BattleTech 55: Mein ist die Rache
abgenommen. Er sollte verbittert sein. Ablehnend. Irgendetwas in dieser Art.«
Lita hielt die Türe auf und Jake betrat das Gebäude. »Glaube jemandem, der jahrelang mit dem Mann gearbeitet hat«, erklärte sie. »Beim alten Carl weiß man nie, was einen erwartet.«
Jake blieb stehen und schaute zu ihr hinab. »Glaube jemandem, den er zum Krieger geformt hat. Dieser Mann vergisst nichts.«
Verglichen mit der Hitze im Freien war das Gebäudeinnere kühl, aber Jake bemerkte es kaum. Lita war bereits an ihm vorbei und ging den Gang hinunter. Fürs Erste verdrängte er seine Besorgnis und folgte ihr in seine neue Heimatbasis.
* * *
Jake steht am Panoramaschirm der Urizen II, voller Begeisterung über den Sieg. Es ist, als hätte sich eine enorme Last von seinen Schultern gehoben.
Seine Stimmung hebt sich noch weiter, als er Vals Stimme hinter sich vernimmt. Lächelnd dreht er sich um. Sie kommt durch die zerschmolzenen Trümmer der Brückenluke, gehüllt in ein wehendes, weißes Gewand, und hinter ihr sieht er den Korridor in Flammen stehen.
Sie streckt mit flehender Stimme die Hände nach ihm aus, aber er kann ihre Worte nicht verstehen. Jake bittet sie, zu wiederholen, was sie gesagt hat, aber sie reagiert nicht.
Aus dem Augenwinkel sieht er eine Bewegung. Eine Silhouette hinter einem umgestürzten Sessel, von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet.
Er öffnet den Mund, um Val eine Warnung zuzurufen, aber es ist zu spät. Hat er die Stimme verloren oder sie das Gehör? Es macht keinen Unterschied. Sie schaut über die Schulter zurück zu den Flammen, sieht die Attentäterin aber nicht.
Die DESTlerin, jetzt deutlich zu sehen, hebt ein Gewehr an die Schulter und zielt genau auf Vals Kopf. Doch sie drückt nicht ab.
Stattdessen hebt sie die Hand und zieht sich die schwarze Kapuze vom Kopf. Darunter werden die zarten Gesichtszüge einer hübschen Japanerin sichtbar. Sie schüttelt das lange, schwarze Haar aus, schaut zu Jake herüber und lächelt.
Auf jedem anderen Gesicht wäre ihr Ausdruck aufreizend, ja sogar erregend erschienen. Auf ihrem lässt er Jakes Blut gefrieren.
Sie runzelt die Stirn über seine Reaktion. Dann hebt sie das Gewehr und visiert Val mit dem Zielfernrohr an. Sie drückt ab. Auf ihren Zügen steht eine Mischung von Verachtung und Wut.
Als das Mündungsfeuer aufblitzt, reißt Jake den rechten Arm hoch, um den Laser abzufeuern, doch die Waffe ist verschwunden. Statt eines Lasers hält die ungepanzerte Hand einen Pinsel. Er erkennt, dass er in der anderen die Palette hält. Er lässt das nutzlose Malwerkzeug fallen und stürzt an Vals Seite.
Lita kommt durch den brennenden Gang gelaufen. Jake versucht, sie wegzuscheuchen. Du hast hier nichts verloren!
Auch die DESTlerin ist noch da. Ihr Gewehr schwenkt herum, findet ein neues Ziel: Lita.
Lita sinkt neben Val auf die Knie und bricht in Tränen aus. Jakes Puls beschleunigt sich, die Brücke um ihn verschwimmt. Er will Lita anbrüllen, sie vor Vals Schicksal retten, aber die Worte wollen nicht kommen. Was tust du hier? Warum siehst du die Attentäterin nicht? Du musst fort, sofort!
Die DESTlerin zwinkert Jake zu, dann drückt sie ab.
* * *
Der Schuss riss Jake aus dem Traum. Er konnte den Knall der Waffe noch nachhallen hören. Verwirrt schreckte er hoch. Durch das Fenster sah er die beiden Monde Predlitz' am Himmel stehen. Sie hingen nebeneinander am Nachthimmel - wie Augen, die auf ihn herabstarrten.
Jake riss sich zusammen. Das war verrückt. Er träumte noch. Er legte sich wieder hin und schloss die Augen, entschlossen, weiterzuschlafen. Aber der Schlaf kam nicht. Die ganze Nacht sah er nur ein Bild vor sich, mit offenen Augen wie mit geschlossenenen: Vals blutverschmiertes, sterbendes Gesicht, das zu ihm aufschaute und ihn anklagte.
Deine Leistung, Jake.
Deine Leistung.
26
New Denver Market, New Denver, Predlitz
Geisterbären-Dominium
5 . Oktober 3063
»Hier sind so viele Menschen, Sterncommander...«
Carl lachte über das weitäugige Staunen des jungen Kriegers. »Aber natürlich. Nach fünf Wochen pausenlosen Trainings auf der Basis musste ich deinen Arsch mal da rausholen, damit du das wahre New Denver siehst. Dieser Markt hier, mit all dem Schmutz, dem Lärm und der Menge, ist genau das Richtige. Und lass das mit dem Sterncommander hier draußen. Wenn wir außer Dienst sind, genügt Carl.«
Ben nickte geistesabwesend, während er ungläubig um sich starrte. »Ja, Sterncommander... ich meine, Carl.«
»Na also, Petzling.
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