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Baudolino - Eco, U: Baudolino

Titel: Baudolino - Eco, U: Baudolino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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in Aachen organisiert hatte, aber diese Auswechslung bedeutete, zumindest in meinen Augen, dass Friedrich begonnen hatte, Herrn Rainald als zu aufdringlich zu empfinden. Wie also konnten wir dem Kaiser einen Brief präsentieren, der im Grunde von Rainald gewünscht worden war? Ich habe vergessen zu sagen, dass in jenem selben Jahr der Heiligsprechung die Kaiserin Beatrix einen zweiten Sohn geboren hatte und der Kaiser daher an anderes dachte, auch weil, wie man hörte, sein erster Sohn ständig krank war. So verging alles in allem mehr als ein Jahr.«
    »Hat Rainald euch nicht gedrängt?«
    »Zuerst hatte er anderes im Kopf. Dann starb er. Während Friedrich in Rom war, um Alexander III. zu vertreiben und seinen Gegenpapst auf den Thron zu setzen, brach dort eine Pestseuche aus, und die Pest rafft Arm und Reich dahin. Auch Rainald starb. Ich war erschüttert, obwohl ich ihn nie wirklich gemocht hatte. Er war arrogant und nachtragend, doch er war ein kühner Mann gewesen und hatte sich bis zum Ende für seinen Herrn geschlagen. Friede seiner Seele. Aber hatte nun, ohne ihn, unser Brief noch einen Sinn? Er wäre als einziger schlau genug gewesen, ihn sich zunutze zu machen, indem er ihn in den Kanzleien der ganzen christlichen Welt zirkulieren ließ.«
    Baudolino machte eine Pause. »Und dann war da auch noch die Geschichte mit meiner Stadt.«
    »Welcher Stadt? Bist du nicht in einem Sumpf geboren?«
    »Stimmt, ich gehe zu schnell vor. Wir müssen erst noch meine Stadt erbauen.«
    »Endlich erzählst du mal nicht von einer zerstörten Stadt!«
    »Ja«, sagte Baudolino, »es war das erste und einzige Mal in meinem Leben, dass ich eine Stadt entstehen und nicht untergehen sah.«

 
    13. Kapitel
    Baudolino sieht eine neue Stadt entstehen
     
    Seit zehn Jahren lebte Baudolino nun in Paris, er hatte alles gelesen, was man lesen konnte, er hatte Griechisch gelernt von einer byzantinischen Prostituierten, er hatte Gedichte und Liebesbriefe geschrieben, die anderen zugeschrieben worden waren, er hatte praktisch ein Reich konstruiert, das inzwischen niemand besser kannte als er und seine Freunde, aber er studierte noch immer. Er tröstete sich mit dem Gedanken, dass es ja schon eine recht beachtliche Leistung war, überhaupt in Paris zu studieren, wenn man bedachte, dass er in einem Sumpf geboren und zwischen Kühen aufgewachsen war; dann sagte er sich, dass studieren zu gehen für arme Schlucker wie ihn ja auch leichter war als für die Söhne von Herren, die kämpfen lernen mussten, nicht lesen und schreiben ... Mit einem Wort, er fühlte sich nicht ganz wohl in seiner Haut.
    Eines Tages wurde ihm klar, dass er inzwischen, einen Monat mehr, einen weniger, sechsundzwanzig Jahre alt sein musste: Da er mit dreizehn von zu Hause fortgegangen war, hatte er sich seit genau dreizehn Jahren nicht mehr dort sehen lassen. Er verspürte ein Gefühl, das wir Heimweh nennen würden, nur dass er selbst, der es noch nie verspürt hatte, nicht wusste, was es war. Daher hielt er es für den Wunsch, seinen Adoptivvater wiederzusehen, und so beschloss er, sich nach Basel zu begeben, wo Friedrich auf der Rückkehr von einem erneuten Italienzug haltgemacht hatte.
    Er hatte den Kaiser seit der Geburt von dessen erstem Sohn nicht mehr gesehen. Während er den Brief des Priesters Johannes schrieb und immer wieder umschrieb, hatte Friedrich alles mögliche unternommen, hatte sich wie ein Flussaal von Norden nach Süden bewegt, hatte im Sattelgegessen und geschlafen wie seine barbarischen Ahnen, und seine Residenz war immer dort gewesen, wo er sich gerade befand. Zwei weitere Male war er nach Italien gezogen. Beim zweiten Mal hatte er auf der Rückkehr eine Schmach in Susa erlitten, wo sich die Bürger gegen ihn erhoben und ihn gezwungen hatten, heimlich und verkleidet zu fliehen, während sie Beatrix als Geisel behielten. Später hatten sie sie zwar gehen lassen, ohne ihr ein Haar zu krümmen, aber Friedrich war übel gedemütigt worden und hatte Susa Rache geschworen. Und als er dann wieder in Deutschland war, konnte er sich beileibe nicht ausruhen, sondern musste die deutschen Fürsten besänftigen.
    So kam es, dass Baudolino den Kaiser in einer sehr trüben Stimmung vorfand. Er begriff, dass er sich einerseits immer mehr Sorgen über die Gesundheit seines ältesten Sohnes machte, der ebenfalls Friedrich hieß, und andererseits über die Entwicklung in der Lombardei.
    »Zugegeben«, räumte er ein, »und das sage ich nur dir: Meine Stadtvögte und

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