Bauernsalat
der Fahrt. Noch steckte mein Kopf in der Arbeit. Ich schreckte daher beinahe hoch, als wir plötzlich auf dem Schulte-Vielhaber’schen Hof vorfuhren. Neben Elmars Auto stand ein aufgemotzter BMW.
»Was hab ich damit zu tun? Die fragen überall rum. Hier sind sie auch dauernd.« Elmars Stimme schallte über den ganzen Hof. Ich blickte Alexa fragend an. Sie zeigte auf die Maschinenhalle, aus der die Geräusche offensichtlich kamen.
»Erzähl mir doch nichts! Du willst doch nur von dir ablenken und hast deshalb die Typen auf mich gehetzt.« Die Männerstimme war mir unbekannt, auch Alexa runzelte die Stirn. Wir blieben am Auto stehen. Kurz und gut: Wir lauschten.
»Ich habe überhaupt niemanden auf dich gehetzt. Meinst du, die Polizei findet deine Adresse nicht heraus? Mich würde viel mehr interessieren, warum du eine solche Panik hast. Du hast doch sonst immer so eine saubere Weste! Hast du diesmal etwas zu verbergen? Wo warst du denn, als Onkel Franz von der Leiter fiel – doch nicht etwa hier in der Nähe?«
»Es geht niemanden etwas an, wo ich mich wann aufhalte, die Polizei nicht und dich schon mal erst recht nicht. Du warst mir ja immer schon ein guter Vetter. Du hättest mich am liebsten schon mit zehn Jahren aus dem Haus gejagt, um dir den Hof zu sichern. Ständig hast du rumgeschleimt bei meinem Vater: Kann ich dies noch tun? Soll ich nicht morgen aufs Feld fahren? Das kotzt mich heute noch an.«
»Für dich ist es eben ein unerträglicher Gedanke, daß jemand gerne arbeitet. Stell dir vor: ich habe tatsächlich schon als Junge gerne hier auf dem Hof gearbeitet, und ich tue es heute noch gern. Auch wenn es dir nicht paßt.«
»Du hattest es auf den Hof abgesehen, gib es doch zu! Und dann sollte dein ganzer Traum auf einmal in die Hose gehen. Dieser Polizeikommissar hat mir alles brühwarm erzählt: Mein Vater wollte sein Testament ändern – zu meinen Gunsten, und da hast du die Panik gekriegt. Du hast ihn vom Dach gestürzt, du hast –«
»Halt dich zurück, sonst –«
»Elmar?« Es war weibliche Intuition, daß Alexa jetzt einschritt. »Elmar?« Alexa rief noch einmal über den Hof und ging langsam auf die Scheune zu. Elmar und Frank kamen fast gleichzeitig heraus.
»Alexa!« Elmar wirkte völlig fahrig.
»Kommen wir ungelegen?« Alexa hatte so eine phantastische Gabe, die unpassendsten Sachen im passenden Tonfall zu sagen.
»Wir kennen uns!«, sagte Alexa und gab Frank die Hand. »Obwohl ich dich kaum wiedererkannt hätte.«
Der junge Mann an Elmars Seite sah aus, wie ich mir einen windigen Versicherungsvertreter vorstellte. Ein schlaksiger Typ mit dünnem, geföntem Haar, einem etwas zu knappen Jacket und glänzenden Slippern. Zusammen mit Elmar wirkte das Pärchen wie Landjunge und Stadtjunge.
»Ich kann mich nur noch schwach erinnern. Andrea?«
»Nicht ganz. Alexa. Das ist mein Freund Vincent«
Netterweise wurde mir gleich die Rolle des Anhängsels zugeteilt.
»Vielleicht sehen wir uns später noch. Ich hab zu tun.« Frank hob beim Weggehen nochmal lässig die Hand und ging auf sein Auto zu.
Elmar rieb sich die Stirn. »Der fehlte mir noch«, murmelte er.
»Will er länger bleiben?«
»Er hat von der Sache mit dem Testament gehört. Vermutlich will er es jetzt anfechten. Jedenfalls glaube ich nicht, daß er gekommen ist, um sich in Ruhe auf die Beerdigung vorzubereiten.«
»Und jetzt wohnt er ganz selbstverständlich bei euch im Haus?«
»Ja, wo denn sonst?« Für Elmar schien das die normalste Sache der Welt zu sein, auch wenn sie sich jetzt übers Wochenende die Köpfe einschlugen. »Irgendwie ist es doch auch sein Zuhause. Trotzdem regen Mama und ich uns auf, daß er sich benimmt wie Graf Koks. Er inspiziert unseren Haushalt, als wolle er demnächst einen Teil davon verscherbeln.«
»Wie lange war er denn jetzt schon nicht mehr da?«, fragte Alexa.
»Was weiß ich? Zwei Jahre, eineinhalb, keine Ahnung. Trotzdem hat Mama ihm sofort sein Zimmer fertiggemacht«
»Meinst du, er hat etwas mit dem Tod deines Onkels zu tun?« Meine Frage kam für Elmar völlig überraschend.
»Der Frank? Ob der den Onkel Franz umgebracht hat? Aber warum sollte er denn?«
»Ja genau, warum sollte er?« Alexa blickte mich fragend an. »Er hätte doch keinen Vorteil davon gehabt. Wenn er wußte, daß er im Testament nicht über die Maßen berücksichtigt war, warum sollte er dann nachhelfen?«
»Warum wollte dein Onkel denn überhaupt sein Testament ändern? Klar, ihr habt euch gestritten, aber
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