenen waren bei reichlich Angelegenheiten der Ansicht, dass sie die Aufmerksamkeit des Drachen nicht verdiente ... und genau die waren es, über die er sich besonders aufmerksam informierte.
Aber dieser Angriff stand auf einem anderen Blatt. Das war eine ausgewachsene Offensive. Angesichts der jahrhundertealten Feindschaft zwischen seinem Reich und den Lyranern, und insbesondere den Lyranern der Skye-Region, überraschte ihn weniger die Aggression als solche, wohl aber die Stärke und Direktheit des Angriffs. Theodore ließ sich nicht gerne überrumpeln, und es geschah auch genug.
Er wollte wissen, wer dafür verantwortlich zeichnete. Katherine Steiner-Davion war eine Politikerin, keine Kriegerin. Sie hatte sich als die wahre Erbin der Verschlagenheit ihres Vaters erwiesen und war viel zu geschickt im Umschiffen der politischen Untiefen der Inneren Sphäre, um sich einen derartigen Ausrutscher zu gestatten. Mehr als jeder andere war sie sich bewusst, dass ihr Reich am Rande des Bürgerkriegs stand. Ein Krieg gegen das DraconisKombinat konnte ihr unter den jetzigen Umständen überhaupt nichts nutzen.
Er drehte sich zur einzigen anderen Person im Raum um, einem rothaarigen, ganz in Schwarz gekleideten Mann: Ninyu Kerai-Indrahar, der Direktor der Internen Sicherheitsagentur, begleitete ihn seit frühesten Kriegertagen. Theodore Kurita war der mächtigste Mann des Draconis-Kombinats, aber Ninyu war der gefürchtetste. Aus seiner Feder stammte der beunruhigende Bericht auf Theodores Computerschirm.
Der Koordinator zog die linke Augenbraue hoch und sah Ninyu schweigend an.
»Iie, Tomo, Katherine würde keinen derartigen Fehler begehen«, antwortete Ninyu leise auf Theodores unausgesprochene Frage. Die beiden kannten einander seit mehr als dreißig Jahren. Sie hatten zusammen gekämpft und zusammen bei den Söhnen des Drachen gedient. Es gab nur wenige Menschen, die Theodore so gut kannten. Ninyu ahnte, was Theodore fragen wollte, ohne dass dieser es in Worte zu fassen brauchte. »Sie hätte möglicherweise angreifen können, als die draconischen Truppen in Stellung gingen, obwohl selbst das zweifelhaft ist. Aber jetzt?
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