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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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erinnere mich nicht.«
    »Hatten Sie nun bei dieser Flaggenbeschlagnahme den |519| Eindruck, daß Herr Henning Ihnen tätlich Widerstand leistete?«
    Der Zeuge, zögernd: »Tätlich? Nein. Eigentlich nicht.«
    »Sie haben früher ausgesagt, Herr Padberg habe Sie von der Fahne zurückgestoßen?«
    »Nein, das kann ich nicht mehr sagen. Ob es Herr Padberg war oder ein anderer, das weiß ich nicht zu sagen.«
    »Sie sind geschlagen worden?«
    »Ja. Stark.«
    »Und von wem?«
    »Das weiß ich nicht. Namen weiß ich nicht.«
    Ein kläglicher Anblick, ein Mensch, der sich windet, der niemanden belasten möchte, der es am liebsten allen recht machte.
    »Na«, sagt Tredup etwas schadenfroh zu Pinkus, der eben wiederkommt, »Ihr Kronzeuge versagt ja völlig.«
    »Unser Kronzeuge? Was geht uns Frerksen an?«
    »Frerksen ist doch SPD.«
    »Frerksen …? Mensch, Mann, wer hat Ihnen das aufgebunden? Frerksen ist doch nicht SPD!«
    »Nein, nicht? Das ist ja das Neueste!«
    »Glauben Sie, solche Leute wollen wir in der Partei haben?«
    »Er ist also ausgeschlossen worden?«
    » Ich
habe Ihnen das nicht gesagt.«
    »Nein, natürlich nicht. Aber es ist sehr interessant.«
    Doch unterdessen ist Padberg aufgestanden zwischen den Angeklagten. »Herr Oberinspektor, ich richte an Sie die Frage, haben Sie am sechsundzwanzigsten Juli Ihre Nerven in der Hand gehabt?«
    Der Oberinspektor sieht den andern gespannt an. Das verbindliche Lächeln um seinen Mund verzieht sich. »Jawohl, die habe ich in der Hand gehabt. – Aber eine Gegenfrage, Herr Padberg: Sind Sie nicht Trinker?«
    »Nein.«
    »Waren Sie nicht in einer Trinkerheilanstalt?«
    |520| »Das ist eine infame Lüge.«
    Der Vorsitzende spricht dazwischen: »Meine Herren, ich bitte Sie, was soll das? Wir wollen hier doch vernünftig verhandeln. Also, Herr Frerksen …«
    Aber die Stimmung wird schlechter und schlechter. Man sieht es deutlich am Pressetisch. Pinkus schreibt gar nichts, für den ist das alles nichts. Und Stuff schmiert wie wild.
    Doch in der Pause nähert sich der Oberinspektor Herrn Tredup. Er geht da so allein unter den Leuten herum, niemand will etwas von ihm wissen.
    Aus der Gruppe Stuff kann er ganz deutlich die Stimme seines alten Feindes hören: »Frerksen? Erledigt! Keine vier Wochen macht der Mann mehr Dienst.«
    Nun tritt er zu Tredup, ein vorsichtig-ängstliches Lächeln auf dem Gesicht. »Nun, Herr Tredup, darf ich fragen, wie so die Stimmung des Volkes ist? Was denkt man über meine Aussage?«
    Aber hier sieht selbst Tredup keinen Grund zur Schonung. »Zu lau. Zu lasch, Herr Oberinspektor. Nicht erkannt. Nicht erinnert. Weiß ich nicht. – Wenn man so was macht, steht man dazu.«
    Und er dreht sich um.
    Manzow in seinem Kreis verkündet: »Der Frerksen war immer ein Schlappschwanz, aber für Gareis ist das gar nicht schlecht. Man sieht doch jetzt, wer die Böcke gemacht hat.«
    »Du«, sagt Meisel giftig, »du willst dich jetzt wohl wieder anbiedern bei deinem Gareis? Ist nicht, mein Junge. Gareis ist erledigt.«
    »Anbiedern?« protestiert Manzow. »Ich werde doch noch sagen dürfen, was ist. Die Fehler hat Frerksen gemacht.«
    »Und Gareis bezahlt sie. Das ist immer so. Und kann uns nur recht sein.«

    |521| 6

    Im Rücken der Verteidigung steht ein Tischchen, an dem zwei Herren sitzen. Zum ersten der Stadtrat Röstel, der als Vertreter der Stadt den Verhandlungen folgt. Als man den Dentisten Czibulla vernahm, schrieb er eifrig mit, denn von Czibulla hängt eine Klage gegen die Stadt.
    Doch der zweite Herr an diesem Tisch ist Assessor Meier. Kummervoll sitzt er da, es sieht aus, als hätte er sich ganz hinter seine Klemmergläser zurückgezogen. Bisher geht ja alles unberufen toitoitoi solala, man kann dem Chef nach Stolpe ganz günstige Berichte schreiben. Aber wenn nur der Gareis nicht wieder alles verbockt, dieser Gareis …
    Meier hätte gern mit Gareis vorher ein Wörtchen gesprochen, eigentlich hatte er den Eindruck, daß man daheim, in jenem großen, trüben, dunklen Zimmer, gerne Frieden mit diesem Mann gemacht hätte … Aber so was auf die eigene Kappe nehmen? Ein Wörtchen vor solchem Prozeß kann sehr falsch verstanden werden … Zeugenbeeinflussung. Lieber wartet man ab. Gareis wird schon nicht so unklug sein …
    Es ist gegen elf Uhr, daß Gareis in den Saal eintritt. Er ist ganz ruhig, als er vor den Richter tritt. Seine Haltung ist gut.
    »Eingebildeter Fatzke«, knurrt Stuff. »Im Cut, ist ja lächerlich, dies Getue!«
    Bei der Vereidigung

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