Bauernsalat
stimmte ich zu. »Aber ich weiß auch, daß Ihr Freund Lutz in der Zwischenzeit sehr wohl von hinten zum Hof gekommen sein kann. Er kann Franz zur Rede gestellt und ihn dann von der Leiter gestürzt haben, oder etwa nicht?«
»Sie sind ja verrückt geworden. Lutz könnte keiner Fliege etwas zuleide tun. Er ist der sanftmütigste Mensch, den ich kenne. Außerdem ist er noch nie auch nur in die Nähe des Hofes gekommen. Darum hatte ich ihn ausdrücklich gebeten.«
Ich blickte Hannah Schulte-Vielhaber direkt in die Augen, um festzustellen, ob sie die Wahrheit sagte. Sie hielt meinem Blick stand.
»Im übrigen weiß auch der Herr Hauptkommissar von meiner Beziehung«, schoß sie hinterher. »Ich habe ihn sofort am Anfang über die Sache aufgeklärt. Er hat mir versprochen, darüber Stillschweigen zu bewahren.«
Das saß. Christoph wußte also Bescheid. Folglich hatte er Demmert unter die Lupe genommen und sein Alibi überprüft. So eine Pleite. Ich kam mir vor wie ein kleiner dummer Junge. Schlimmer noch. Wie ein stümperhafter anmaßender Amateurschnüffler.
»Es tut mir leid«, wagte ich den Rückzug. »Ich wollte Sie nicht zu Unrecht verdächtigen. Aber diese heimliche Liebschaft, das wirkte alles so –«
»Wenn Sie jetzt fertig sind, kann ich ja endlich an die Arbeit gehen.« Hannah ging an mir vorbei und ließ mich allein am Fenster stehen.
»Steinschulte hat mir nichts erzählt«, rief ich noch hinterher. Hannah Schulte-Vielhaber würdigte mich keines Blickes mehr. Ich war mir noch nie im Leben so dumm vorgekommen. Als ich nach draußen verschwinden wollte, sah ich, daß meine Schuhe eine Spur von braunem, übel riechendem Matsch hinterlassen hatten.
35
Max hatte noch keine Idee, wie er es anfangen sollte. Seit über einer Stunde saß er nun auf der Bank gegenüber dem Vierfamilienhaus an der Osnabrücker Straße und überlegte, wie es am geschicktesten sei. Nun, Max hatte keine Eile. Eben hatte er probehalber einmal an der Klingel mit dem Namen Koslowski geschellt und dabei festgestellt, daß noch niemand zu Hause war. Max stand auf, um sich ein wenig die Beine zu vertreten. Es war gleich vier. Wenn Josef Koslowski irgendwann von der Arbeit nach Hause käme, wäre es schon gut, wenn Max nicht weitere zwei Stunden über ein Konzept nachdenken müßte. Schon zum dritten Mal im Laufe der letzten Stunde überquerte Max die Straße und näherte sich der Eingangstür. Koslowski stand auf der dritten Klingel von oben. Max öffnete den Briefschlitz mit der Hand und spähte hinein. Nur Werbung, soweit er erkennen konnte. Allerdings lag die Post ziemlich weit unten im Kasten. Max hätte sie eh nicht herausfischen können, jedenfalls nicht mit der bloßen Hand. Als sich plötzlich die Haustür öffnete, fuhr Max ein Schrecken durch die Glieder. Er fühlte sich ertappt. Im selben Augenblick stellte sich Erleichterung ein. Ein Handwerker im Blaumann trat aus der Tür, in der Linken einen metallenen Werkzeugkasten. Er nahm Max gar nicht zur Kenntnis, sondern steuerte sofort auf seinen Lieferwagen zu, der ein paar Meter weiter geparkt stand. Schwerfällig fiel hinter ihm die Haustür zu. Beinah! Im letzten Augenblick klemmte Max seinen Arm dazwischen. Die Tür quetschte ihm seinen Unterarm ab. Max drückte die Tür wieder auf und stand im Hausflur, allerdings mit einem schmerzenden Unterarm.
Das Haus war gut gepflegt, aber einfach in der Ausstattung. Ein grau gesprenkelter Fliesenboden, ein schmuckloses weißes Geländer. Max’ Schritte hallten durch das ganze Treppenhaus, als er langsam nach oben stieg. Schon im zweiten Stock wurde er fündig. An der Etagentür zu Koslowskis Wohnung war zunächst nichts Auffälliges. Akkurates Messingschild, Fußmatte mit der Aufschrift Herzlich willkommen und zwei kitschigen Enten darauf, in der Tür dann der obligatorische Türspäher. Doch etwas Auffälliges. Unten vor der Tür lag ein Paket, ein kleines, gut verklebtes Paket, adressiert an Herrn Josef Koslowski, Osnabrücker Straße 22 in Münster. Max betrachtete den Absender. Gabriele Sender aus Detmold. Das einzige, was über sie zu sagen war: Sie hatte eine fein säuberliche, mädchenhafte Handschrift.
Max wog das Paket in der Hand. Es war etwas kleiner als ein Schuhkarton und für seine Größe ungemein leicht. Auf keinen Fall waren Bücher darin. Wahrscheinlich hatte ein Nachbar das Paket für Koslowski angenommen und ihm dann vor die Tür gelegt. Vorsichtig schüttelte Max es in seiner Hand. Es war nichts
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