BattleTech 61: Finale
handelte. Es war ein kaltes Feuer, ähnlich dem Gefühl, das ihn überhaupt erst veranlasst hatte, Katherines Tyrannei den Kampf anzusagen.
Die Zeit war reif.
»Falls Sie mich kurz entschuldigen«, stellte er fest, schob den Stuhl zurück und drehte sich halb auf seinem Platz. »Ich sollte ein paar Worte an unsere Zuschauer richten.«
Isis betrachtete die aufmerksam wartenden Gesichter. »Was wollen Sie sagen?«
»Ich werde wohl mit einem einfachen >Auf Wiedersehen anfangen.« Victor hielt die Stimme leise und bestimmt. »Schließlich werden wir Murphrid jetzt verlassen.« Er blickte über den Tisch zurück. »Aber mehr als das, ich werde Omi verlassen. Noch einmal.« Er schloss die Augen und bat ihr Andenken um Vergebung. »Jedenfalls so weit ich das kann. Ich kann es mir nicht leisten, sie mitzunehmen, ebenso wenig wie zuvor.«
»Sie würde es verstehen, Victor.« Isis schaute auf ihre Hände. »Sie hat Sie zu sehr geliebt, um es nicht zu verstehen.«
»Ich weiß«, bestätigte Victor mehr sich selbst als Isis »Und genau das macht es so schwer.«
Wir haben einige unserer besten Leute auf ihn angesetzt, und sie haben die neuesten und wirkungsvollsten Techniken eingewandt, und trotzdem haben wir manches nie herausbekommen. Zum Beispiel wer er war oder woher er ursprünglich stammte. Entweder wusste er es selbst nicht oder er hatte schon vor langer Zeit den Kern an Menschlichkeit verzehrt, den er bei der Geburt mitbekommen hatte.
- Aus Ursache und Wirkung, Avalon Press. New Avalon, 3067
6
Imperial City, Luthien
Präfektur Kagoshima, Militärdistrikt Pesht, Draconis-Kombinat
8. September 3065
Nach acht Stunden Fußmarsch durch die Straßen Imperial Citys auf Luthien war der Mann, der Naga Oranos Leben gestohlen hatte, geradezu froh über den Anblick seines bescheidenen Zuhauses. Genau genommen die Hälfte eines Doppelhauses, das er mit einem Mann teilte, der vermutlich für die Yakuza arbeitete. Naga achtete sorgsam darauf, es nie wirklich herauszufinden, schaute ab und zu beiseite und wusste das gelegentliche Geschenk zu schätzen, das er auf der Türschwelle fand oder mit einem Händedruck und freundlichem Lächeln ausgehändigt bekam. Und falls sich dieser Händedruck wegen der zwei fehlenden Glieder am rechten kleinen Finger etwas seltsam anfühlte, gab Naga Acht, das nicht zu bemerken. Er war nur ein einfacher Beamter der Nachbarschaftswacht. Für die Aktivitäten des organisierten Verbrechens war er nicht zuständig. In der draconischen Gesellschaft, die auf der alten terranisch-japanischen Tradition der respektvollen Höflichkeit aufbaute, wusste man gar nicht, was man nicht sicher wusste. Alles in allem war es eine sehr hilfreiche Philosophie.
Was Naga hier und jetzt sicher wusste, war, dass ihm die Füße weh taten und dass er sich auf den verdienten Feierabend freute. Die braune Uniform klebte ihm in der Spätsommerschwüle an der Haut, und sein Knie schmerzte, wo ihm ein Ladendieb am Morgen einen Tritt versetzt hatte. Straßenstaub lag ihm auf der Zunge und kratzte im Hals. Er brauchte eine heiße Dusche und etwas Kaltes zu trinken. Fürs Erste sollte das schon reichen.
Das Haus hatte einen schmalen Vorgarten, und als Naga von der Straße einbog, sah er, dass sein Nachbar wieder darin gearbeitet hatte. Ein neuer weißer Kiespfad wand sich um den Jasminstrauch und reichte tatsächlich ein Stück hinüber auf seine Seite, wo er eine letzte Kurve um einen faustgroßen Stein herum beschrieb. Ein sehr vertraut wirkender Stein. Adern aus rötlichblauem Quarz glitzerten im Sonnenlicht und weckten seine Aufmerksamkeit. Die Oberseite des Steins wirkte wie von einem grünlichen Schatten überzogen. Hätte Naga ihn aufgehoben, hätte er erwartet, eine interessante Spur kristalliner Einsprengsel auf der Unterseite zu finden, ähnlich einem Gartenpfad aus winzigen Glassteinen. Der Stein hätte von überall kommen können. Er hätte alles Mögliche bedeuten können.
Hier und jetzt bedeutete er nur eines: Er war nicht länger Naga Orano. Er war der Attentäter, der Omi Kurita getötet hatte.
Mit dem Schlüssel öffnete er die Tür. Er warf die Mütze auf einen nahen Stuhl und ging sofort zu einem an der Wand lehnenden Shojiwandschirm. Das Reispapier im Holzrahmen zeigte einen Drachen, der sich unter einem roten Felsen versteckte, während ein kleiner gelber Vogel am Himmel seine Kreise zog. Der Attentäter hatte es als amüsanten Zufall betrachtet, dass der echte Naga Orano ein solches Möbelstück besessen
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