Bd. 1 - Die dunkle Schwinge
dass wir uns sofort auf einen Angriff gegen die Zor vorbereiten sollen.«
»Mit zehn Schiffen, Sir?«, wunderte sich Alyne Bell. Sie hatte fortwährend auf ihrem Pad Notizen gemacht und immer von der strategischen Darstellung zu Sergei und zurück geschaut. »Ich möchte nicht Ihnen oder dem Admiral gegenüber respektlos erscheinen, Sir, aber diese Streitmacht genügt niemals für …«
»Ich würde Ihnen wohl zustimmen, Captain Bell, wenn mir unsere Befehle bekannt wären. Ich vermute, der Admiral geht davon aus, dass unser Erfolg vom Überraschungsmoment abhängt.«
»In Anbetracht der verfügbaren Informationen scheint es so, Sir, dass jede Einrichtung, die wir angreifen, eine Verstärkung anfordern kann, die uns mindestens ebenbürtig ist. Bedenkt man dann die Grausamkeit der Zor, werden sie mit uns kurzen Prozess machen, während wir noch versuchen, unsere Haut zu retten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Überraschungsmoment lange vorhalten wird.«
»Das wird es auch nicht«, erwiderte Sergei. »Ich gehe davon aus, es gibt einen übergreifenden Plan, wenn wir diesen Punkt erreicht haben.«
Vetternwirtschaft und Günstlingswesen im Dienst Seiner Majestät sorgten dafür, dass Offiziere nicht schnell bereit waren, ihre Meinung kundzutun. Es überraschte Sergei nicht, von seinen neuen Offizieren kaum ein kritisches Wort zu hören. In gewisser Weise war das beruhigend, weil ihm der Gedanke nicht gefallen hätte, Unstimmigkeiten zwischen seinem Kommandostab und seinem neuen Vorgesetzten zu dulden. Doch ihre Zurückhaltung schien ein Unbehagen zu überdecken, von dem er nicht annahm, dass es sich so leicht aus der Welt schaffen ließ. Dazu musste er erst ihr Vertrauen erlangen.
Hudson blieb zurück, als die Besprechung für beendet erklärt war. Sergei versteifte sich, während er sich von den anderen Offizieren verabschiedete. Der Tisch wurde bereits abgeräumt, doch Sergei ließ sich Zeit, um seine Unterlagen zusammenzupacken.
»Was kann ich für Sie tun, Captain?«, fragte er schließlich, als Hudson sich ihm näherte.
»Sie können meine Entschuldigung annehmen, Sir«, antwortete der. »Es tut mir Leid, wenn ich Ihnen gleich beim ersten Zusammentreffen Ärger bereitet habe.«
»Eine Entschuldigung ist nicht nötig.« Er nahm Hudsons Hand und drückte sie fest. »Ich bin froh, dass ich jemanden dabeihabe, der sich nicht scheut, den Mund aufzumachen.«
»Ich bin nicht der Einzige, der das machen wird, Commodore. Ich bin nur der Störrischste.« Sein Lächeln wirkte auf Sergei verblüffend ansteckend. »Ich war eigentlich sogar überrascht«, fuhr er fort, während Sergei seine Aktentasche nahm und sie beide zum Lift gingen, »dass der Commodore bereit war, mich zu berücksichtigen. Ich hatte nicht damit gerechnet, so bald wieder mit von der Partie zu sein.«
»Mein Report besagt, dass die Biscayne bei fast hundert Prozent liegt.«
»Sie ist ein gutes Schiff, Sir. Aber Sie wissen, Sie hätten die Biscayne auch ohne mich bekommen können. Es geht nicht wirklich um die Hardware.« Sie betraten die Aufzugkabine.
»Ach?« Sergei betrachtete Hudson, der ein wenig größer war. Seine Schläfen waren leicht angegraut, sein markanter Kopf wurde von einer typischen Navy-Frisur gekrönt, doch obwohl sein Haar kurz geschnitten war, wirkte es irgendwie zerzaust.
»Ich stelle zu viele Fragen«, gab Hudson zurück. »Normalerweise im falschen Moment. Schlechte Angewohnheit für einen Flottenoffizier. Aber das wäre natürlich nur dann von Bedeutung, wenn ich noch einen Scheißdreck darum geben würde.«
»Foyer«, sagte Sergei, woraufhin sich der Lift in Bewegung setzte. »Man könnte es als unhöflich auslegen, wenn Sie Ihrem Vorgesetzten erklären, dass Sie darum keinen Scheißdreck geben.«
»Sir, ich bin wohl fünf bis sechs Jahre älter als Sie. Wenn ich jemals ein Flaggoffizier hätte werden sollen, dann müsste das wohl längst geschehen sein, zumal im Moment fast jeder befördert wird. Wenn ich natürlich weiter oben einen guten Freund hätte …«
Die Anspielung war nicht zu überhören, und Sergei drehte sich zu dem älteren Mann um, während sich die Verärgerung in seinen Augen widerspiegelte.
»Nein, nein, Sir«, sagte Hudson rasch und hob eine Hand. »Verstehen Sie das nicht falsch. Ich habe großen Respekt vor Ihnen, Commodore Torrijos. Es ist mehr nötig als die Gönnerschaft von Ted McMasters, bevor ich vor jemandem Respekt habe.«
Sergei sah zur Seite. »Sie haben eine seltsame Art,
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