Bd. 1 - Die dunkle Schwinge
Admiral Marais keine andere Lösung gibt, als den Thron für sich zu beanspruchen.«
»Ich weiß es nicht, Abgeordneter. Ich bin nicht überzeugt.«
»Dann sind Sie ausgesprochen dumm. Sie entstammen einer Familie mit einer langen Tradition im Militärdienst, Begriffe wie ›Meuterei‹ oder ›Verrat‹ sollten Ihnen fremd sein. Aber neun von zehn Menschen im Sol-Imperium halten sie für eine Verräterin. Sie haben vorsätzlich die direkten Befehle Seiner Imperialen Majestät missachtet und stattdessen die Befehle eines meuternden Admirals befolgt. Weder Absicht noch Motivation oder das Resultat können daran etwas ändern. Der Imperator hat bereits sein Urteil gefällt.«
Er sah sie eindringlich an. »Es gibt nur eine Möglichkeit für Sie, ins Sol-Imperium zurückzukehren und nicht als Kriminelle behandelt zu werden. Sie müssen im Dienst des neuen Imperators zurückkommen. Sie, Captain Okome und jeder andere Offizier und jeder einfache Soldat in dieser ganzen verdammten Flotte von Meuterern muss diese Sache bis zum Ende durchziehen, und das heißt für Sie, Admiral Marais als den neuen Imperator nach Oahu zu bringen.«
Sharon MacEwan wusste, wie wenig Marais am Thron interessiert war, doch sie verstand auch, worauf Hsien hinauswollte. Es war für den momentanen Imperator nicht möglich, die Vorwürfe gegen Marais oder gegen die Offiziere fallen zu lassen, die sich ihm angeschlossen hatten. Marais hatte etwas begonnen, was Konsequenzen nach sich zog, die nicht ignoriert werden durften.
»Und welchen Nutzen ziehen Sie aus dem Ganzen?«
»Selbst wenn um den Thron gekämpft werden sollte, wird die Imperiale Versammlung irgendwann wieder einberufen werden. Ich gehe davon aus, auch dann ein Mitglied dieser Versammlung zu sein.«
»Indem Sie sich jetzt auf die Seite von Admiral Marais stellen.«
»Indem ich sicherstelle«, gab Hsien zurück und wählte seine Worte mit Bedacht, »dass sich der Admiral seiner Optionen gewiss ist, sollte er den Thron anstreben, und indem ich ihm in einer kritischen Phase gewichtige Unterstützung anbiete – für einen gewissen Preis.«
»Woher wollen Sie wissen, dass er annehmen wird?«
»Das weiß ich nicht, weil ich noch nicht mit ihm gesprochen habe. Ich bin mir nicht sicher, wie seine Antwort ausfallen wird. Aber Admiral Marais hat im Imperium viele Anhänger. Wenn er vollbracht hat, was Sie sagen, dann ist eine Gefahr beseitigt, die uns zwei Generationen lang verfolgt hat. Ich glaube, es dürfte nicht viele Menschen geben, die dem Krieg nachweinen.«
»Und was passiert, wenn der Admiral Ihr … ›großzügiges‹ Angebot ablehnt?«
Wieder zeigte sich ein Lächeln auf Hsiens attraktivem Gesicht. »Dann werde ich ihn als den Verräter brandmarken, der er ist, und den Imperator gegen einen Usurpator unterstützen, der ein ganzes Volk auslöschen will.«
»Verstehe. Und wenn ich Sie einfach hier auf der San Martin in die Arrestzelle stecke und vergesse, dass Sie da sind? Oder wenn ich Sie ohne Druckanzug in die Luftschleuse schicke?«
Als sie die zweite Alternative nannte, war ihm für einen Moment ein Hauch von Angst anzusehen, dann antwortete er rasch: »Wenn ich in sieben Tagen keine entsprechende anderslautende Anweisung gegeben habe, wird eine vorab aufgezeichnete Ansprache gesendet werden, in der ich den Menschen des Sol-Imperiums von meinem heldenhaften Bemühen berichte, Marais hier bei A’anenu zur Vernunft zu bringen, damit er sich ergibt und diesem schrecklichen Krieg ein Ende setzt. Natürlich werde ich auch darauf hinweisen, dass ich meine Anstrengungen mit meinem Leben bezahlt habe. Damit wird Admiral Marais sich bei seinen zukünftigen Untertanen sicher sehr beliebt machen.«
»Ich verstehe.«
»Selbstverständlich würde ich diese Reise viel lieber überleben. Als ich mich auf den Weg hierher begab, machte ich mir natürlich keine Illusionen darüber, dass eine Flotte, die wehrlose Welten wie L’alChan auslöscht, auch nicht vor ein paar Menschenleben zurückschreckt.«
Nach kurzem Schweigen fügte er an: »Ich glaube, wir haben uns gegenseitig alles gesagt, was es zu sagen gibt. Ich würde mich jetzt gern mit dem Admiral treffen.«
»Wie ich Ihnen bereits sagte, er ist nicht hier.«
»Ich nehme an, Sie können Kontakt mit ihm aufnehmen. Ich werde abwarten, entweder auf der Cameron oder in Ihrer Arrestzelle, wenn Ihnen das lieber ist.«
Sie wandte sich zu Major Symmes um, der das Gespräch schweigend verfolgt hatte. »Schaffen Sie ihn von meinem
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