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Baudolino - Eco, U: Baudolino

Titel: Baudolino - Eco, U: Baudolino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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halbfertig, und im Westen erkannte man sogar den Anfang einer Stadtmauer, was es in dieser Gegend noch nie gegeben hatte. Und über den Feuern hingen Kessel, vielleicht wurde darin Wasser abgekocht, damit es nicht sofort gefror, während weiter drüben andere damit beschäftigt waren, es in Gräben voller Kalk oder Mörtel zu gießen. Kurzum (Baudolino hatte die Baustelle der neuen Kathedrale in Paris gesehen, auf der Insel im Fluss, und er kannte die Gerätschaften und Gerüste, mit denen die Maurermeister arbeiteten), nach allem, was er von einer Stadt wusste, waren die dort unten dabei, eine zu bauen, und es war ein Schauspiel, wie man es bestenfalls einmal im Leben sieht, und das war's dann.
    »Tzz, tzz«, sagte er sich, »du schaust bloß mal einen Augenblick weg, und schon haben sie wieder was angestellt!« Er gab seinem Muli die Sporen, um rasch ins Tal hinunterzugelangen, und nachdem er den Tanaro auf einem Floß überquert hatte, das Steine jeder Art und Größe hinüberbrachte, hielt er an einer Stelle an, wo einige Arbeiter auf einem wackligen Gerüst dabei waren, eine Mauer hochzuziehen, während andere am Boden mit einer Seilwinde Körbe voller Gestein und Schotter zu ihnen hinaufkurbelten. Die Seilwinde konnte man sich allerdings primitiver nicht vorstellen, sie bestand eher aus dünnen Stangen als aus robusten Pfählen, so dass sie immer wieder ins Wanken geriet, und die beiden Männer, die sie am Boden drehten, schienen mehr damit beschäftigt, dieses gefährliche Schwanken zu bekämpfen, als das Seil aufzuwickeln. Baudolinos erster Gedanke war: Da sieht man's wieder, wenn die Leute aus dieser Gegend was machen, dann machen sie's entweder schlecht oder noch schlechter, nun sieh dir bloß mal an, wie die arbeiten, wenn ich hier der Meister wäre, ich hätte sie längst allesamt am Hosenboden gepackt und in den Tanaro geworfen!
    Aber dann sah er ein Stück weiter hinten einen anderen Trupp, der sich anschickte, eine kleine Loggia zu bauen, mit roh behauenen Steinen, roh zugeschnittenen Balken und Kapitellen, die von einem wilden Tier gestaltet schienen. Auch sie hatten eine Art Flaschenzug konstruiert, um das Material emporzuhieven, und bei seinem Anblick fand Baudolino, dass verglichen mit diesen die anderen vorhin große Meister waren. Schließlich hörte er auf, Vergleiche anzustellen, als er kurz darauf andere sah, die so bauten, wie Kinder es tun, wenn sie mit nasser Erde batzen, und sie legten gerade letzte Hand – es waren eher letzte Fußtritte – an ein Bauwerk, das drei anderen glich, die daneben standen, alle aus Lehm und unförmigen Steinen mit Dächern aus schlecht zusammengepresstem Stroh, so dass eine Art Gasse mit rasch hingeschluderten Bauten entstand, als trügen die Arbeiter einen Wettstreit aus, wer zuerst fertig war, ohne sich im geringsten um die Regeln des Handwerks zu kümmern.
    Als er jedoch tiefer in die unfertigen Windungen dieser noch unbestimmten Anlage eindrang, entdeckte er da und dort auch gut gebaute, geradwinklige Mauern, ordentlich ausgerichtete Fassaden und Bastionen, die, obwohl noch unvollendet, einen massiven und durchaus Schutz gewährenden Eindruck machten. Aus alledem war zu entnehmen, dass offenbar Leute verschiedener Herkunft und Geschicklichkeit zum Bau dieser Stadt zusammengekommen waren, und wenn viele sicher noch Neulinge in diesem Handwerk waren, Bauern, die Häuser bauten, wie sie ihr Leben lang Hundehütten und Ziegenställe gebaut hatten, mussten andere doch schon eine gewisse Erfahrung haben.
    Während er sich in dieser Vielfalt von Tätigkeiten zu orientieren versuchte, entdeckte Baudolino auch eine Vielfalt von Dialekten – an denen zu erkennen war, dass jenes Häuflein armseliger Hütten von Dörflern aus Solero gebaut wurde und jener krumme Turm von Leuten aus dem Montferrat, dass es Pavesaner waren, die jenen suppigen Mörtelbrei anrührten, und Holzfäller aus der Palea, die jene Bretter sägten. Wann immer er jedoch jemanden Befehle erteilen hörte oder einen Trupp sah, der ordentlich arbeitete, hörte er genuesischen Dialekt.
    »Bin ich hier mitten in den Turmbau zu Babel hineingeraten«, fragte sich Baudolino, »oder in Abduls Hibernia, wo zweiundsiebzig Weise die Sprache Adams rekonstruierten, indem sie alle Idiome zusammenrührten, wie man Wasser und Lehm oder Pech und Teer zusammenrührt? Aber hier sprechen sie noch nicht die Sprache Adams, und obwohl sie alle zusammen bestimmt zweiundsiebzig Sprachen sprechen, Menschen so

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