Bauernsalat
Ausrutscher bei Annette. Ich dachte nur, ruf einfach mal bei Herrn Jakobs an. Es ist ja wichtig, daß man in Kontakt bleibt, nicht? Ich wünsche Ihnen dann ein schönes Wochenende.«
Rösner hatte schon aufgelegt, bevor ich ein weiteres Wort sagen konnte. Am Montag würde ich Lutz Breitscheid ansprechen. Er war Annettes Klassenlehrer. Mal sehen, was er zu ihrer Entwicklung zu sagen hatte. Einen Moment lang erwog ich, ob ich mich noch mal hinlegen sollte. Als es an der Haustür klingelte, erübrigte sich der Gedanke. Alexa kam herauf. Sie wirkte erschreckend frisch.
»Du siehst aber verwittert aus«, tönte sie, als sie mir gegenüberstand.
Statt einer Antwort murmelte ich vor mich hin, was man mit den vereinigten Rösners dieser Welt machen sollte.
»Du solltest ein bißchen an die frische Luft gehen.«
Ich selbst war davon überzeugt, daß eine weitere Stunde Schlaf und ein unanstrengender Fernsehabend mir viel besser bekommen würden, doch Alexa ließ nicht locker, bis wir schließlich am Fluß unter den herbstlichen Bäumen entlangschlenderten. Es wehte nur ein leichter Wind, der sich nicht gerade zum Drachensteigen eignete. Hin und wieder ließ sich sogar die Sonne ein wenig sehen – herbstliches Bilderbuchwetter.
»Ich überlege jetzt, ob sich die Mühe lohnt, die Magd ausfindig zu machen«, erklärte Alexa, nachdem sie mir von ihrem Gespräch mit Rohberg erzählt hatte. »Sie muß schon ziemlich alt sein, um die fünfundsiebzig. Sie wohnt nicht in unmittelbarer Nähe. Folglich müßte sie eine regelrechte Reise angetreten haben, um sich an ihrem damaligen Peiniger zu rächen. Eine ziemlich unwahrscheinliche Vorstellung.«
»Weißt du etwas über ihre Lebensumstände? Hat sie geheiratet und Kinder bekommen?«
»Du meinst, ein Kind könnte das Schicksal der Mutter gerächt haben? Das ist natürlich denkbar. Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, ob sie Familie hat.«
»Wenn es nicht allzu viel Mühe macht, würde ich versuchen, das herauszufinden. Vielleicht weiß im Ort jemand, was aus der Frau geworden ist.«
»Der Pastor hat zwei Schwestern mit Namen Domscheidt genannt, die angeblich damals mit der Küsterin engen Kontakt hatten. Ich werd mich mal darum kümmern. Außerdem wüßte ich sonst sowieso nicht, wie ich in der Sache weiter vorgehen sollte. Die Zeugen haben nicht viel hergegeben. Ich habe keine Ahnung, wen ich sonst noch befragen könnte.«
»Was ist mit dieser Anne, Elmars Freundin? Du sagtest, sie sei wieder aufgetaucht. Hältst du sie für verdächtig?«
»Ich habe noch nicht mit Elmar über sie gesprochen – wo sie war, was sie getrieben hat und wie es mit den beiden weitergehen soll. Keine Ahnung. Auf jeden Fall sah sie nicht gerade aus wie eine Schwerverbrecherin.«
»Die erkennt man ja in der Regel sofort«, konterte ich. »Üblicherweise tragen sie eine Augenklappe oder den klassischen RAF-Haarschnitt.«
»Ist mir bei ihr wirklich nicht aufgefallen. Die Augen waren frei, außerdem hatte sie einen flotten Kurzhaarschnitt«
»Na, dann ist ja alles klar. Übrigens haben wir bei beiden, bei der Magd genauso wie bei Elmars Freundin Anne, das Stimmenproblem. Sie können es selbst gar nicht gewesen sein, sondern müßten einen Helfer gehabt haben, was ziemlich unwahrscheinlich ist. Schließlich muß der Täter vor dem Mord gegen Franz schwere Anschuldigungen vorgebracht haben, sonst hätte der nicht behauptet, er habe nichts Schlimmes getan, oder?«
»So war es!« Alexa seufzte und schmiegte sich an mich.
»Vincent«, Alexas Augen wurden so groß wie Tennisbälle. Ganz klar, sie wollte etwas von mir, was über das Normalmaß ihrer Forderungen hinausging. »Hättest du nicht Lust auf einen schönen Ausflug aufs Land, vielleicht morgen?«
»Was hast du vor?«
»Spazierengehen, die gute Luft genießen, den Blättern beim Herabfallen zusehen.«
»Nicht zufällig auch noch die Dorfbewohner ausquetschen?«
»Das vielleicht auch, ganz nebenbei, wenn es sich ergibt.«
»Ich habe da eh keine Schnitte«, grummelte ich. »Seitdem ich zwei ältere Dorfbewohnerinnen beinahe durch eine Alkoholvergiftung ums Leben gebracht habe, dürfte ich bei einem Großteil der Bevölkerung unten durch sein.«
»Unsere Familien haben geschwiegen«, flachste Alexa zurück. »Noch beschränkt sich dein Ruf auf alle Vorurteile, die man im Sauerland gegenüber den Rheinländern im allgemeinen so pflegt.«
»Na, dann geht’s ja. Aber eigentlich geht’s nicht«, warf ich ein. »Ich habe einen Haufen
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