BattleTech 58: Drohendes Verhängnis
und das hatte ihnen schwer zugesetzt.
Sie hatte versucht, ihren Truppen Mut zu machen, indem sie nicht die leisesten Zweifel oder die geringste Schwäche zeigte. Aber das genügte nicht. Sie war ihre Generalin, doch sie brauchten den Herzog. Sein Tod hätte ihn zu einem Märtyrer gemacht, eine wirksame Kraft, die Invasoren ins All zu treiben. Aber das graue Niemandsland des Komas hatte sie in einer Art Schwebezustand belassen, dessen Auswirkungen den Invasoren erspart blieben. Zur Hölle mit ihnen!
Dann war das Wunder, auf das sie alle gewartet hatten, doch noch eingetreten. Ende letzter Woche war Duke Hasek aus dem Koma erwacht. Deborahs ganzes Ich vibrierte vor aufgestauten Gefühlen, die drohten, sich Bahn zu brechen. Sie wusste: Der erste Moment, wenn er in der Tür auftauchte, würde die schwerste Prüfung werden. Schlimmer als die letzten sechs Wochen, in denen sie ihre Mittel hatte schwinden sehen. Schlimmer als zusehen zu müssen, wie ihre Männer und Frauen im Feld starben. Schlimmer als Städte und Dörfer unter die Herrschaft der Invasoren fallen zu sehen. Sie hatte Angst, der erste Blick auf den Duke könnte sie doch noch vor den Augen ihrer Offiziere zusammenbrechen lassen.
Mit eisernem Willen trieb sie diese Gefühle zurück in die hinterste Ecke ihres Geistes, wo sie seit Jahren verborgen waren. Sie mochte einen hohen militärischen Rang innehaben, doch sie blieb eine Bürgerliche. Der Duke würde eher mit einer Kuh ins Bett steigen als mit ihr. Und es würde eine junge Kuh sein. Wie viele graue Haare hast du, Deborah?, spottete sie in Gedanken. Das funktionierte immer.
Jetzt war er endlich zurück. Er war hier.
Mit einer äußerlichen Gelassenheit, die in krassem Gegensatz zu dem Schmetterlingsschwarm in ihrem Bauch stand, schaute sie sich unter ihren Leuten um und fand neue Energie. Es war offensichtlich, darin, wie sie gingen, wie sie den Kopf hielten, wie sie sprachen. Selbst das Klappern der Computertastaturen klang lebhafter als sonst. Ihren Herzog lebendig und gesund zu sehen, hatte den Truppen neuen Mut gegeben.
In ihrem ganzen Leben hatte Deborah nie am Duke of New Syrtis gezweifelt. Von dem majestätischen Vater zum mutigen Sohn hatte sie immer gewusst, er würde sie und ihre Heimat beschützen. Ihre noblen Worte und Taten hatten ein Band mit ihrem Volk geschaffen, eine Beziehung, die es den Syrtanern ermöglicht hatte, allem zu trotzen, was das Schicksal ihnen auferlegt hatte. Als George Hasek ausgefallen war, hatte es sie auf gewisse Weise gelähmt. Sein Tod hätte ein Opferfeuer entfacht, doch sein Koma hatte sie in einer Wellenbewegung zwischen Zorn und Angst hin und her bewegt. Dies hatte an ihrer Kraft gezehrt.
Plötzliche Unruhe am Eingang der Kaverne holte sie in die Gegenwart zurück und sie riss sich zusammen. Alle, die nicht ohnehin schon standen, sprangen auf und nahmen Haltung an. Die Soldaten am nächsten zum Eingang standen wie Statuen. Ihre Rücken blockierten die Sicht für den Rest der Kammer. Einen Moment machte das Schweigen ihr beinahe Angst. War er nicht gekommen? Sah er so schlecht aus? Dann salutierten sie wie ein Mann und hielten den Gruß mehrere Pulsschläge, bevor sie in lauten Jubel ausbrachen. Die wilde Begeisterung ihrer Stimmen war ansteckend und die Hurrarufe breiteten sich über die ganze Höhle aus. Alle stimmten sie ein, obwohl viele den Duke noch gar nicht sehen konnten.
Nur Deborah blieb beherrscht, wie es sich für eine Generalin gehörte. Außerdem wusste sie nicht, wohin ihre Gefühle sie treiben würden, wenn sie ihnen nur einen Fingerbreit nachgab.
Dann kam er in Sicht, drängte sich durch den Pulk der Soldaten am Eingang. Ihr Herz hämmerte, übertönte alle Stimmen der Umgebung. Sie sog seine Züge in sich auf. Ihr war, als wäre sie durch die Wüste geirrt und könnte jetzt das Mana des Gelobten Landes schmecken. Er wirkte ein wenig älter, ein wenig zerbrechlicher, doch sein freundliches Lächeln und der feste Schritt - nur die Falten um die Augenwinkel zeigten, dass er Schmerzen hatte - strahlten Kraft aus. Er trug die komplette Uniform eines Field Marshals. Deborahs Blick glitt unbeabsichtigt zur linken Hand, die in einem Handschuh steckte. Sie wusste, er hatte sie verloren, aber die temporäre Prothese wirkte fast normal. Nur wenn man wusste, worauf man achten musste, war es offensichtlich. Schmerz durchzuckte sie. Er würde nie wieder einen Mech steuern - und sie litt für ihn.
Um Fassung ringend sah sie zu, wie der Duke den Gruß jedes
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