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Bauernopfer

Bauernopfer

Titel: Bauernopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Peter
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klingen. Aber Frau Berthold verneinte. Abendessen sei schon vorbei und sie könne leider nichts mehr anbieten. Obwohl Charly niemals bei Frau Berthold gegessen hätte, war er spontan ein wenig enttäuscht.
    Die Wohnung sah auf den ersten Blick – zumindest im Flur – so aus, wie Charly es erwartet hatte. Nach dem Eintreten standen sie auf einem flauschigen rotorangefarbenen Teppich, der den größten Teil des Laminatbodens bedeckte. An den weißen Reibeputzwänden hingen gestickte Obst-Stillleben und ein Toskana-Aquarell in fröhlichen Farben.
    In der Küche, die sich vermutlich am Ende der Diele befand, klapperte Geschirr. Dann trat von dort ein junger Mann in den Flur. Er war schlank und sportlich gekleidet. Seine kurzen blonden Haare hatte er stylisch nach oben gegelt. Er wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und sah die Fremden im Flur aus auffallend blauen Augen überrascht an. Mit einem gemurmelten »’n Abend« schob er sich schließlich an den Kripobeamten vorbei in Richtung der Sekretärin. Bei ihr blieb er stehen und küsste sie auf die Wange.
    »Danke für’s Essen, Ma. Ich muss los, Treffen mit den Engländern. Ich meld mich bei dir, tschüss.« Während dieses Abschiedes tippte er auf seine Armbanduhr und dann war er durch die immer noch offene Tür verschwunden.
    »Flo, mein Sohn«, erklärte Frau Berthold. »Er studiert in Regensburg und kommt nur noch ab und zu auf Besuch zu mir.« Sie führte die Beamten in die Küche und räumte Pfannen und Salatschüsseln vom Tisch.
    »Fährt er in Urlaub? Nach England?«, fragte Charly, während Frau Berthold den Tisch abwischte.
    »Nein, Urlaub nicht. Er kann ein paar Semester in England studieren.« Frau Berthold räumte Teller und Besteck in den Spüler.
    »Was studiert er denn?«, fragte Sandra.
    »BWL und irgendwie Management. Er hat jetzt an der Uni in … ach, ich kann mir diesen Namen nie merken, irgendwo in der Nähe von London, so einen Austauschplatz bekommen, ab Februar.« Sie war sichtlich stolz auf ihren Sohn.
    »Und da trifft er sich jetzt schon mit Engländern? Kommilitonen?«
    »Nein, die Verantwortlichen von einem Golfclub dort drüben. Die sind zufällig in München.« Sie ließ heißes Wasser und Spülmittel in die fettigen Pfannen laufen und stellte sie zum Einweichen in die Spüle. »Golf ist seine große Leidenschaft. Er spielt auch in Regensburg, wo er eigentlich studiert. Und wenn er hier bei mir ist, dann fährt er oft zum Golfplatz nach Neuburg.« Mit einem Spüllappen säuberte sie die Arbeitsplatte. »Wenn’s gut geht, bekommt er einen Nebenjob als Caddy, dort in … Dings. Das wär für ihn natürlich optimal.« Schließlich trocknete sie ihre Hände an einem Geschirrtuch ab. »Aber Sie sind ja nicht wegen meinem Sohn gekommen«, sagte sie, als sie mit ihrer Küche fertig war, und setzte sich mit an den Tisch.
    Wegen meines Sohnes, dachte Charly, hielt aber seine Klappe.
    »Natürlich«, meldete sich stattdessen Sandra. »Wir müssen auch Ihnen unsere Routinefragen stellen. Das meiste ist uns ja sowieso schon bekannt. Aber interessieren würden uns zum Beispiel noch die Sache mit der Abtreibung.«
    Frau Berthold stand wieder auf und begann, an der Kaffeemaschine herum zu nesteln. »Oh Gott, der Firmenfunk.« Sie füllte Wasser in den Tank der Maschine und Charly hoffte schon, zumindest eine Tasse Kaffee, eventuell mit einem Stückchen Kuchen, angeboten zu bekommen.
    »Hat Ihnen unser Nachrichtendienst alles erzählt, was es an Pikantem und Geheimnisvollem in unserer Firma gibt?« Sie streute Entkalkerpulver in den Tank und schaltete die Maschine an. »Ja, es gab tatsächlich eine Abtreibung vor ein paar Jahren. Ein junges Ding aus Kroatien, total naiv. Sie hat noch nicht lang bei uns gearbeitet, da kam sie eines Tages ins Büro und erzählte völlig aufgelöst, dass sie schwanger sei. Wer der Vater war, konnte sie nicht sagen, oder sie wollte nicht. Auf jeden Fall wusste sie nicht mehr weiter, sie hatte ja niemanden in Deutschland und Geld besaß sie auch keins. Also hat Herr Gessler, sozusagen aus einer sozialen Verantwortung als Arbeitgeber heraus, die Kosten für eine Abtreibung übernommen und mich gebeten, mich darum zu kümmern.«
    Sie machte eine Pause, in der sie den Geschirrspüler einschaltete. Ungläubig sah Charly sie an. Die Kaffeemaschine röchelte und dampfte.
    »Jedenfalls ging alles reibungslos über die Bühne«, fuhr die Sekretärin fort. »Aber die bösen Zungen haben sich die Gelegenheit natürlich

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