Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)
erste Beziehung, die zerbrach, doch noch nie hatte sie sich so besudelt gefühlt. Er hatte sie in sein Büro gerufen und ihr mit jedem Wort zu verstehen gegeben, dass sie für ihn nur ein nebensächlicher Zeitvertreib gewesen sei, nett in ihrer Naivität, jetzt sei aber Schluss damit. Außerdem sei sie auf diesem Weg ja schon ziemlich weit gekommen. Die Ohrfeige, die sie ihm auf diese Bemerkung hin gab, hinterließ tiefrote Striemen in seinem Gesicht. Er sprang auf und konnte sich nur mühsam beherrschen, nicht zurückzuschlagen. Danach hatte er sie kaltgestellt. Viele Aufgaben wurden an eine Praktikantin übergeben und sie an Kollegen ausgeliehen, die Hilfe bei stupiden Sonderaufgaben brauchten.
»Und später?«
»Ist es zum Streit gekommen. Rein privat.«
»Inwiefern?«
»Er hat die Beziehung unschön beendet, und wir sind immer mehr auseinandergedriftet.«
»Knapp drei Jahre sind eine lange Zeit. Wie war er als Chef?«
»Im Bett toll, ansonsten arrogant, herrisch und unfair.«
»Alles erlebt?«
»Alles.«
Der junge Polizist lächelte süffisant. »Und als es so toll gewesen ist, haben Sie doch sicherlich so einiges mitbekommen?«
»Wie meinen Sie das?«
Immer noch ein Lächeln, jetzt aber einnehmend. »Ihre privaten Erfahrungen, so negativ sie möglicherweise gewesen sein mögen, interessieren uns weniger. Man hat Kaiser gefoltert und dann regelrecht hingerichtet. Wir suchen nach Personen, die Grund genug hatten, ihn so abzuservieren. Fällt Ihnen da jemand ein?«
Sein geschliffenes Deutsch überraschte sie. »Auf Anhieb nein. Hat der Mord etwas mit dem an Görgen zu tun?«
Lichthaus stieg wieder ein: »Wie kommen Sie darauf?«
»Nun, der ist doch in der letzten Woche getötet worden, und die beiden kannten sich von früher, waren wohl mal ziemlich dicke miteinander. Zu meiner Zeit war das allerdings schon vorbei. Wir sind einmal zur Besichtigung des Hofs dort gewesen, den Namen habe ich vergessen, jedenfalls hat uns dieser alte Bauer herumgeführt.«
»Ja, es gibt Anzeichen dafür, dass die Morde zusammenhängen. Was wissen Sie über die Geschäfte?«
»Sie haben wohl einige Deals zusammen abgewickelt, aber das war vor meiner Zeit.«
»Mehr nicht?«
»Nein. Görgen ist damals nie in Mainz gewesen. Der Sohn, Roland, allerdings schon. Er ist mehrfach hier aufgetaucht. Nicht im Ministerium, sondern in Kaisers Wohnung und in einem Restaurant am Stadtrand. Egbert hat mich nie mit zu diesen Treffen genommen. Als ich ihn einmal dort abgesetzt habe, ist Roland mit noch zwei Männern in ein Zimmer hinter dem Gastraum gegangen. Die drei haben mich nicht gesehen.«
»Wieso betonen Sie das?«
»Ich musste schnell zur Toilette und habe sie durch den Türspalt gesehen. Das Ganze hat irgendwie konspirativ gewirkt. Das Lokal, das Hinterzimmer und so.«
»Was war damit?«
»Eine Kaschemme. In so etwas hätte Egbert sich sonst niemals verirrt.«
»Wissen Sie den Namen?«
»Ja, der war so lächerlich, dass ich ihn mir merken konnte: Matrjoschka, wie diese Stapelpuppen. Einer der Männer war mir vorher schon mal über den Weg gelaufen, ich weiß aber nicht mehr wo.«
»Der Name wäre wichtig.«
Sie nickte. »Ich werde drüber nachdenken.«
»Molitor behauptet, Kaiser sei bestechlich gewesen?«
»Er war nicht wirklich bestechlich, doch wenn ihm jemand etwas zugesteckt hat, war das für ihn in Ordnung. Er wird wohl in den letzten Jahren wenig Weißwein gekauft haben.« Gedankenverloren schüttelte sie den Kopf. Kaiser hatte viel rumgekungelt, und sie wusste darüber Bescheid und hatte wissentlich davon profitiert. Laufend hatten Leute angerufen und seinen Einfluss ausnutzen wollen. Er half, verlangte jedoch später Gegenleistungen. Ließ sich aushalten oder einen Wochenendurlaub spendieren, und sie war immer dabei. In wenigstens einem Fall floss Geld. Ein Umschlag mit Scheinen fiel aus seiner Tasche, er aber lachte nur und sprach von einer kleinen Gratifikation. Sie hatte ihn damals nicht angezeigt und sich somit strafbar gemacht, also schwieg sie nun auch, wollte es wegdrücken, das Kapitel beenden.
Der junge Beamte riss sie aus ihren Gedanken: »Nun gut, noch mal zurück. Fällt Ihnen niemand ein, der große Wut auf ihn gehabt haben könnte?«
»Sein Privatleben hat völlig in Trier gespielt. Mich hat er da rausgehalten, wenig erzählt. Beruflich hat es sicherlich mal Meinungsverschiedenheiten gegeben, aber deshalb bringt man doch niemanden um. Und alle Angelegenheiten, die ich seinerzeit auf den
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