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Bd. 1 - Die dunkle Schwinge

Bd. 1 - Die dunkle Schwinge

Titel: Bd. 1 - Die dunkle Schwinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter H. Hunt
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Weile gefangen zu nehmen, doch dann muss er feststellen, dass die Dunkle zur Hellen Schwinge und umgekehrt geworden ist, sodass seine Ebene der Schmach entsprechend leidet, während die Welt hier oben in Sicherheit ist. In einem der alten Texte über die vier Mächte werden diese mit den Körperteilen eines Zor verglichen. esLi ist dabei der Kopf, esGa’u stellt die Füße dar, während esHu’ur und esTli’ir die Flügel bilden. esLi und esGa’u ziehen in entgegengesetzte Richtungen, während die beiden Flügel schlagen. Ein disziplinierter Zor wahrt das hsi im Zentrum.«
    Sergei dachte einen Moment lang über Marals’ Erläuterungen nach, dann entgegnete er: »Was soll das bedeuten, dass Sie die Helle und die Dunkle Schwinge zugleich sind? Was hat das zu sagen?«
    »Ich vermute, es ergibt durchaus einen Sinn.« Marais beugte sich vor, stützte die Ellbogen auf die Knie und nahm damit eine für einen Admiral gänzlich unpassende Pose ein, eine Art Anti- zazen. »Wenn die Helle und die Dunkle Schwinge so eng miteinander verbunden sind, wäre es nur logisch, sie als ein und dasselbe Individuum darzustellen. Es wirft auf jeden Fall ein ganz anderes Licht darauf, wie die Zor die Menschheit und mich sehen. Und es stellt unsere momentane Beziehung zum Sol-Imperium ganz anders dar.«
    »Verzeihen Sie, Admiral, aber das ist mir nicht klar. Wir haben beide von Okome gehört, was der Abgeordnete Hsien gegenüber Captain MacEwan gesagt hat. Mit Blick auf die Meinung im Imperium über uns ist es wohl kaum von Bedeutung, wie wir zu den Zor stehen. Wenn überhaupt, dann haben wir aus den Zor nach Meinung der Mehrheit nur noch unversöhnlichere Feinde gemacht.«
    »Okome sagte auch, Hsien erwarte von mir den Anspruch auf den Thron und wolle mir dabei im Gegenzug für gewisse Zugeständnisse den Rücken stärken. Doch wenn ich das mache, dann legitimiere ich den Krieg lediglich, aber ich würde ihn nicht rechtfertigen. Hier bietet sich die Gelegenheit zu einem Durchbruch.« Er sah Sergei unvermittelt an. »Wir haben die Gelegenheit, uns gegenseitig zu verstehen. Das hat es sechzig Jahre lang nicht gegeben. Wir haben dicht vor dem Abgrund gestanden, aber wir konnten uns wieder von ihm entfernen. Ein Staatsstreich gegen den Imperator würde auf lange Sicht nur den Eindruck erwecken, dass ich den Konsequenzen meiner Meuterei und meines Verrats aus dem Weg gehen wollte. Zumindest für die Zor wäre damit klar, dass wir nicht im Namen der Menschheit als Spezies gehandelt haben. Für einen zukünftigen Imperator wäre es möglich, den Konflikt wieder aufflackern zu lassen, vielleicht sogar in den gleichen Dimensionen wie bei diesem Feldzug. Wenn hi Sse’es Überzeugung stimmt, dann müssen Menschen und Zor enger zusammenrücken, um einen gemeinsamen Feind zu schlagen. Meine eigenen Erfahrungen stützen diese Überzeugung.«
    »Mylord, ich muss Sie darauf hinweisen, dass auf die Männer und Frauen dieser Flotte nach wie vor gravierende Konsequenzen warten, wenn Sie sich einfach in den Hintergrund zurückziehen.«
    »Ich bin mir dessen bewusst, Commodore.« Er stand auf und ging zu einem hohen Balkon, von dem aus man die Empfangshalle des Hohen Nestes überblicken konnte. Auf halber Strecke wandte er sich um, als studiere er eine dramatische Geste ein. »Es ist nicht meine Absicht, mich einfach zurückzuziehen. Ich glaube, es gibt einen Ausweg aus dieser Sackgasse, der alles bewahren kann, was wir erreicht haben, und der den Weg zu einer Freundschaft zwischen unseren beiden Spezies ebnet. Und der die Ehre aller Beteiligten wahrt, sogar die unseres neuen Freundes Hsien.«
    »Ich möchte zu gern hören, wie dieser Ausweg aussieht, Sir.«
    Mehr als dreißig Parsec entfernt lehnte sich Tomas Hsien an Bord der IS Cameron in seinem Sessel zurück und ließ sich die Situation durch den Kopf gehen. Für ihn und auch für die Abgeordneten, die ihn hierher nach A’anenu geschickt hatten, war es offensichtlich, dass es für Marais nur einen Ausweg gab: Er musste zurückkehren und den Thron beanspruchen, so wie es Willem McDowell fast zweihundert Jahre zuvor gemacht hatte. Aber trotz der militärischen Schlagkraft war auch McDowell auf die Unterstützung durch die Vollversammlung der UN angewiesen gewesen, um eine Mehrheit der Menschen auf seine Seite zu ziehen, Imperator zu werden und ein noch schlimmeres Blutbad zu verhindern.
    Dieser zukünftige Imperator würde ebenfalls Hilfe benötigen, davon war Hsien überzeugt. Und wenn er dann endlich

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