BattleTech 57: Ein guter Tag zum Sterben
»In diesen Fall müssen wir vom Schlimmsten ausgehen. Wir müssen annehmen, dass Verstärkungen der Separatisten unterwegs sind und das Gefechtstheaterkommando keine Ahnung von der Situation hier hat.«
»Und was tun wir? Uns einigeln?«
»Nein«, lehnte Lori ab. »Ich habe noch nie viel vom Käfigleben gehalten. Ich schlage vor, wir holen uns die Skye Rangers, solange wir die Chance dazu haben. Wir wissen, wo sie sind. Einer meiner Scoutzüge behält sie im Auge. Falls wir uns zurückziehen und ›einigeln‹, wie Sie es ausdrücken, verlieren wir den Kontakt mit ihnen. Dann können die Rebellen nach Belieben über den ganzen Planeten ziehen und sekundäre Ziele in Trümmer legen, bis uns nichts anderes mehr übrig bleibt, als ihnen zu folgen. Und in dem Fall müssten wir auf dem Gelände ihrer Wahl antreten.«
Sie schüttelte den Kopf. »Darüber hinaus, falls wir den Rangers jetzt gestatten, uns zu entkommen, müssen wir ihnen später hinterherhetzen und geben dem Feind dadurch Gelegenheit, Defiance erneut anzugreifen, während wir versuchen, ihn irgendwo anders zu stellen.«
»Und was schlagen Sie stattdessen vor?«
»Mein Vorschlag ist riskant, Frau Generalleutnant. Wir lassen Ihre Lyranische Garde hier im Werk. Wie Sie bereits bemerkt haben, es ist ein langer Weg von Marias Elegie hierher. Ihre Leute sind müde. Sie bleiben hier und verstärken Kommandanthauptmann Gorees Verteidiger. Ich bringe die Legion in einem Nachtmarsch nach Osten durch die Berge und versuche, in die Flanke des Gegners zu gelangen. Falls es uns gelingt, ihn mit einem Nachtangriff zu überraschen, können wir ihn möglicherweise in die Defensive drängen. Dann tauschen wir die Plätze, sobald Ihre Leute wieder kampfbereit sind - und die Garde kann die Rangers angreifen.«
»Kein schlechter Plan, Oberst«, gestand Ciampa. »Gar nicht schlecht. Aber es gefällt mir gar nicht, Ihre Leute schon wieder in den Kampf zu schicken. Wenn ich mich nicht irre, waren sie seit Ihrer Ankunft in Defiance nahezu pausenlos in Kampfhandlungen verwickelt. Warum warten wir nicht ein paar Tage und greifen die Rangers in einer gemeinsamen Offensive an? Oder meine Garde übernimmt den Flankenangriff?«
»Das habe ich mir auch überlegt, Frau Generalleutnant«, erwiderte Lori. »Im Vergleich ist Ihre Garde schwerer und in besserem Zustand als die Legion.«
»Aber?«
»Aber, falls ich mich nicht irre, sind Sie eine Linieneinheit. Sie haben weder große Erfahrung in dieser Art von Operation, noch bietet Ihre Aufstellung Ihnen die für eine solche Mission erforderliche Flexibilität.« Lori drückte sich so diplomatisch aus wie sie konnte und setzte zusätzlich ein dünnes, höfliches Lächeln auf. »Das soll keine Beleidigung sein, Frau Generalleutnant. Ich glaube nur, die Legion hat mehr Talent für heimtückische Manöver.«
Einen Moment lang starrte Ciampa sie an, und Lori fragte sich, ob die Offizierin ihr einfach befehlen würde, den Flankenangriff ihrer 15. Garde zu überlassen. Sie wusste, Ciampa stand im Ruf, Schlachten und sogar ganze Feldzüge bis ins Detail zu planen. Sie konnte nur hoffen, dass ihr Gegenüber intelligent genug war, der Legion die Aufgabe zu überlassen, für die sie am besten geeignet war: den Guerillakrieg.
»Na schön, Oberst«, sagte Ciampa, und ihre Stimme ließ keinen Rückschluss auf ihre Gedanken zu. »Wir machen es auf Ihre Art.«
Lori lächelte, ließ sich die Erleichterung aber nicht anmerken. »Danke, Frau Generalleutnant. Wenn ich noch eine Bitte äußern dürfte. Es ist durchaus möglich, dass wir die Rangers mit dem Angriff auf ihr Lager in diese Richtung scheuchen. Falls es so kommt, wäre es möglicherweise empfehlenswert, wenn Sie ein paar Ihrer leichteren und schnelleren Maschinen in Bereitschaft halten, um die Verfolgung aufzunehmen.«
»Das hatte ich ohnehin vor, Oberst«, erwiderte Ciampa.
Lori drückte eine Taste der Sprechanlage. »Kommandanthauptmann Powers, kommen Sie bitte in mein Büro.«
Minuten später lehnte die Scoutkommandeurin über Loris Schreibtisch und studierte einen Kartenausdruck der Region um das Defiance-Werk. Lori konnte eine Landkarte zwar ebenso gut lesen wie jeder andere Mechoffizier der Legion, aber Meg Powers schien eine besondere Begabung zu besitzen, die Linien auf dem Papier in ihrem Geist in eine exakte Vorstellung des Geländes umzusetzen. Gleichzeitig hatte sie eine Vorliebe für altertümliche Papierkarten - statt der modernen elektronischen Version. Schließlich blickte sie mit
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