Bauern, Bonzen und Bomben
einen heftigen Stoß verspürt hätte.«
»Herr Landgerichtsdirektor, gesagt habe ich drei- oder viermal ›Herr Wachtmeister‹, und dann habe ich ihn am Rock gezupft. Nicht doller, als eine Maus zupft.«
»Na, Sie müssen doch sehr energisch gezupft haben, sonst hätte der Beamte nicht solchen Schreck bekommen.«
»Nicht mehr wie eine Maus, Herr Landgerichtsdirektor, ganz sachte habe ich gezupft. Und da fuhr er gleich mit dem Säbel auf mich ein.«
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Am Morgen des zweiten Verhandlungstages wird als erster Zeuge der Polizeioberinspektor Frerksen vernommen.
Da ist kaum einer im Saal, der ihn nicht kennt, doch recken sie alle die Hälse, als er hereinkommt. In den hinteren Reihen stehen sie sogar auf. Er tritt schlank und blaß, ein wenig vorgebeugt, an den Richtertisch, Tschako und Handschuhe in der einen, den Säbelgriff in der andern Hand.
»Reinweg vorm Spiegel muß der Affe das eingeübt haben«, knurrt Stuff. »Das hat er doch noch nie fertiggebracht, den Säbel richtig offiziersmäßig zu halten.«
Totgeschossen hat er sich also doch nicht, denkt Tredup. Wie er das fertigbringt, jetzt vor allen Leuten, und vorgestern abend ist er erst auf der Straße seinem Säbel nachgerannt …
Frerksen spricht zu Anfang sehr leise, erst allmählich wird seine Stimme stärker.
Kaum sind seine Personalien festgestellt, erhebt sich der Verteidiger. »Ich bitte, von einer Vorvereidigung dieses Zeugen Abstand zu nehmen. Die Verteidigung ist der Ansicht, daß dieser Zeuge seine Befugnisse überschritten hat. Ein Disziplinarverfahren war bereits gegen ihn in Gang.«
Der Staatsanwalt widerspricht: »Das Disziplinarverfahren ist eingestellt. Es bestehen nach Ansicht der Staatsanwaltschaft keine Bedenken gegen die Vorvereidigung.«
Und der Vorsitzende: »Der Gerichtshof zieht sich zur Beschlußfassung zurück.«
Alles strömt in den kleinen Vorplatz, auf den Schulhof, wo man rauchen darf. Frerksen bleibt noch einen Augenblick vor dem Richtertisch stehen, aber alle schauen ihn an. So drängt er mit durch die zu enge Tür, taucht in die Menge ein, verschwindet in ihr vor der Aufmerksamkeit aller und findet sich wieder Seite an Seite mit Henning.
Es ist der Blick des andern, der ihn aufmerksam gemacht hat. Ein lodernder Blick, ein kaltes Feuer.
|515| Vor beider Augen steht jene Szene, da diese behandschuhte Hand nach dem Fahnenschaft griff, die andere ihn triumphierend hob, hob, hob.
Und der ganze Film bis da, da man Henning in die Apotheke trug, und dieser stürzte hinzu und rief: Nicht anrühren! Der ist verhaftet.
Sie sehen sich an, eng treibend, Schulter an Schulter im Gedränge der vielen. Sie sehen sich nur an.
Dann drückt Frerksen nach rechts, mit Gewalt nimmt er seinen Blick vom andern fort, sieht zur Seite, um die Augen nicht niederschlagen zu müssen.
Henning brennt sich eine Zigarette an.
Frerksen entdeckt den Assessor Stein mit Tredup. Stein hat sich den Tredup gekauft.
»Ich glaube nicht«, sagt grade Stein zu Tredup, »daß wir uns das länger bieten lassen von der ›Chronik‹. Der Bericht über die Naziversammlung war direkt sensationell aufgemacht und entstellt. Als ob die Nazis Lämmer wären. Sagen Sie das man Ihrem Herrn Stuff!«
»Aber wieso?« stottert Tredup. »Das war doch alles richtig. Die Kommunisten hatten überfallen! Und die Polizei war doch wirklich zu schwach.«
»Ein schwarzer Tag!« nörgelt der Assessor. »Nach dem sechsundzwanzigsten Juli der dreißigste September. So ’ne Aufmachung! Was war denn los? Gar nichts! Aber gleich muß der Polizei eins ausgewischt werden. Wir kennen Ihren Stuff.«
»Ausgewischt? Der Herr Bürgermeister hat doch selbst gesagt …«
»Ach was! Wenn man unsere Bekanntmachungen haben will, benutzt man nicht jede Gelegenheit, uns einen Tritt zu versetzen. Das sollte Herr Stuff auch wissen.«
»Ich höre immer ›Stuff‹«, sagt der Polizeioberinspektor. »Herr Stuff ist doch gar nicht mehr bei der ›Chronik‹!«
»Ja?« fragt Stein, scheinbar äußerst überrascht. »Wer hat denn da diesen Mist produziert?«
|516| Frerksen deutet mit den Augen, und Stein tut sehr verlegen. »Na, dann entschuldigen Sie, Herr Tredup. Hätte ich das gewußt! Aber Herr Bürgermeister wird sich sehr wundern, daß grade Sie so schreiben.«
»Ich habe ganz sachlich berichtet«, verteidigt sich Tredup.
»Viel Freunde werden Sie sich mit diesen sachlichen Berichten nicht machen. – Nun, Frerksen, werden Sie nun vereidigt oder nicht?«
»Vorvereidigt –
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