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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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strahlt Stuff. »Mutters Herzblättchen. Noch ist die Fliege nicht geboren, die Sie kränken könnten.«
    »Klar und deutsch?«
    »Klar und deutsch: Weder über Vorleben noch Vorstrafen ist etwas Belastendes in den Akten. Und auch von Bomben ist die Luft dort gänzlich rein.«
    »Das wird sich wohl so gehören, Stuff«, sagt plötzlich übermütig Henning.
    »Wenn Sie Ihren ollen, versoffenen Stuff nicht hätten, mein Junge«, antwortet der zweiflerisch.

    6

    Tredup macht viele Überstunden.
    Es ist lange nach elf, und er hockt noch im Redaktionszimmer und schreibt am Bericht über den heutigen Abend.
    Für die Polizei? Gegen die Polizei? Für die Polizei! Gegen die Polizei!
    Er möchte es sich an den Knöpfen abzählen.
    Am besten ist schließlich ein Mittelweg: Ganz recht haben die Nationalsozialisten, die stramme feine Kerle sind. Außerdem hat man ihnen die Kasse geklaut und die Köpfe blutig geschlagen. Die haben die Sympathien.
    |498| Ganz unrecht haben die Kommunisten, die immer so laut schreien, jeden Bürger schlagsüchtig anglotzen, mit einem gestohlenen Säbel paradieren und ständig Zeugnis ablegen für Sachen, von denen man nichts wissen will, als wären sie die Urchristen.
    Und so halb und halb recht hat die Polizei. Erstens hätte sie früher dasein müssen. Aber schließlich konnte sie nicht vorher wissen, daß die KPD-Leute einen Überfall machen würden. Zweitens hätte sie forscher vorgehen müssen, aber schließlich war sie wirklich zu schwach. Und drittens hätte das mit dem Säbel überhaupt nicht sein dürfen, aber vielleicht war er wirklich vorher nicht aufzufinden.
    Also war es im ganzen ein schwarzer Tag in der Geschichte Altholms, nicht ganz so schlimm, aber beinahe so schlimm wie der sechsundzwanzigste Juli.
    Als er soweit ist, klingelt das Telefon. Nachts, beinahe um zwölf.
    Tredup meldet die »Chronik«.
    »Ja, hier ist Gebhardt. – Was machen Sie denn jetzt noch da? Sie haben sich wohl mit Herrn Stuff verabredet? – Wieso? Na, Sie wissen doch, daß Herr Stuff heute Schluß gemacht hat, Sie erzählen mir das doch schon seit sechs Wochen. – Sie wissen nichts? Meine Angestellten denken immer, ich bin dumm. Nein, danke, Herr Tredup, ich weiß Bescheid. Sie brauchen mir nichts zu erzählen. – Nun, vorläufig muß ich dann ja wohl in den sauren Apfel beißen. Sie machen von morgen ab den Prozeßbericht für die ›Chronik‹. Um das Lokale kümmern Sie sich nicht, das bekommen Sie von uns. – Aber ich wiederhole Ihnen: Es ist nur eine Probe. Ein Versuch. Es hängt davon ab, wie Sie sich einrichten. – Wir hatten es anders ausgemacht? Wir hatten gar nichts ausgemacht! Es ist immer nur von einem Versuch gesprochen. Und wo Herr Stuff sich in so gemeiner Weise verabschiedet hat … – Gehalt? Gehaltserhöhung? Leisten Sie erst was! Ich weiß ja noch gar nicht, ob Sie überhaupt schreiben können. Geldverdienen ist schwer. Das fordert sich leicht, aber ich, |499| ich muß es schaffen. – Nein, darüber ist nicht zu reden. Sie brauchen nicht, bitte! Zehn für einen. Also, guten Abend, Herr Tredup.«
    Tredup glotzt. Er glotzt genauso, wie sein Vorgänger Stuff manchmal an diesem Platz geglotzt hat.

|500| ZWEITES KAPITEL
Drei Tage Glück
    1

    Am andern Morgen ist Tredup in glänzender Stimmung. Er hat geschlafen, Gebhardts quenglige Stimme klingt nicht mehr hart an seinem Ohr, Tredup hofft wieder, Tredup freut sich.
    Eng im Bett an Elise geschmiegt, verteidigt er sogar den Chef, weil er nicht ohne Hoffnung sein will.
    »Schließlich hat er recht. Was weiß er denn von mir? Er hat ja keine Ahnung, wie ich schreiben kann. Wenn er erst sieht, daß alles klappt wie bei Stuff und vielleicht besser klappt …
    Ich habe einen guten Anfang. So einen Dussel … Erst einmal der Bericht über den Abend gestern, ich sage dir, Elise, der ist mir gelungen.
    Ganz dramatisch habe ich es gemacht und gezeigt, daß nur durch Glück aus dem dreißigsten September kein sechsundzwanzigster Juli wurde.
    Und nun kommt jeden Tag der Prozeßbericht. Ich werde schuften. Das soll ein guter Bericht werden, ich werde wirklich schreiben, was im Saal passiert. Der Wenk muß mir auch noch einen Ausweis geben, die Gerichtsdiener kennen mich doch gar nicht.
    Und dann, an einem der nächsten Tage, wenn ich erst Bescheid weiß, wie alles klappt, nehme ich dich auch mal mit.
    Die Angeklagten und Richter und die Staatsanwälte und der Verteidiger, so was hast du doch noch nicht gesehen, so was interessiert dich doch, nicht

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