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Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)

Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)

Titel: Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Walz
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weiter in ihm, und er gab dem zerlumpten Hund noch die relevanten Meter, dann trat er ihm mit voller Wucht die Beine weg.
    Zielhausen schlug ungebremst zu Boden, drehte sich mehrmals um die eigene Achse und knallte schließlich mit dem Brustkorb gegen den von Siran anvisierten Laternenpfahl. Der Schmerzensschrei durchschnitt gellend den stillen Abend.
    Sophie hatte sich nur durch einen harten Schlag auf den Solarplexus des Mannes, der sie festhalten wollte und nun atemlos wegtaumelte, genügend Luft verschaffen können, um den beiden zu folgen. Jetzt bog sie um die Kurve und sah, wie Siran einen dünnen Arm kräftig nach hinten bog und sich auf Zielhausens Rücken kniete, wobei er den erneuten Schrei zu überhören schien. Er kochte offensichtlich vor Wut, denn das Ratschen des Kabelbinders war weithin zu hören und übertönte sogar das dritte Aufjaulen. »Du hast mir eine Rippe gebrochen, du mieser Kaffer!« Er heulte auf, doch als Siran ihm den Kopf an den Haaren weit in den Nacken bog und etwas Unverständliches in das Ohr unmittelbar unter den Hakenkreuzen murmelte, verstummte er und stöhnte nur noch schweigend vor sich hin, bis die uniformierten Kollegen kamen und ihn in den Bus luden.
    »Was war los?«, wollte Sophie wissen.
    »Nichts.« Siran drehte sich mit maskenhafter Miene um und ging zum Auto.

    *

    Es war schon spät, aber Claudia war noch im Atelier beschäftigt. Sie hatte an den Vortagen die Silikonformen mit Gips überzogen und war nun dabei, die Figuren zu entnehmen. Hierzu benutzte sie eines der extrem scharfen Skalpelle, mit denen Stefan Güttler sonst seine Leichen bearbeitete, und schnitt nun vorsichtig den Silikon-Gips-Mantel auf. Ein weiterer Schritt zur fertigen Skulptur war gegangen, sie genoss diesen Augenblick, auch wenn sie Johannes gerne dabei gehabt hätte. Es knirschte leise, und feine Gipspartikel bedeckten ihre Hände. Aus der Stereoanlage dudelte ruhige Popmusik, alte Schinken zwar, doch sie kannte viele Texte und sang wie immer schief mit. Als Norah Jones sich durch »I’ve got to see you again« seufzte, klingelte das Telefon.
    »Jetzt nicht!« Sie ignorierte die Störung, der Anrufer jedoch gab nicht auf. Ihre Konzentration schmolz dahin, und sie legte das Messer beiseite, um den Apparat zu greifen, der auf dem Tisch lag, als das Klingeln verstummte. Zum Glück hatte sie den Nebenanschluss gegenüber der Schlafzimmertür ausgestöpselt, damit Johannes nicht gestört wurde.
    Sie fluchte leise, nutzte aber die Unterbrechung, um einen weiteren Buchenholzscheit in den Ofen zu stopfen, denn es war merklich kühl geworden. Dann nahm sie die Arbeit wieder auf. Nach wenigen Minuten hatte sie den Mantel aufgetrennt und das obere Formteil abgehoben. Ihr Tonoriginal, das aus der zweiten Schale herausschaute, zog sie nun vorsichtig hervor und stellte es auf das Regal gleich neben der Tür, auf dem sie ihre Originale verwahrte. Sie lächelte: Wie Michel aus Lönneberga. Der Abdruck war perfekt, das sah sie sofort, als sie die Teile gegen das Licht hielt und kritisch betrachtete. Nun stand die Prozedur mit Flüssigwachs an. Hierzu musste sie die beiden Hälften fest zusammenbinden und über eine Öffnung mit flüssigem Wachs befüllen. Die Form war dabei sorgfältig in alle Richtungen zu drehen, damit das Wachs jede noch so kleine Vertiefung der Figur ausfüllte. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihr, dass es schon fast Mitternacht war, und sie zögerte. Henriette wäre spätestens um halb sieben auf den Beinen, und Johannes würde es nicht länger zu Hause halten. Der Fall trieb ihn zur Arbeit.
    Wieder das Telefon. Sie schaute auf das Display, die Nummer des Anrufers war unterdrückt. Niemand aus dem Präsidium. Während sie sich wunderte, wer um diese Uhrzeit anrief, stellte sie die Verbindung her.
    »Herr Lichthaus?« Eine raue, kratzige Stimme.
    »Nein, mein Mann ist zu Bett.«
    »Wie schön, Sie zu sprechen.« Ein zynisches Lächeln, das Claudia einen kalten Schauer über den Rücken rinnen ließ, war ihm anzuhören. Sie startete den Mitschnitt.
    »Wer sind Sie?«
    »Mein Namen muss leider unerwähnt bleiben, nur so viel: Ihr Gatte jagt mich.«
    Sie schluckte alle Anzeichen einer beginnenden Panik hinunter, während ihre Hände den Hörer umkrampften. »Da kann ich ja wohl kaum helfen.« Ihre Worte flatterten aufgeregt wie kleine Vögel. »Rufen Sie morgen wieder an, dann können Sie ihn erreichen.«
    »Fürchten Sie sich nicht, wir werden Ihnen und Ihrer entzückenden Tochter nichts antun,

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