Bd. 1 - Die dunkle Schwinge
wird.«
»Wer hat die Drohung ausgesprochen?«
»Kommen Sie, Sergei, nehmen Sie mich nicht auf den Arm. Sie wissen verdammt gut, wer das was. Die gleiche Person, die auch nichts dagegen hätte, wenn Ihnen etwas zustößt. Die Person, die versucht hat, auf die persönlichen Logbücher der Biscayne zuzugreifen – und vermutlich auch auf alle Logbücher der restlichen Flotte. Passen Sie auf sich auf, Commodore. Das ist der beste Rat, den ich Ihnen geben kann. Eher würde ich einem Zor vertrauen, bevor ich ihm glaube, dass ersieh an irgendwelche Spielregeln hält.«
Sergei musste noch immer einen Bericht fertig stellen. Bevor er die Biscayne verlassen konnte, gab es eine weitere Sache, um die er sich kümmern sollte. Ob es Vorsicht oder durch Marc Hudsons Worte ausgelöste Paranoia war, wusste er nicht – auf jeden Fall wollte er das Gespräch an einem sicheren Ort stattfinden lassen.
Hudson hatte diese Möglichkeit offenbar schon in Erwägung gezogen und überließ ihm seinen Arbeitsraum. Nachdem er dem Commodore den Schlüssel für die Sprachversiegelung gegeben hatte, ging er weg.
Kaum war Sergei allein, rief er den zur Hälfte fertig gestellten Bericht auf und las ihn durch. Es war eine umfassende Abhandlung über den bisherigen Verlauf des Krieges, zusammengestellt aus seinen persönlichen Logbüchern und den Berichten seiner Untergebenen. Aber etwas Wesentliches fehlte noch, auch wenn er nicht sagen konnte, was es war. Doch er wusste, wer ihm weiterhelfen konnte.
»Sie wollten mich sprechen, Sir?«
Er trug seine normale Dienstuniform, doch Sergei schloss daraus, dass der Marine es für wichtiger hielt, schnell zu reagieren, anstatt sich erst noch umzuziehen. Das schien Sergei zu gefallen. Er nickte und deutete auf den Sessel ihm gegenüber.
»Danke, dass Sie so schnell reagiert haben, Boyd. Mir ist klar, dass man Sie während der letzten Wachen ziemlich herumgestoßen hat, aber ich muss Ihnen einige Fragen stellen.«
»Ich bin froh, wenn ich helfen kann, Sir«, gab Boyd zurück. Er ging steif zum Sessel, nahm Platz und legte seine Uniformkappe auf den Schoß. Er saß aufrecht da, auch wenn Sergei auffiel, dass er ein klein wenig den Kopf einzuziehen schien.
»Vielleicht«, begann Sergei, als er ebenfalls saß, »können Sie mir deutlich machen, was auf der Basis geschah.«
»Sir …« Boyd sah ihn ein wenig nervös an. »Ich bin davon überzeugt, Sir, dass meine Vorgesetzten alle Einzelheiten in ihren Berichten zusammengetragen haben … Major Perez vielleicht …«
»Ich habe seine Kommentare gelesen, aus denen sich ergibt, dass Ihr Handeln entscheidend dazu beitrug, die Kommandobrücke einzunehmen. Ich möchte, dass Sie mir Ihre Erfahrung mit eigenen Worten beschreiben.«
»Mein Trupp war einer von mehreren, die in die Basis vordrangen, Sir. Es gelang uns, einen Raum oberhalb der Kommandobrücke zu erreichen, und ich vernichtete den … den Selbstzerstörungsmechanismus, indem ich auf ihn schoss. Irgendwann muss ich das Bewusstsein verloren haben, weil ich mich nur daran erinnern kann, dass ich auf der Krankenstation der Gagarin wieder aufwachte, Sir.«
»Ist das alles?«
»Alles, Sir?«
»Ist sonst nichts auf der Basis geschehen, Sergeant? Sie stießen zufällig auf einen Raum über der Brücke? Und Sie hatten das große Glück, auf den Selbstzerstörungsmechanismus zu feuern? Wieso haben Sie ausgerechnet darauf gefeuert? Die Brücke muss doch voll von möglichen Zielen gewesen sein.«
»Stimmt, Sir.« Der große Marine straffte ein wenig die Schultern, dann sah er zu Boden. »Ich wusste es einfach.«
»Wie meinen Sie das?«
»Ich sah es.«
»Wo?«
»Im Geist eines Zor, Sir.«
Sergei sah Boyd lange an, verzog aber keine Miene. »Das müssen Sie mir schon erklären, Sergeant. Am besten beschreiben Sie mir im Detail, was sich auf der Orbitalbasis abspielte.«
Es war nicht zu übersehen, dass Boyd etwas wusste, aber von niemandem dazu befragt worden war. Genauso klar war, dass er einen Grund hatte, nicht darüber zu reden, und Sergei glaubte, diesen Grund zu kennen.
Boyd atmete tief durch. »Ich werde Ihnen beschreiben, wie ich die Einnahme der Station – Ka’ale’e A’anenu – wahrgenommen habe.«
Er sprach das Zor-Wort so selbstverständlich aus, dass Sergei ihn fragend ansah, doch der Mann redete bereits weiter.
»Die Station war zum größten Teil verlassen. Die Zor hatten überall Fallen installiert. Alle Schleusen waren auf die gleiche Art vorbereitet worden, weshalb jeder
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