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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Arzt, höhnend, zum Lazaretthauptwachtmeister: »Hielt es nicht mehr aus! Das Söhnchen! Ging nicht mehr, was? Na, mein Lieber, solche wie Sie, die kriegen wir hier schon klein. Mit solchen fahren wie hier ab …«
    Gesteigert: »Schlitten werden wir mit Ihnen fahren! Kommen |226| Sie mir nur, daß Sie krank sind, Sie Simulant, Sie! Arrest werde ich gegen Sie beantragen! Sie sollen mir nicht mehr aus diesem Loch.«
    Zum Hauptwachtmeister, plötzlich ganz ruhig: »Sehen Sie es sich an, dieses Jammergestell. So was bringt das ganze Gefängnis in Aufruhr. Nun hat er Tränen in den Augen. Schmach! So was will ein Deutscher sein! Zum Kotzen ist das!«
    Die Tür schrammt wieder zu. Das Licht geht aus.
    Im Dunkeln liegt Tredup, das Gesicht in den Decken, ein Heulen in der Kehle, das nur die Angst nicht laut werden läßt.
    Wie gehen sie mit mir um? Wie kann ich je einem Menschen wieder ins Gesicht schauen? Oh, ich halte es nicht aus, ich will heim, in die kleine Hofstube, zu Elise und den Kindern.
    Willi hat seine kleine Hand in meine gesteckt, hat sich an meinem Finger festgehalten. Er hat Vertrauen zu mir gehabt. Wer soll noch Vertrauen zu mir haben? Alles ist vorbei.
    Hätten sie mir nur nicht die Hosenträger fortgenommen. Ich müßte die Decke zerreißen.
    Er muß geschlafen haben, denn jetzt steht an seinem Bett wieder ein Mann in der graugrünen Uniform und rüttelt ihn an der Schulter.
    »He, Sie! Wie heißen Sie?«
    »Tredup.«
    »Kommen Sie mit, zum Direktor. Halt, gehen Sie auf Strümpfen, nehmen Sie Ihre Schlappen in die Hand. Die andern brauchen nicht aufzuwachen, es ist heute genug Klamauk gewesen.«
    Es ist ein stilles Gehen durch das schlafende Gefängnis, mit den Hunderten von Türen, hinter deren jeder einer schläft oder still wach liegt.
    Leise schlurft auf Hausschuhen der Wächter hinter ihm. »Dort die Treppe hinauf«, sagt er leise. »Hier den Gang entlang.«
    |227| Was wird bloß mit mir? fürchtet sich Tredup. »Werde ich schon bestraft? Hätten sie mich doch schlafen gelassen.«
    »So, hier.«
    Der Wachtmeister klopft gegen eine Tür, heller Lichtschein.
    »Na, denn gehen Sie nur rein. – Ziehen Sie erst Ihre Schuhe an.«
    Hinter einem Schreibtisch sitzt ein großer, glattrasierter Mann mit frischen Farben, einem freundlichen Gesicht, kahlem glänzendem Schädel. Das Zimmer ist sehr hell und sauber. Da sind Blumen …
    Tredup kommt sich alt, grenzenlos müde und sehr schmutzig vor.
    »So. Sie sind also Tredup.« Der Mann sieht ihn sehr lange an. »Sagen Sie, Herr Tredup, was war heute nachmittag mit Ihnen?«
    Tredup sieht den Herrn einen Augenblick an. Der ist anders, denkt er. Und laut: »Es kam einer rein in meine Zelle und sagte mir, draußen ständen Bauern. Und wenn ich um Hilfe riefe, würden sie kommen und mich frei machen.«
    Gefängnisdirektor Greve betrachtet ihn aufmerksam, und sein helles Gesicht wird irgendwie matter. »Sie haben geschlafen?« fragt er. »Sie haben geträumt?«
    »Ich habe nicht geschlafen. – Doch ja, ich hatte geschlafen«, sagt Tredup. »Aber es war ein Wachtmeister, ein Mann mit einem kleinen gelben Spitzbärtchen.«
    »Ein Mann mit einem kleinen Bärtchen«, wiederholt der Direktor langsam. »Wie alt sind Sie, Herr Tredup? – Sie sind verheiratet, nicht wahr? – Sie haben Kinder? – So, zwei. Sind sie alle gesund?«
    »Ich habe nicht geträumt«, beharrt Tredup. »Der mit dem Bärtchen war da und hat es mir gesagt.«
    »Sie haben nicht geträumt, nun schön. Aber wenn einer kommt und sagt Ihnen so etwas, tun Sie das dann gleich, ohne zu überlegen?«
    Tredup steht stumm.
    |228| »Sehen Sie, schließlich sind Sie doch in einem Gefängnis. Sie sind schon ein paar Tage hier, nicht wahr? Sie haben die Mauern gesehen und die Schlösser und die Beamten mit ihren Waffen?«
    Tredup schweigt.
    »Wenn der Hellbärtige Ihnen nun wirklich von Bauern gesprochen hat, wie dachten Sie sich das dann? Meinten Sie, die Bauern würden das Gefängnis überfallen und Sie frei machen? Wieviel Bauern standen denn vor Ihrem Fenster, als Sie schrien?«
    »Ich habe keine gesehen. Ich habe nur gerufen.«
    »Sie haben nur gerufen. Ohne Hoffnung. Bloß, weil es Ihnen einer gesagt hat?«
    »Weil er von Freiwerden gesprochen hatte.«
    »Ja so. Natürlich.« Der Mann senkt plötzlich den Blick. Nimmt Papiere in die Hände. Dann in einem andern Ton: »Weswegen ich Sie rufen ließ. Die Staatsanwaltschaft hat Ihre Außerhaftsetzung verfügt.«
    »Ja?« fragt Tredup ängstlich.
    »Ja. Heute

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