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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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ist. Wenn die Leute früh kommen und es ist noch keiner da, dann nimmt auch die Reinemachefrau Inserate an.«
    »Nee. So ist das? Das hatte ich nicht gewußt. Ist das bei den ›Nachrichten‹ auch so?«
    Stuff macht eine ausladende Handbewegung. »Bei den ›Nachrichten‹? Das ist auf der ganzen Welt so, bei den größten Zeitungen. Inserate, das ist wie Fliegendreck. Damit gibt man sich doch nicht ab.«
    Perduzke mustert streng die Verzierung am Ofen. »Dann ist es wohl auch aussichtslos, wenn ich frage, ob das Manuskript von dem Inserat noch da ist?«
    »Das ist vollkommen aussichtslos, mein lieber Emil!«
    »Die werden nicht etwa aufbewahrt, die Inseratentexte?«
    »Aufbewahrt! Hast du eine Ahnung, Emil, wie die Manuskripte aussehen, wenn sie abgesetzt sind? Die sind schwarz, sage ich dir, von den Setzerpfoten, da ist ein Neger Schnee dagegen.«
    »Und du erinnerst dich wohl auch zufällig nicht, wo dieser |375| Kehding, der ja wohl Landwirt ist, nach dem Offenen Brief zu urteilen – wo der her war?«
    »Wo mag der her gewesen sein? Ja, das ist schwer zu sagen.« Stuff seufzt. Geht an den Bücherschrank. »Wir haben da Niekammers landwirtschaftliches Güteradreßbuch für die Provinz Pommern. Da steht er sicher drin. Du weißt nicht zufällig seinen Vornamen, Emil?«
    Perduzke sieht vor sich und schluckt. »Nein, den weiß ich zufällig nicht, Männe.«
    »Aber den Ort weißt du doch, wo er wohnt, mein lieber Emil? Vielleicht gibt es in dem Ort nur drei, vier Kehdings, da kann man ihn vielleicht ermitteln.«
    »Nein, grade den Ort solltest
du
mir sagen, mein herziger Männe.«
    »Huch!« schreit Stuff. »Süßer! Der Frerksen ist in Urlaub! Der Frerksen, der ist abgesägt. Der Frerksen ist perdu!« Er singt es und schlägt dazu den Takt mit der Faust auf die Schreibtischplatte. »Bist du durch mit dem Dienst, Emil?«
    »Du gibst mir also amtlich die Auskunft, daß das Manuskript von dem Offenen Brief nicht mehr existiert und daß du den Wohnort von dem Kehding nicht kennst?«
    »Geb ich dir amtlich. Was ist’s mit ihm? Strafantrag?«
    »Ja. Von der Stadtverwaltung. Wegen Nötigung.«
    »Na ja. Die müssen’s ja wissen. Und du weißt nicht, was in dem Brief vom Präsidenten stand? Außerdienstlich, Emil!«
    »Außerdienstlich auf Ehre, nee!«
    »Dann muß ich es anders rauskriegen«, sinnt Stuff. »Das muß rauszukriegen sein.«
    »Wieso darf eigentlich Manzow immer mit kleinen Mädchen Geschichten machen, und es passiert ihm nichts?« fragt Perduzke.
    »Ach!« sagt Stuff gedehnt. »Du hast auch was läuten gehört? Aber es ist eine Idee. Manzow ist ein großer Mann und ein Freund vom Dicken.«
    »Ich habe nichts gesagt«, erklärt Perduzke.
    »Hast du nicht«, bestätigt Stuff. »Jetzt gehen wir einen |376| trinken. Und dann grabe ich den Tomahawk aus und gehe auf den Kriegspfad gegen den großen Häuptling Manzow. Hugh!«
    »Du bist ein großes Kind, Männe«, bemerkt Perduzke.
    Stuff sieht ihn trübe blinzelnd an. »Schaum, Emil. Nichts wie Schaum. Ich wollte, ich wäre es.«

    12

    Manzow hat mitten in der Stadt seinen wirklich schönen Garten, mit reich tragenden Obstbäumen, mit Blumen und Rasen, mit Büschen – trotzdem geht er wirklich manchmal in ihm spazieren, obwohl die Aussichten auf Lullullmachende Kinder wie 1:10000 sind.
    Stuff sieht ihn schon von weitem und ist noch nicht gesehen. So kann er sich vorsichtig anschleichen, denn aus Erfahrung weiß er, daß der große Manzow ihm gerne, bei aller Freundlichkeit, ausweicht. Das datiert noch aus der Zeit, da die »Chronik« Stahlhelmblatt war. Und Manzow war schon damals Demokrat. Stuff holte vernichtend gegen den großen Wirtschaftsführer aus (vernichtend für die Abonnentenziffern der »Chronik«), aber man verdachte es ihm sehr, daß er auch ein paar Anspielungen auf den Kinderfreund Manzow gemacht hatte. Eine harmlose Schrulle. Er tut doch keinem was. Er ist so ein Original. Und die Kinder verstehen doch nichts davon.
    Stuff ist ganz nahe. Er macht rasch zehn Schritte, lehnt sich über den Gartenzaun und ruft: »Guten Tag, Herr Manzow. Ein schöner Tag, was?«
    »Finden Sie?« fragt Manzow. »Übrigens guten Tag meinerseits. Sie entschuldigen mich doch. Die Frühstückspause ist vorbei. Die Arbeit ruft.«
    Hat’s ja sehr eilig, denkt Stuff. Es stimmt also. Hat Dreck am Stecken.
    Und laut: »Ich hätte Sie gerne was gefragt, Herr Manzow.«
    |377| »Ja? Ja? Ich habe aber wirklich keine Zeit.«
    »Ihr Betrieb läuft auch mal so«, erklärt Stuff.

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