Bauern, Bonzen und Bomben
Direktor Greve.«
»Jawohl. Sie rufen ihn in einer halben Stunde an und erzählen |142| ihm davon. Der Vorschlag kommt von Ihnen. Ich bin seit Sonnabend auf Urlaub. Verstanden?«
»Nicht ganz.«
»Sie möchten Gründe wissen? Nun, denken Sie an einen gewissen Brief, der in der ›Volkszeitung‹ erschien. Kapiert?«
Frerksen lächelt etwas verlegen. »Ja, so ungefähr.«
»Ungefähr ist gut. Kapieren Sie halb? – Was ist los, Piekbusch?«
»Oberleutnant Wrede von der Schupo ist draußen.«
»Wrede …? Na ja, der liebe Genosse Temborius. Ich sage Ihnen, Frerksen, der hat schon jetzt seine Schupo in Grünhof und zieht daheim in Stolpe rastlos die Leine am Klo.«
Der Polizeioberleutnant tritt ein.
»Nun, lieber Herr Wrede, was verschafft uns das Vergnügen?«
»Ich habe zuerst zu melden, daß zwei Hundertschaften Schupo in Grünhof zu Ihrer Verfügung liegen, Herr Bürgermeister.«
»Hoffentlich wird Ihnen die Zeit nicht lang.«
»Ich habe ferner hier einen Geheimbefehl für Sie. Der Geheimbefehl ist nur in dem Falle zu öffnen, daß Sie die Hilfe der Schupo benötigen.«
»Ich danke Ihnen, Herr Oberleutnant. Holen Sie sich das Briefchen heute abend wieder ab?«
»Wenn es nicht benutzt wird?«
»Es liegt hier. Jedenfalls, damit Sie Bescheid wissen. Ich sage es auch Piekbusch. Ich selbst gehe heute mittag in Urlaub. So viel gebe ich auf diese Demonstration.«
Wrede verbeugt sich lächelnd.
»Na, also dann auf Wiedersehen nach meinem Urlaub. – Was ist schon wieder, Piekbusch?«
»Herr Stuff von der ›Chronik‹ möchte Herrn Bürgermeister sprechen.«
»Stuff? Kommt wie gerufen. Verschwinden Sie hier durch, Frerksen. Ihr Anblick soll dem Stuff nicht die Stimmung verderben.«
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»Nun, Herr Stuff, was ist geschehen, das die Leserschaft der ›Chronik‹ unbedingt wissen muß und das nur von mir zu erfahren ist?«
Stuff sagt mürrisch: »Ich sah eben Ihren Herrn Frerksen. Würden Sie vielleicht einmal diesem hohen Herrn sagen, daß er die Presse etwas besser behandelt? Auch Kollege Blöcker von den ›Nachrichten‹ klagt. Wenn wir etwas wissen wollen, hat er nie Zeit, winkt hochmütig ab. Nächstens sind wir auch mal nicht zu finden, wenn die Polizeiverwaltung etwas von uns will.«
»Frerksen hochmütig? Das habe ich nie gefunden. Ich fand ihn immer diensteifrig, freundlich.«
»Ihnen gegenüber.«
»Nein, nicht nur mir gegenüber. Aber ich verstehe schon, man kann in Altholm nicht verzeihen, daß der Volksschüler Polizeioffizier geworden ist. Man denkt noch immer an seinen Vater, der ja wohl städtischer Gartenarbeiter war.«
»Hausierer.«
»Sehen Sie. Man denkt immer daran.«
»Andere sind mehr geworden, und es ist recht. Dieser Frerksen ist nicht recht, weil er weder moralisch noch fachlich zum Offizier geeignet ist.«
»Er hat alle ihm auferlegten Aufgaben vorzüglich erledigt.«
»Auf glatter Straße können wir alle fahren. Warten Sie, bis es einmal holprig wird. Lassen Sie es heute bei der Bauerndemonstration nicht gut gehen …«
»Es wird keine Bauerndemonstration geben. Der Reimers ist nicht mehr hier im Zentralgefängnis, kann ich Ihnen vertraulich sagen. Ich gehe heute mittag in Urlaub.«
»Und wer vertritt Sie?«
»Frerksen!«
»Na ja. Ich kann Ihnen vertraulich oder nicht vertraulich sagen, Herr Bürgermeister, daß trotz des von Ihnen abtransportierten Führers demonstriert wird.«
|144| »Katzenstein hat den Transport gemacht. Das nebenbei. Und wird die ›Chronik‹ nun heute mittag die Nachricht bringen, daß Reimers nicht mehr hier und die Demonstration zwecklos geworden ist?«
»Reimers ist jedenfalls im Gefängnis. Wo, ist gleichgültig, ob in Altholm oder Stolpe – daß man dagegen demonstriert, ist wichtig. Auch diese Auffassung ist vertretbar.«
»Was haben Sie von den Bauern? Ihre Leserschaft ist das nicht. Übrigens, wie kann man mit Bombenlegern sympathisieren?«
»Man kann alles. Aber vorläufig ist durch nichts erwiesen, daß es Bauern waren.«
Der Bürgermeister sagt rasch und warm: »Herr Stuff, warum sind Sie mein Feind?«
Und Stuff, überrumpelt: »Ich bin Ihr Feind nicht.«
»Doch. Sie sind es seit immer gewesen. Ich habe Sie stets geachtet als Mensch, wenn wir auch politisch oft verschiedener Ansicht gewesen sind. Seien Sie gerecht gegen mich. Sagen Sie, was Sie gegen mich haben.«
»Zeitungsleute haben mit Gerechtigkeit nichts zu tun. Im übrigen habe ich nichts gegen Sie.«
»Dann bin ich beruhigt.«
Der Bürgermeister lehnt
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