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Bauernopfer

Bauernopfer

Titel: Bauernopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Peter
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nach Fingerabdrücken suchte.
    »Moing! Dürf’ ma reinkommen, oder machen wir was kaputt?«, fragte Charly.
    Fischer begrüßte seine Kollegen und winkte sie herein: »Bin grad fertig. Da im Gang schaut’s schlecht aus mit Spuren. Der Chef arbeitet in der Küche. Kommt’s mit.«
    Auf dem Weg durchs Haus fiel Charly ein modriger Geruch auf. Fischer fasste die bisherigen Erkenntnisse zusammen. Die Untersuchung des Stalles hatte nichts Neues ergeben. Auch mit einem Metalldetektor war die Patronenhülse nicht aufzufinden. Der Nachbar hatte sich heute Morgen wieder um das Vieh gekümmert. Dadurch war der Boden im Stall noch mehr mit Heu und Gras bedeckt als gestern, und Spuren konnten dort nicht mehr gesichert werden. Scheune und Geräteschuppen waren ebenfalls abgearbeitet. Sie spielten augenscheinlich in dem Fall keine Rolle; dort war die Arbeit mit einer kurzen Videosequenz und ein paar Fotos erledigt.
    So wie es aussah, hatte Bichler im Wohnhaus nur wenige Zimmer und ein kleines Bad genutzt. Am Ende eines schmalen dunklen Ganges lag das Schlafzimmer. Dort war nur eine Hälfte des Doppelbettes zum Schlafen hergerichtet, in der anderen Hälfte lag eine fadenscheinige Matratze ohne Bezug. Neben dem Bett nahm ein hellbrauner Kleiderschrank im Glanzlackdesign der sechziger Jahre die ganze Wand ein. Ohne die Spiegeltüren des Schrankes zu öffnen, wusste Charly, dass sich nicht viel Wäsche im Schrank befinden würde, denn neben dem unbenutzten Bett türmte sich Kleidung in zwei Haufen. Der eine Berg bestand aus unachtsam hingeworfener, getragener Wäsche, der andere aus zusammengelegten Hemden, Hosen und Pullovern.
    Vom Flur aus führte die nächste Tür in ein Wohnzimmer, dessen Mobiliar samt Vorhängen und Tapeten aus einem Wirtschaftswundermuseum zu stammen schien: eine Schrankwand in Eiche furniert, eine hellgrüne Couchgarnitur mit gesticktem, dunkelgrünem Blumenmuster, ein Couchtisch mit gefliester Tischplatte und ein Fernsehgerät auf einem Tischchen in der Ecke. Damit war der kleine Raum erdrückend ausgefüllt.
    Als sie weitergingen und an der Treppe zum Obergeschoss vorbei kamen, beantwortete Fischer Charlys fragenden Blick durch Kopfschütteln und Abwinken. Im Obergeschoss befanden sich weitere drei Zimmer, die aber nur als Abstellkammern genutzt wurden und bis obenhin mit Gerümpel vollgestopft waren.
    Die Wohnküche war der größte Raum. Dort trafen sie auf Fischers Chef, der gerade zwei Kaffeetassen in Plastikbeuteln verstaute. Der Fußboden war mit graublauem Linoleum ausgelegt, das im Bereich der cremefarbenen Küchenzeile viele Brand- und Fettflecken aufwies. Auch unter der Eckbank war der Bodenbelag so stark abgenutzt, dass bereits der Estrich darunter durchschimmerte. Die Sitzflächen der Eckbank waren mit blauem, die Rückenlehnen mit rotem Plastik bezogen. Ungeachtet dieser farblichen Ausgestaltung waren mehrere Stellen mit braunem Paketklebeband ausgebessert worden. Über der weißen Resopal-Tischplatte, die jetzt schwarz war vom Ruß der Spurensicherer, baumelte eine flacher, lindgrüner Lampenschirm, dessen nackte Glühbirne im Augenblick nicht gebraucht wurde, da die Strahlen der Herbstsonne sich ihren Weg ins Zimmer durch das Fenster gegenüber der Essecke suchten und den in der Luft tanzenden Staub in helles Licht tauchten, wie Bühnenscheinwerfer das NDR-Fernsehballett. Blumen, Bilder, Ziergegenstände oder irgendetwas Persönliches suchte man in der Küche und in den anderen Zimmern vergebens.
    »Also einerseits war der Bichler vermutlich recht ordentlich«, resümierte Fischer. »Hier liegt absolut nichts rum. Er hat immer alles gleich aufgeräumt. Aber so richtig sauber gemacht, mit Putzlumpen und Wasser und Zitrusduft hat er anscheinend schon lange nicht mehr.« Dabei fuhr er mit dem Finger übers Fensterbrett und ließ unzählige kleine Staubwolken in den Sonnenstrahlen wirbeln.
    »Habt Ihr irgendwo einen Abschiedsbrief gefunden?«, fragte Sandra.
    Fischers Chef, Hauptkommissar Beck, übernahm die Antwort: »Nein, bis jetzt ist noch nichts Derartiges aufgetaucht. Das einzige Schreibzeug, einen Block und ein paar Kugelschreiber, haben wir in dem Schubladen draußen unter dem Telefon gefunden. Der Block ist leer, aber wir nehmen ihn trotzdem mit, vielleicht hat sich etwas durchgedrückt.«
    Fischer berichtete von einigen brauchbaren Fingerabdrücken, die sie an verschiedenen Stellen gefunden hatten. Am hoffnungsvollsten sprach er von zwei benutzten Kaffeetassen, die in der

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