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Bauernopfer

Bauernopfer

Titel: Bauernopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Peter
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die Tür hinter sich geklopft. Nachdem sie die Herrschaften von der Kripo angekündigt hatte, durften Charly und Sandra eintreten.
    Gesslers Büro war nicht größer als das der Vorzimmerdame. Aber hier bestand der Boden aus Parkett, und zwei Wände waren bis knapp unter die Decke mit Holz vertäfelt. Bodenlange weinrote Vorhänge säumten beide Fenster und unter dem breiten Schreibtisch lag ein Teppich. Hinter diesem Schreibtisch trat Gessler hervor und streckte ihnen die Hand entgegen.
    »Grüß Sie Gott! Wir haben schon gerätselt, wann Sie zu uns kommen werden.« Dabei lächelte er ein gewinnendes Vertragsabschlusslächeln. Er sah genauso aus, wie Charly sich den Chef dieser Firma vorgestellt hatte. Zwar trug er einen grauen Anzug mit Weste, wirkte aber, als wäre ihm körperliche Arbeit in Hemdsärmeln lieber. Auch seine stattliche Figur sprach dafür, dass er gerne noch selbst zulangte. Er war nicht dick, aber kräftig und mindestens einen Kopf größer als Charly. Doch wie sein Betrieb, so hatte auch Gessler die besten Jahre hinter sich. Seine mindestens 60, oder noch ein wenig mehr, konnte man ihm bei genauer Betrachtung ansehen: Der Haaransatz war schon sehr weit nach oben gewandert und die grauen Haare in der Mitte nur noch spärlich vorhanden. Tiefe Falten hatten sich in die Stirn eingegraben. Nur die flinken, strahlend blauen Augen wirkten, als wären sie nicht bereit, älter zu werden. »Danke, Frau Berthold«, sagte er.
    Die Sekretärin lächelte ihn an und schloss die Tür.
    Er bat Sandra und Charly vor dem Schreibtisch Platz zu nehmen und setzte sich selbst wieder in seinen Sessel. Auf dem Tisch lag eine Unterschriftenmappe; ansonsten standen dort außer Telefon, Laptop und Diktiergerät nur ein leerer Eingangs- und ein gefüllter Ausgangskorb.
    Sieht aus, als wäre der Chef für heute fertig mit der Arbeit, dachte Charly. »Warum haben Sie gerätselt, wann wir kommen?«
    »Weil ich gehört habe, dass Sie beim Gewerbeverband auch schon waren, wegen der Geschichte mit den Grundstücken. Und weil ich auch ein Grundstück vom Bichler kaufen wollte, bin ich bestimmt auch verdächtig.«
    »Verdächtig nicht gleich. Aber wir müssen es halt überprüfen.«
    »Versteh ich ja.«
    »Um welches Grundstück geht’s denn eigentlich, Herr Gessler?«
    Gessler stand auf, ging ans Fenster und winkte die Beamten zu sich heran.
    »Das Feld da, hinter der Halle.« Er deutete auf das große Areal, das an den Parkplatz angrenzte. Von hier aus betrachtet, mit dem engen Firmenhof vor sich, dem Stausee unmittelbar zur Rechten und den Straßen direkt zur Linken, kam einem die Weite, mit der sich das Land Richtung Südwesten öffnete, direkt arrogant vor. Und dieses erste Feld lag davor und provozierte regelrecht.
    »Wie sind denn die Verhandlungen verlaufen, und wann war das?«, fragte Charly, als sie sich wieder gesetzt hatten.
    Gessler erzählte, dass es jetzt ungefähr ein Jahr her sei, seit er Bichler das erste Mal angesprochen hatte. Damals war Bichler mit seinem klapprigen Traktor auf dem Feld herumgekurvt und Gessler einfach nach unten gegangen, um ihn zu fragen. Bichler hatte rundheraus abgelehnt. Nie und nimmer verkaufe er an so einen fetten Geldsack, hatte er geschrien und sich dann in einen regelrechten Tobsuchtsanfall gesteigert.
    »Haben Sie es dann noch mal probiert?«
    Zwei Versuche hatte Gessler noch gestartet. Beim ersten hatte er Bichler auf dessen Hof besucht, um ihm ein deutlich höheres Angebot zu unterbreiten. Doch das Resultat war das gleiche wie beim ersten Gespräch. Ein weiteres Mal, als er mit Bichler verhandeln wollte, war er gar nicht auf den Hof gekommen, weil Bichler ihm sofort mit einer Mistgabel entgegengerannt kam. Das war im Frühjahr. Seitdem hatte er mit Bichler nicht mehr gesprochen.
    »Darf ich fragen, warum Sie das Grundstück unbedingt wollen?«, schaltete sich Sandra ein.
    »Unbedingt will ich es nicht«, antwortete Gessler und der Blick, mit dem seine blauen Augen Sandra musterten, ließ erahnen, dass ihn Frauen schon immer interessiert hatten und er von altersbedingter Zurückhaltung gar nichts hielt. »Es geht da um ein anstehendes Projekt unseres malaysischen Geschäftspartners. Ich kann den Auftrag nur annehmen, wenn ich die Firma erweitern kann, sonst haben wir die Kapazitäten nicht.«
    »Also ist das Grundstück lebenswichtig für die Firma?«
    Gessler lehnte sich in seinem Sessel zurück. »Wenn ich jetzt noch 15 oder 20 Jahre jünger wäre, dann vielleicht. Aber so. Ich

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