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Bauernjagd

Bauernjagd

Titel: Bauernjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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werfen. Dann ging sie zurück zum
Wagen. Wenn sie sich beeilte, würde sie rechtzeitig wieder in Münster sein,
bevor die Polizeikantine den Mittagstisch schloss.
    Ludwig Schulze Ahlerkamp sah, wie ein Wagen aus seinem
Waldstück herausfuhr und auf die Straße in Richtung Münster bog. Offenbar
stammte er nicht aus Erlenbrook-Kapelle. Vielleicht ein Durchreisender, der
nach Pilzen Ausschau gehalten hatte. Verfluchte Städter, dachte er. Die sollen
sich von meinem Grund und Boden fernhalten. Er wandte sich ab und ging weiter
zum Schweinestall.
    Gerade wollte er die Stalltür öffnen, als er eine Bewegung hinter
den Eichen bemerkte. Offenbar drückte sich dort jemand herum.
    »Manfred, bist du das?«
    Eine Gestalt löste sich aus dem Schatten der Eichen.
    »Hallo, Ludwig.«
    Im ersten Moment war er sprachlos. Mit diesem Besuch hatte er nicht
gerechnet.
    »Was machst du denn hier?«, fragte er perplex.
    »Ich war gerade drüben auf dem Feld, und da habe ich dich hier
gesehen. Du wolltest mir doch mal deine Biogasanlage zeigen. Das würde mich
interessieren.«
    »Na klar, kein Problem.«
    Das hatte er einmal so dahergesagt. Ohne im Geringsten damit zu
rechnen, dass sein Angebot tatsächlich angenommen werden würde. Irritiert
machte er ein paar Schritte auf die Anlage zu.
    »Komm mit. Ich zeig sie dir.«
    Es waren schon häufig Nachbarn da gewesen, um sie zu besichtigen. Er
war geübt darin, ihre Funktionen zu erklären. Gemeinsam traten sie an den
Gasspeicher, und er gab einen knappen Überblick.
    »Ist ja alles sehr gewaltig hier.«
    Er nickte. »Teuer genug war sie jedenfalls.«
    »Und wo kommen die Sonnenblumen und der Mais rein?«
    »Da vorne ist der Tank für die Biomasse.«
    »Kann ich den mal sehen?«
    Er runzelte die Stirn. »Klar.«
    Irgendetwas stimmte hier nicht. Es ging doch gar nicht um die
Anlage. Was sollte dieses Theater? Er führte seinen Besuch zu dem drei Meter
hohen Metalltank, stieg die schmalen Eisentreppen hinauf und hielt sich an der
Kante fest.
    »Vorsicht, hier kann man schnell abrutschen.«
    Oben angekommen, blickten sie über den Rand. Riesige Stahlmesser
arbeiteten sich spiralförmig durch die Biomasse. Ludwig hatte vor einer halben
Stunde Maissilage und ein paar Strohballen hineinbefördert und danach die
Maschinen eingeschaltet. Jetzt bewegten sich die Messer kraftvoll hindurch. Die
Masse wurde zerteilt, durchmengt, verknetet und dann langsam in die Tiefe
gezogen, wo immer schmalere Messer sie bearbeiteten, bis schließlich nur noch
ein mehliger Brei übrig war, der am Boden des Tanks von einer Schnecke
verschluckt wurde.
    »Die Schnecke befördert das Zeug in den Fermenter«, erklärte er.
»Das geht durch das Rohr da vorne. Und dann kommen die Bakterien …« Im
Augenwinkel sah er eine Bewegung. »Was …«
    Doch bevor er reagieren konnte, traf ihn der Hammer am Hinterkopf.
Ein dumpfer Schlag, danach explodierten die Schmerzen. Er taumelte, krallte
sich am Rand des Tanks fest. Nackte Panik erfasste ihn, doch es war zu spät.
Ein weiterer Schlag folgte, in seinem Kopf zersplitterte etwas. Die Welt begann
sich zu drehen.
    Ein kleiner Stoß reichte aus, ihn über den Rand zu befördern. Er sah
noch die schmutzig grüne Biomasse auf sich zuschnellen, dann verlor er das
Bewusstsein.

14
    Hambrock stand an seinem Bürofenster und blickte hinaus.
Es war beinahe windstill, in der Sonne kletterten die Temperaturen auf bis zu
zwanzig Grad. Er massierte seine verspannte Schulter, dann warf er einen Blick
auf die Berge von Akten, die sich auf seinem Schreibtisch türmten.
    Egal. Er schnappte sich seinen Autoschlüssel und verließ das Büro.
Auf dem Flur begegnete ihm die Sekretärin.
    »Ich bin in einer knappen Stunde wieder da«, sagte er im
Vorbeigehen. »Ich esse heute auswärts.«
    »Dann bis später.«
    »Ach …« Er hielt kurz inne. »Wenn Heike Holthausen in der
Zwischenzeit zurückkommt, sagen Sie ihr doch bitte, sie soll mich anrufen.«
    »Mache ich. Guten Appetit.«
    Er trat auf den Parkplatz und atmete die warme, duftende Luft ein.
Es war gut, einmal rauszukommen. Wer wusste schon, wie lange man die Sonne noch
genießen konnte, bevor der Winter kam.
    Am Morgen hatte er ein Gespräch mit Renate Uhlmann geführt. Sie war
auf seine Bitte hin nochmals ins Präsidium gekommen. Er war bemüht gewesen, die
Befragung in einem freundlichen Ton zu führen. Schließlich hatte die Frau innerhalb
von drei Monaten den Großteil ihrer Familie verloren. Erst den Schwager, dann
die Schwester und

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