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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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vieles sagen. Lügner … Lügner … Und er ist doch nur ein Kind. Frerksen, geh einmal dort in das Zimmer.«
    |372| »Nein. Er bleibt hier. Wir müssen sofort zu Herrn Bürgermeister Gareis. Da hat er auch seine Lüge zu gestehen. Hans, nimm deine Mütze, wir gehen …«
    »Das ist unmöglich, Herr Oberinspektor. Sehen Sie doch den Jungen an. – Dacht ich’s mir doch! Da liegt er. – Komm, mein Junge. Ja, dir ist schlecht geworden. Hier legen wir dich hin. – Ein Glas Wasser, Frau. – Herr Oberinspektor, es ist vielleicht besser, Sie machen Ihren Besuch bei Herrn Bürgermeister allein. Schicken Sie dann bitte Ihre Frau. Die kann den Jungen abholen.
    Nein, bitte, gehen Sie jetzt. Ich habe jetzt wirklich keine Zeit für Sie, Herr Oberinspektor. Der Junge ist, im Moment wenigstens, wichtiger. Guten Tag, Herr Oberinspektor.«
    Im benommenen, verwirrten Kopf denkt der Junge ununterbrochen: Vater lügt. Mutti lügt. Vater lügt. Mutti lügt.
    Zwei Tage später liest er im Aushangkasten der »Chronik«, daß der Polizeioberinspektor Frerksen vorläufig wegen falscher polizeitaktischer Maßnahmen seines Amtes enthoben worden ist.
    Da ist der Vater schon in Urlaub. Abgereist.

    11

    Wenn Stuff etwas wissen will von der Kriminalpolizei, muß er die Herren immer aufsuchen. Zu ihm kommen sie nicht. Es wird das oben nicht gerne gesehen. Für einen Beamten ist es immer etwas kompromittierend, durch die Tür der »Chronik« zu gehen.
    Eine Ausnahme macht allein Perduzke, der ewige Kriminalassistent, der immer noch auf Beförderung wartet und es mit den Roten nicht verderben kann, weil er es längst mit ihnen verdorben hat.
    Emil besucht manchmal seinen Männe. Dann hängen sie die Köpfe über die große Schreibtischplatte, dann schwärmen sie davon, wie schön es war, als noch Militär, ein ganzes |373| Infanterieregiment, in Altholm lag. Dann schimpfen sie über die heutigen Zeiten, von der Schlechtigkeit der Welt, die von den Roten kommt, dann läuft der Setzerlehrling rastlos über den Hof und holt Zigarren und Bier, Schnaps und Bier.
    Heute bleibt Perduzke streng an der Tür stehen, er holt etwas Weißes aus der Tasche, entfaltet es.
    »Ich komme dienstlich, Herr Stuff.«
    »Schön. Deswegen kannst du dich doch setzen. Oder willst du mich gleich verhaften?«
    Perduzke grinst. »Das möchten die! Denen liegst du schwer auf dem Magen mit deiner ewigen Stänkerei. – Was das heute wieder für eine Lauferei war auf dem Rathaus!«
    »Lauferei? Wieso?«
    »Wie wenn du mit ’nem Stock einen Ameisenhaufen umrührst. Ich hab so was läuten hören. Auf der Schreibtischplatte von Gareis hat ein Brief vom Regierungspräsidenten gelegen. Und, siehe da, plötzlich, in zwei Stunden, geht Frerksen auf Urlaub.«
    »Emil! O schöner süßer Emil! Frerksen geht auf Urlaub! Wird gegangen auf Urlaub! Der Regierungspräsident greift ein. Das Vorgehen der Polizei nicht rechtmäßig.« Tiefernst: »Was hat in dem Brief gestanden, Emil?«
    »Ich weiß es nicht. Bei Gott, Männe, ich weiß es nicht.«
    »Emil, sei nicht feige. Ich schwöre dir, Emil, ich verrate dich nie. Emil, was willst du? Willst du Schnaps? Willst du eine echte Bock? Willst du drei echte Bock? Willst du sieben Kognak? Alles! Aber was stand in dem Brief?«
    »Ich weiß es nicht, Männe. Ich bitte dich auch dringend, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. Woher weißt du, daß der Brief und der Urlaub zusammenhängen?«
    »Frerksen in Urlaub! Das ist der Anfang! Ich sage dir, Emil, der kommt nicht wieder. Der ist erledigt. Und was im Briefe stand, das kriege ich auch noch raus.«
    »Ich bin aber dienstlich hier, Männe. Du hast da in Nummer einhunderteinundsiebzig der ›Chronik‹ einen Offenen Brief veröffentlicht.«
    |374| »Ja? Habe ich das? Wenn du es sagst, wird es stimmen, Emil.«
    »Dieser Brief ist gezeichnet Kehding.«
    »Kehding? Nun ja, es gibt viele Kehdings. Was stand drin in dem Brief?«
    Perduzke grinst. »Na, lies ihn dir erst mal durch. Sonst wird das Verhör zu lang.«
    Stuff liest den Brief mit gerunzelter Braue. »Ja so. Das habe ich aber nicht reingebracht. Das ist nicht redaktionell, das ist ein Inserat. Soviel sehe ich an dem dicken schwarzen Rand.«
    »Ach so, du kanntest den Brief gar nicht?«
    Stuff freut sich. »Ich habe doch nichts mit Inseraten zu tun! Ich bin doch Redakteur, das sollte selbst ein Kriminalassistent wissen.«
    »Und wer weiß mit Inseraten Bescheid?«
    »Och, ich glaube, keiner. Das macht so unser Fräulein. Oder wer grade da

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