Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
Vom Netzwerk:
hinterher werde ich doch vereidigt! Das ist doch Unsinn, daß ich mich strafbar gemacht haben soll.«
    »Natürlich. Sie werden ja sehen, was für Zeugen für Sie aufmarschieren. Reichsbanner und SPD, kurz, die Arbeiterschaft steht hinter Ihnen.«
    Frerksen wechselt die Farbe.
    Hundert Schritte ab, vor dem Schultor, wird auch über dies Thema gesprochen. Gareis hat seinen grauen flauschigen Lodenmantel über den Cut geworfen und geht zwischen dem Stadtverordneten Geier und dem Parteisekretär Nothmann auf und ab.
    »Ich möchte wissen, Bürgermeister«, sagt Nothmann, »woher Sie noch das Vertrauen nehmen? Dieser ganze Prozeß wird ein Riesenreinfall für uns.«
    »Warten Sie doch die Zeugen ab. Gestern die Angeklagten, das sagt gar nichts. Natürlich haben alle Idioten mit solch einem hübschen Jungen wie Henning Mitleid. Ein feiner Junge!«
    »Die Zeugen sind auch soso«, meint Geier. »Die erliegen auch der Stimmung. Und der Vorsitzende mit seiner Väterlichkeit ist ein Aas. Man weiß, was man weiß.«
    »Was weiß man?« fragt Gareis gereizt.
    »Zum Beispiel, daß der Herr Vorsitzende nicht wie die andern Herren jeden Morgen aus Stolpe mit der Bahn rüberkommt, sondern daß er hier bei seinem Schwager, dem Fabrikbesitzer Thilse, wohnt. Richter und Fabrikbesitzer, das wird grade gegen die Bauern sein! Das Korps hält zusammen! |517| Aber ich stecke es dem Pinkus, der kann es in der ›Volkszeitung‹ bringen.«
    »Macht doch nur nicht so was!« ruft der Bürgermeister erschrocken aus. »Warum soll der Mann nicht bei seinem Schwager wohnen? Darum ist er doch noch nicht Partei.«
    »Lax sind Sie, Bürgermeister«, sagt Nothmann. »Schlapp. Früher waren Sie anders. Natürlich muß das ins Blatt. Der Arbeiter, der als Zeuge auftritt, muß wissen, was das für ein Mann ist, der ihn befragt. Daß das ein Freund von den Ausbeutern ist.«
    »Wenn der Pinkus das bringt«, erklärt Gareis entschieden, »haue ich ihm ein paar ins Genick, daß er die nächste halbe Stunde nicht wieder aufsteht.« Sanfter: »Ihr seid Riesenrösser, alles würdet ihr mit so was vermasseln. Aber ihr könnt nichts dafür.«
    »Du«, sagt Geier gekränkt, »kommst dir immer mächtig schlau vor, Genosse Gareis, aber bisher haben wir noch nicht gesehen, daß du viel erreicht hast für die Partei. Ewig muß man den Genossen erklären, entschuldigen, sie vertrösten. – Führ einen Kurs gefälligst, den der Arbeiter versteht, nicht solche Geschichten, die nicht Fisch und Fleisch sind.«
    »Wenn die Bauern verknackt sind, werdet ihr wieder finden, daß ich recht gehabt habe.«
    »Wenn. Und wenn nicht?«
    »Ja, bitte?«
    »Dann, Genosse Gareis, wirst du dein Köfferchen packen müssen. Wir können uns hier keinen Gesinnungsluxus leisten.«
    »Nee«, sagt Gareis. »Nee. Habe ich schon gemerkt.«
    Ungemütliche Stille.
    Quer über den Fahrdamm kommt Pinkus gestürmt. Er trabt fast, so eilig hat er es.
    »Ich komme direkt aus dem Parteibüro, Bürgermeister«, keucht er. »Was ich jetzt habe, das raten Sie nie.«
    »Also erzählen Sie schon.«
    »Ein Einschreibebrief ist gekommen. Von Frerksen …«
    |518| »Was will denn der? Wieso schreibt er?«
    »Seinen Austritt aus der Partei hat er erklärt«, kreischt Pinkus.
    Die vier Männer starren sich an.
    »Deine Zeugen, Gareis …«, höhnt Geier.
    Der Bürgermeister holt tief Atem. »Egal!« Und mit Nachdruck: »Das sage ich euch, meine Koffer packe ich noch lange nicht! Da kann ja jeder Esel kommen und denken, er ist es. Ich mache weiter.«
    Er stürmt fort.
    »Heute noch«, sagt Nothmann zu Geier und Pinkus.

    5

    Unterdessen steht Frerksen wieder vor dem Richtertisch.
    Er spricht noch sachter, noch zögernder, noch leiser. Vielleicht unter dem beklemmenden Eindruck, daß vom Gericht seine Vorvereidigung abgelehnt ist, vielleicht, weil der Blick Hennings nachwirkt …
    Jedenfalls notiert sich Tredup, daß dieser Zeuge, dieser Kronzeuge, eigentlich nichts gesehen hat, nichts weiß, niemanden wiedererkennt.
    »Sie hatten also den Eindruck, daß man Ihre Zusammenkunft mit Herrn Benthin hintertrieb? Daß man Sie absichtlich in falsche Lokale schickte?«
    »Ja, ich weiß doch nicht. Wenn ich das in der Voruntersuchung ausgesagt habe, kann ich mich auch geirrt haben. Es war nur so ein Gefühl.«
    Der Vorsitzende fragt: »Was veranlaßte Sie nun zu der Flaggenbeschlagnahme?«
    »Es wurden Rufe des Unwillens laut. Sie schien mir bedenklich. Provozierend.«
    »Erinnern Sie sich, wer gerufen hat?«
    »Nein, ich

Weitere Kostenlose Bücher