Bauernjagd
wirkte
sie unkonzentriert oder erregt.«
»Klar. Kein Problem.«
»Wir sollten auch noch mal mit den Töchtern …«
Er stockte. Auf der Straße entdeckte er Erlend. Sie spazierte mit
ihrem Arbeitskollegen über den Platz mit den Springbrunnen, in der Hand eine
Eistüte. Es war Tobias Teuber, ihr junger Kollege, mit dem sie das Büro teilte.
Hambrock und Erlend hatten sich schon einige Male mit ihm und seiner Freundin
zum Essen getroffen.
Er lächelte. »Warte mal kurz«, sagte er zu Heike.
Dann kurbelte er das Fenster herunter. Er wollte hupen und auf sich
aufmerksam machen. Aber dazu kam es nicht. Erlend hakte sich bei ihrem Kollegen
ein und lehnte den Kopf an seine Schulter. Der Mann sagte etwas, und beide
lächelten. Es lag Vertrautheit zwischen ihnen, sie wirkten wie ein
eingespieltes Paar, das nicht viele Worte brauchte. Langsam schlenderten sie
weiter, Hambrock blickte ihnen nach, bis sie verschwunden waren.
»Hambrock? Hambrock!«
Ihm wurde schwarz vor Augen. »Ja … ich bin hier.«
»Was ist denn los bei dir?«
»Nichts. Ich dachte nur, ich hätte etwas gesehen.«
»Ich soll also noch einmal mit den Töchtern von Renate Uhlmann
sprechen?«
»Genau.« Er krallte sich am Lenkrad fest. »Wir sind bislang davon
ausgegangen, dass sie während des Schützenfestes nicht in Erlenbrook-Kapelle
waren. Aber offenbar stimmt das nicht. Zumindest zum Mittagessen waren sie kurz
auf dem Hof ihrer Eltern. Versuche herauszufinden, wie spät sie dort
eingetroffen sind und wann ihre Mutter sich auf den Weg zum Festzelt gemacht
hat.«
»Alles klar.« Heike wartete. »Sonst noch was?«
»Nein, nein. Das ist alles. Wir sehen uns.«
Er beendete das Gespräch und ließ das Handy langsam sinken. Dann sah
er zu der Stelle, an der gerade noch seine Frau gewesen war. Er starrte unbewegt
durch die Windschutzscheibe. Das chinesische Essen auf dem Beifahrersitz wurde
langsam kalt.
Heike legte den Hörer auf die Gabel. Es war Guido Gratczeks
Apparat gewesen. An seinem missbilligenden Blick erkannte sie, was er davon
hielt, dass sie sich während des Gesprächs auf seine Tischkante gesetzt hatte.
»Alles geklärt?«, fragte er, und sie hörte, was in dieser Frage
mitschwang: Dann kannst du ja jetzt wieder verschwinden.
Sie schenkte ihm ein süßes Lächeln. »Alles geklärt. Bis später,
Schatz.«
Seinen finsteren Blick ignorierte sie, wandte sich ab und ging zur
Tür. Mit der Hand auf der Klinke fiel ihr etwas ein.
»Ach, Guido, bevor ich es vergesse …«
Er fixierte bereits wieder den Bildschirm seines Computers. »Was
denn?«, fragte er unwillig.
»Du hast doch so einen guten Draht zu den Kollegen aus der
Kriminaltechnischen Untersuchung.«
»Und weiter?«
Sie kramte die Patronenhülse, die sie von Vesting mitgenommen hatte,
aus ihrer Jackentasche hervor und legte sie auf seinen Schreibtisch.
»Vielleicht kannst du die Kollegen bitten, sich das mal anzusehen.
Quasi in der Kaffeepause.«
»Wieso? Was ist das?«
»Zumindest ist es kein offizielles Beweisstück.«
Er hob eine Augenbraue.
»Die gehört Melchior Vesting«, erklärte sie. »Aus seinem
Munitionslager sozusagen. Es ist die gleiche Schrotmunition, mit der auf
Heinrich Uhlmann geschossen wurde. Und sie ist offenbar alt. Ich dachte,
vielleicht können die Kollegen mal überprüfen, wie weit der Oxidationsprozess
vorangeschritten ist.«
»Ich nehme einmal an, dass Herr Vesting dir die Munition nicht
freiwillig ausgehändigt hat. Sonst wäre das hier kaum inoffiziell.«
»Er hat mich mit seinem Waffenschrank alleine gelassen! Was sollte
ich denn tun?«
Guido steckte die Patrone mit einem skeptischen Blick ein. »Also
gut. Ich werde sehen, was sich machen lässt.«
»Super! Sag mir Bescheid, sobald du etwas weißt.«
»Geht schon klar. Aber jetzt lass mich endlich weiterarbeiten.«
Sie deutete eine Verbeugung an und verließ das Büro.
15
Die erste Begegnung zwischen Bernd und ihrer Familie
verlief wesentlich besser, als Annika gehofft hatte. Alle waren höflich und
zuvorkommend, nicht einmal Marita sagte etwas Unpassendes. Selbst als Bernd
einen etwas missglückten Scherz machte, um die Situation aufzulockern, lachte
Marita höflich und schluckte jeden Kommentar herunter.
Nach der Begutachtung durch die Familie setzte sich Annika mit Bernd
nach draußen, um über die Arbeit zu sprechen. Sie hatte Neuigkeiten, die sie
Bernd erzählen wollte. Vor allem wollte sie mit ihm über Melchior Vesting
reden. Bernd war ebenfalls in die Hintergründe des
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