Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bauernjagd

Bauernjagd

Titel: Bauernjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
Vom Netzwerk:
ihre Schreie.
    Sie öffnete das Gartentor und ging auf die Haustür zu. Der Hof von
Hedwig Tönnes lag jenseits einer Wiese und war von ihrem Standpunkt aus gut zu
erkennen. Genau wie die Wallhecke, die zum Tatort am Rapsfeld führte. Hätte
Melchior Vesting zufällig in seinem Garten gestanden, hätte er den Täter
zweifelsfrei erkennen können.
    Sie erreichte den Eingang des Wohnbereichs, eine alte geschnitzte
Eichentür. Natürlich gab es keine Klingel, und sie hob die Hand, um zu klopfen.
Doch dann hielt sie inne. Zwischen ein paar Sträuchern entdeckte sie ein
winziges Fachwerkhäuschen, kaum mehr als ein paar Quadratmeter groß und mit
einem Schindeldach.
    Sie fühlte sich wie in einem Freilichtmuseum: Das musste ein altes
Backhaus sein. Sie hatte nicht geglaubt, dass es so etwas überhaupt noch gab.
Neugierig ging sie durch das hohe Gras auf das verfallene Gebäude zu. Ein
Schornstein ragte heraus, die Tür hing schief im Rahmen.
    Dann bemerkte sie etwas im Schatten an der Wand. Dort lag ein
Gegenstand im Gras verborgen. Sie konnte nicht erkennen, was es war. Oben ragte
eine große Schlinge heraus. Sie machte einen weiteren Schritt darauf zu.
    »Gehen Sie da weg!«
    Heike erstarrte. Ein Mann war in der Haustür aufgetaucht, seine
Stimme dröhnte durch den Garten. Sie wandte sich langsam um.
    »Sie sollen da weggehen!«
    Heike hob entschuldigend die Hände. Sie schätzte den Mann auf Anfang
fünfzig, er hatte dunkle und tief liegende Augen und wirkte, als hätte er seit
Tagen nicht mehr richtig geschlafen.
    »Herr Melchior Vesting?«, fragte sie.
    »Was wollen Sie? Sie haben hier nichts zu suchen, das ist ein
Privatgrundstück. Verschwinden Sie, oder ich hole mein Jagdgewehr.«
    »Mein Name ist Heike Holthausen. Ich komme von der Mordkommission.«
    Er zögerte, dann nickte er. »Also gut.«
    »Ich würde Ihnen gern ein paar Fragen stellen. Vielleicht können wir
kurz reingehen?«
    Er musterte sie widerwillig und blieb in der Tür stehen.
    »Ihre Kollegen sind bereits hier gewesen, direkt nach dem Mord an
Heinrich Uhlmann. Ich habe nichts beobachtet, das habe ich denen schon gesagt.«
    »Natürlich. Trotzdem habe ich noch ein paar Fragen. Es wird nicht
lange dauern, versprochen.«
    Er stieß ein Grunzen aus und zog die Tür auf. Heike folgte ihm in
die düstere Diele. Auch dort schien die Zeit stehen geblieben zu sein. Ein
großer Kamin dominierte den Raum, es roch nach kaltem Feuer und geräucherter
Wurst. Die Steinplatten auf dem Boden waren uneben und voller Risse, die gekalkten
Wände vom Ruß geschwärzt. Der wuchtige Eichentisch in der Mitte des Raums war
umgeben von gedrechselten Stühlen. Heike fragte sich, ob Melchior Vesting ihr
einen Platz anbieten würde, doch er blieb mit verschränkten Armen stehen und
blickte sie abwartend an.
    »Von Ihrem Garten aus haben Sie einen guten Blick auf den Tatort. Wo
waren Sie, als die tödlichen Schüsse auf Heinrich Uhlmann fielen?«
    »Das weiß ich nicht mehr. Vielleicht habe ich auf dem Hof
gearbeitet. Vielleicht war ich aber auch hier im Wohnhaus. Jedenfalls habe ich
nichts gesehen.«
    »Sie müssen die Schüsse aber doch gehört haben.«
    »Natürlich habe ich Schüsse gehört. Die Jäger waren schließlich bei
der Treibjagd. Später habe ich dann die Polizeifahrzeuge am Feldweg gesehen und
den Notarztwagen.«
    »Und Sie können sich nicht mehr erinnern, wo Sie vorher gewesen
sind?«
    »Wahrscheinlich habe ich die Hühner gefüttert. Ich kann nur
wiederholen, dass ich nichts von allem mitbekommen habe.«
    Heike nickte. »Sie waren früher selbst ein Jäger, nicht wahr?
Ziemlich leidenschaftlich sogar, habe ich mir sagen lassen. Weshalb haben Sie
damit aufgehört?«
    »Aus privaten Gründen.«
    »Könnten Sie das ein wenig näher erläutern?«
    »Ich glaube nicht, dass Sie das etwas angeht.«
    »Herr Vesting, wir versuchen einen Mord aufzuklären. Die kleinsten
Details können von Bedeutung sein.«
    Er sah sie widerwillig an.
    »Es hat Streit gegeben«, sagte er dann.
    »Streit? Mit wem?«
    »Nicht mit Heinrich Uhlmann.«
    »Sondern?«
    »Es herrschten Uneinigkeiten, was den Vorstand betraf. Ich hatte zu
der Zeit ohnehin überlegt aufzuhören. Mir passte einfach die Art einiger Jäger
nicht.«
    »Wessen Art passte Ihnen denn nicht?«
    »Es bringt nichts, irgendwelche Namen zu nennen. Das alles ist schon
sehr lange her, ich bin seit über zehn Jahren nicht mehr dabei. Man versteht
sich einfach nicht mit allen Leuten, so ist das Leben.«
    »Aber die

Weitere Kostenlose Bücher