Bd. 1 - Die dunkle Schwinge
Schiffe an, Commodore, darunter alle neun Zor-Schiffe. Die Verteidigungsflotte ist losgeschickt worden und befindet sich auf Abfangkurs.«
»Wer hat das Kommando?«
Chan berührte eine Tastatur neben der Station des XO. »Ein Captain Mbele befehligt die Pluto-Basis, Sir.«
»Michael Mbele?«
»Richtig, Commodore.«
Der Admiral hatte sich bislang schweigend im hinteren Teil der Brücke aufgehalten und der Unterhaltung zugehört. Nun beugte er sich vor und fragte: »Kennen Sie ihn?«
»Er war als Offiziersanwärter auf der Gustav Adolf, Admiral.« Sergei drehte sich mit seinem Sitz um, damit er Marais ansehen konnte. »Er ist ein guter Offizier.«
»Schießwütig?«
»Nein, Sir, ganz im Gegenteil. Sehr ausgeglichen. Ich weiß, dass Admiral McMasters immer sehr wohlwollend von ihm gesprochen hat. Sein Posten dort spricht für sich.«
»Das ist wohl wahr.« Marais kniff die Augen zusammen und sah auf das Pilotendisplay, das anzeigte, dass die Schiffe auf Abfangkurs sich näherten.
»Ihre Befehle, Admiral?«
»Öffnen Sie einen Kanal zu diesem Captain Mbele. Alle ein Viertel Kraft voraus.«
»Aye-aye, Sir.«
Der Kommunikationsoffizier der Charlie drehte sich abrupt um. »Die Lancaster ruft uns, Captain«, meldete er und wartete auf Mbeles Reaktion.
»Annehmen, Ensign.«
»Bild kommt jetzt, Sir.« Nahe dem Pilotendisplay der Charlie nahm ein 3-V-Bild Gestalt an, das den Ausschnitt einer anderen Brücke zeigte.
»Hier spricht Captain Michael Mbele, Befehlshaber der …« Auf einmal hielt er inne. »Commodore Torrijos.«
»Hallo, Michael.«
»Commodore Torrijos, Ihre Flotte gilt als geächtet. Es ist meine Pflicht, Sie davon in Kenntnis zu setzen, dass Sie nach imperialem Kriegsrecht unter Arrest stehen. Machen Sie sich bereit, zu stoppen und uns an Bord kommen zu lassen.«
Mbele erwartete nicht allen Ernstes, dass man seine Anordnung befolgen würde. Immerhin war die Flotte seit nunmehr drei Monaten geächtet und hatte hunderte von Lichtjahren zurückgelegt, um nun den imperialen Thron an sich zu reißen. Es war aber seine Pflicht, diese Aufforderung offiziell zu übermitteln.
»Wir werden nicht über unseren Status und über Ihr Recht diskutieren, diese Forderungen zu stellen. Allerdings werden wir zu diesem Zeitpunkt nicht gestatten, dass irgendjemand an Bord kommt.«
»Dann muss ich leider …«
»Verdammt noch mal, nicht so schnell!«, fiel Sergei Mbele ins Wort. »Wir werden uns bereit erklären, in einen engen Orbit zum nächsten Sprungpunkt einzuschwenken, und nicht ins Schwerkraftfeld fliegen, wenn Sie einen vernünftigen Abstand zu uns wahren.«
»Sie haben kein Recht, irgendwelche Forderungen zu stellen.«
»Das mag stimmen, Michael. Aber wir haben genug Feuerkraft, um Forderungen zu stellen. Und wir werden alles tun, was notwendig ist, um Sie daran zu hindern, irgendwelche Schiffe unserer Flotte zu betreten. Und nun habe ich eine Bitte an Sie.«
»Eine Bitte?«
»Admiral Marais möchte mit Admiral McMasters über den Auftrag unserer Flotte und der unserer Verbündeten reden.«
»›Verbündete‹?« Mbele sah auf das Pilotendisplay, das einige Dutzend Lichtpunkte in dichter Formation zeigte. Mindestens fünfzehn von ihnen waren als feindliche Schiffe gekennzeichnet. »Wer …?«
»Einige Schiffe der Zor haben uns begleitet.«
»Die Zor? Verbündete?«
»Ja, richtig. Der Krieg ist aus, Michael. Und jetzt geben Sie mir McMasters.«
Das Observatorium im Orbit um Pluto war in aller Eile evakuiert worden. Die zwei Dutzend Astronomen, die dort arbeiteten, waren innerhalb von zwei Stunden nach Eintreffen der geächteten Flotte von einem Militärtransporter abgeholt worden. Nun befand sich dort nur noch ein halbes Dutzend Marines, von denen Ted McMasters wusste, er konnte ihnen vertrauen. Es war keine Nebensächlichkeit, die auf ihn wartete, verlangte doch seine Loyalität gegenüber dem Imperator, dass er nicht in die Gewalt eines Mannes geriet, der zum Staatsfeind erklärt worden war.
Hinzu kam, dass er einen ausgeprägten Überlebensinstinkt besaß. Jemand, der eine empfindungsfähige Spezies komplett ausgelöscht hatte, würde nicht davor zurückschrecken, auch ihn ins All zu stoßen.
Von der Brücke der Station aus konnte McMasters die Barkasse des Admirals sehen, die sich zum Andocken bereitmachte. Sie war unbewaffnet, wie Marais und Mbele es vereinbart hatten. Außerdem war die Flotte auch auf Abstand geblieben.
Welches Spiel trieb Marais da bloß? Er hatte die Macht auf seiner
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