Baustelle Baby (German Edition)
gegen diese geballte Kraft so fragil wie ein Schmetterling. Selbst ich hatte mir beim Raufen und durch stürmische Liebesbekundungen bereits einige Blessuren eingefangen. Einer lieb gemeinten Kopfnuss verdanke ich zum Beispiel meine krumme Nase. Ob zwei Monster dieses Kalibers mit einem Baby zärtlicher umgehen würden? Eher unwahrscheinlich.
Trotzdem! Wenn ich an die schwärzeste Zeit meiner Kindheit zurückdenke, dann gibt es für mich da eigentlich nur einen Lichtblick: Tanja, meinen ersten Hund. Tanja kam zu uns, nachdem mein kleiner Bruder am plötzlichen Kindstod gestorben war. Sie war auch ein großes, grobes Vieh, das dafür sorgte, dass meine Knie niemals ohne Pflaster waren. Trotzdem konnte sie mir so viel nonverbale Wärme geben, wie es meine trauernden Eltern nie geschafft hätten. Mit der Anschaffung eines Hundes hatten sie instinktiv das Richtige getan. Tanja war eine einfühlsame Psychotherapeutin und ihr warmes, weiches Fell besser als die Couch jedes Kinderpsychologen ...
Je trächtiger ich also wurde, umso intensiver wurde ich beschnuppert, mit dem Ergebnis, dass meine Sofawölfe sich immer anhänglicher zeigten. Ich war zunehmend optimistisch, dass die »Bestien« und das Baby unter einem Dach friedlich koexistieren konnten.
Natürlich wollte ich es aber mal wieder ganz genau wissen, deshalb wurde Literatur zum Thema Hund und Kind gewälzt. Schon das Erste, auf das ich in diesem Zusammenhang stieß, war faszinierend: Wieder einmal hatte man viele Jahre lang genau das Falsche gemacht, um Kinder vor Allergien zu »schützen« – und sich damit lauter Mimöschen herangezüchtet. Denn anstatt sie in keimfreier Sagrotan-Umgebung von Allergenen abzuschirmen, sollten Babys speziell im ersten Lebensjahr mit möglichst vielen potenziellen Allergieauslösern in Kontakt kommen. So lernt das Immunsystem der Minis nämlich, zwischen echten Bedrohungen und unechten – den Allergenen – zu unterscheiden:
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! Gerade Kinder, die im ersten Lebensjahr mit Tieren (und mit schön viel Dreck) in Kontakt kommen, haben eben später ein etwa um die Hälfte geringeres Allergierisiko!
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Zu diesem Ergebnis kam zum Beispiel eine US-amerikanische Langzeitstudie aus Detroit. Babys, die in den ersten Lebensmonaten Kontakt zu Hunden oder Katzen hatten, entwickelten nur sehr selten eine Allergie gegen die jeweiligen Tiere. Und ein deutscher Forscher aus Marburg fand heraus, dass Kinder, die auf dem Bauernhof aufwachsen, in den meisten Fällen später quasi rundum allergiefrei bleiben. Noch spannender: Mütter, die in der Schwangerschaft im Kuhstall gearbeitet haben, scheinen den Babys dadurch bereits einen Allergiebasisschutz mitzugeben. Also nichts wie raus auf die Alm!
Aber nicht nur deswegen sind Tiere gut für Kinder.
Kinder, die mit Tieren aufwachsen
entwickeln früher Mitgefühl und Respekt vor anderen Lebewesen und Verantwortungsbewusstsein,
kommen mit psychischen Belastungen besser klar, etwa einer Trennung der Eltern, einem Umzug oder Trauer. Schließlich haben sie immer einen eigenen Tröster zuhause, so wie ich nach dem Tod meines kleinen Bruders.
Okay, vielleicht sollte es trotzdem nicht unbedingt die Boa Constrictor oder ein Skorpion-Gehege im Wohnzimmer sein. Aber fast alle Mitbewohner mit Fell sind super fürs Kind – wenn man gewisse Vorsichtsmaßnahmen einhält. Auf keinen Fall ist es notwendig, Katze, Hund oder Hamster »prophylaktisch« oder – siehe oben – »wegen der Hygiene« abzuschaffen, auch wenn das leicht hysterische Zeitgenossen immer wieder gern propagieren. Das ist ganz großer Quatsch, der weder gut für die Kinder noch für die plötzlich heimatlosen Tiere ist!
Nichtsdestotrotz war aber auch ich angesichts meiner riesigen Hundis zunächst besorgt. Schließlich fanden sich in Zeitungen immer wieder Horrorgeschichten von bissigen Bestien, die Kinder zerfleischen ... Ich ahnte, dass deren Halter etwas falsch gemacht hatten – das durfte mir nicht passieren. Ein Schlachtplan musste her! Vor dem Touchdown habe ich darum nicht nur Bücher und Artikel gewälzt, sondern auch einen Tierpsychologen und Hundetrainer mit Fragen gelöchert. Die Ergebnisse meiner Recherchen:
Räumliche Veränderungen schon vor der Geburt durchführen: Kinderzimmer, Babybettchen und Co. sollen für den Vierbeiner tabu sein? Daran sollte man Tiere bereits vor der Geburt des Nachwuchses gewöhnen. So bringen sie die Ankunft des Babys nicht mit unwillkommenen Neuerungen in Verbindung, die an ihrem
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