BattleTech 58: Drohendes Verhängnis
Abschuss zu schaffen. Das schrille Heulen der Waffe schnitt durch das Donnern des Windes, bis sie die Zähne zusammenbeißen musste, um den Klang zu ertragen.
Um sechs Autokanonensalven in derselben Zeit abzufeuern wie eine normale Schnellfeuerkanone eine Salve aus dem Lauf jagte, musste die Multi-AK sich mit höchster Geschwindigkeit drehen und erzeugte eine Vibration, die nur der Hochleistungs-Feuerleitcomputer ausgleichen konnte. Durch die sich langsam auflösende Panzermetallwolke, die der Wind endlich davonblies, sah sie die Granaten in den Vollstrecker einschlagen und eine Fontäne aus weiß glühenden Funken und zertrümmerter Panzerung aufschleudern. Mit wildem Grinsen hielt sie das Feuer im Ziel. Plötzlich hallte ein hohles Scheppern durch den Argus, als würde ein Mecharm vom Rumpf gerissen. Der endlose Strom der Granaten brach ab wie Wasser aus einem zugedrehten Hahn. Warnsirenen heulten und grellrote Lichter flammten auf dem halben Schirm auf. Hastig überflog sie die Schadens- und internen Systemstatusanzeigen und brach in wildes Fluchen aus. »Verdammt, verdammt, verdammt, verdammt, verdammt!, schrie sie gegen den Lärm an und schlug sich frustriert auf den Oberschenkel.
Falls sie sich eingebildet hatte, durch ihren Wutausbruch etwas an der Situation ändern zu können, wurde sie enttäuscht. Im Gehäuse der Multi-Autokanone musste nach stundenlanger Untätigkeit zu viel Eis und Schmutz gesteckt haben. Das, zusammen mit ihrem waghalsigen Einsatz der höchsten Rotationsgeschwindigkeit, ohne die Waffe vorher aufzuwärmen oder zu säubern, hatte zu einer Totalblockade geführt, und das Hauptwaffensystem des Argus war außer Betrieb. Mit genügend Zeit hätte sie die Kanone unter Umständen wieder frei bekommen. Aber schon schlug ein weiterer schillernder Energiestrahl in die rechte Flanke ihres Mechs, schnitt durch die letzten Panzerreste und stieß in dessen empfindliches Innenleben durch. Ein weiterer Alarm und ein blinkendes Warnlicht teilten ihr mit, dass die Beagle-Sonde ebenfalls ausgefallen war. Nach dem Verlust ihrer Hauptwaffe war das beinahe zum Lachen.
»John«, gab sie durch. »Ich brauche hier drüben etwas Unterstützung.« Sie hasste es zuzugeben, dass sie ihre Hauptwaffe ruiniert hatte - ihre Lanze würde sie das so schnell nicht vergessen lassen -, aber besser das, als abgeschossen zu werden. »Meine Multi ist blockiert und ich habe fast die halbe Panzerung verloren. Wie sieht es bei dir aus?«
Sie duckte sich und schlug Haken, so gut es ging, nutzte den Sturm und die reichlichen Felsvorsprünge, um den Mech zu verstecken, während sie gelegentlich zurückschoss. Ihre Hauptwaffe hatte sie zwar verloren, doch der Argus konnte sich immer noch mit zwei mittelschweren Extremreichweiten-Lasern und einer zehnrohrigen Langstreckenlafette wehren.
»Ich bin unterwegs, Lieutenant. Seit ich den Vollstrecker aus der Ortung verloren habe, habe ich keine Feindmechs mehr gesehen. Ich glaube, ich weiß, wo Sie sind. In zwo Minuten bin ich bei Ihnen.« Johns JM7-D JägerMech war zwar langsam, aber der schwerste BattleMech auf diesem schneebedeckten Felsen, und mit seinen beiden Multis und dem Feuerleitcomputer würde er kurzen Prozess mit dem Vollstrecker machen.
Wieder schrillte der Alarm - und ein dunkler Schatten fiel über den Argus. Sie versuchte es erneut mit der patentierten Kombination von Wippen und Ausweichen, aber diesmal war der Gegner zu schnell. Wie die Hand eines metallenen Gottes fiel ein Tomahawk vom Himmel. Sie hatte den Mech gut dreißig Minuten zuvor bereits geortet, offenbar war er inzwischen aber auf eine Position über ihr gestiegen. Sie schrie auf und wappnete sich für den Aufprall.
Der Tomahawk rammte in ihren Mech, und ihre Zähne schlugen so hart aufeinander, dass sie sich in die Zunge biss. Sterne explodierten ihr vor den Augen, als der Neurohelm mit der Rückseite gegen die Pilotenliege krachte. Ihre Desorientierung nahm noch zu, als die Maschine nach hinten kippte, und plötzlich strich ein eisiger Wind über ihre nackten Beine. Mit jäher Gewissheit erkannte sie, dass es vorbei war. Der Tomahawk hatte ihr Cockpit gesprengt. Der größte Teil ihrer Panzerung lag im Schnee, das Hauptwaffensystem war außer Gefecht, ihre bloße Haut schutzlos den Elementen ausgeliefert: Sie konnte keine Minute mehr gegen zwei Feindmaschinen bestehen. Wenigstens würde man sie abholen, dachte sie und schlug mit der Faust auf den Knopf der Rettungsautomatik.
Sprengbolzen rissen das Kanzeldach
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