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Bd. 1 - Die dunkle Schwinge

Bd. 1 - Die dunkle Schwinge

Titel: Bd. 1 - Die dunkle Schwinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter H. Hunt
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Begriff, sie alle auszulöschen, und auf einmal beginnen wir, sie zu verstehen. Das ergibt doch keinen Sinn.«
    »Es ergab einen Sinn, als wir anfingen. Sie waren sich nicht sicher, aber ich schon. Vermutlich hätte ich Ihre Bedenken nicht so leichtfertig verwerfen sollen.« Marc setzte sich auf eine Couch im Raum und stützte sich mit beiden Händen ab. »Bitte um Erlaubnis, das Bewusstsein verlieren zu dürfen, Sir.« Wieder schloss er die Augen und ließ den Kopf nach hinten sinken.
    »Erlaubnis erteilt.« Sergei drehte sich um und stellte sich wieder vor die Glastahl-Wand. Der Zor war noch nicht aufgewacht, sondern lag weiter so reglos wie ein Holo oder eine Wachsfigur da. Marc Hudson spiegelte sich in der Scheibe.
    Was wird dieser Zor denken, wenn er hier erwacht?, fragte sich Sergei.
    Die Kammer war nur schwach beleuchtet und wies den orangeroten Farbton der Heimatwelt der Zor auf. Die Wände waren mit Holo-Abbildungen jener Muster überzogen, die sie in jedem Zor-Nest und auf jeder Raumstation vorgefunden hatten – hRni’i.
    Die Techniker, die diese Umgebung hergestellt hatten, ließen wahrscheinlich nur zufällige Bilder ablaufen, die für einen Zor ohne Sinn sein würden. Doch auch wenn alles ringsum nur Kauderwelsch war, sollte es beim Gefangenen bewirken, dass er sich ein wenig heimischer fühlte.
    Der einzige Zor-Krieger in Gefangenschaft würde auch schon so genug unter seiner Isolation leiden.
    Eine plötzliche Bewegung, die sich im Glastahl widerspiegelte, ließ Sergei aufmerksam werden. Er sah, dass der Admiral soeben den Raum betreten hatte. Ein Blick über die Schulter, dann nickte er Marais zu und deutete auf den leise schnarchenden Marc Hudson auf der Couch.
    »Wir haben nur nach dem Gefangenen gesehen«, sagte Sergei leise.
    »Ich kann Ihre Neugier gut verstehen.« Marais sah sich die Behandlungsdaten an, dann warf er auch einen Blick in die Kammer. »Sehr gut«, sagte er nach einer eingehenden Betrachtung des Zor. »Wir haben die Chance, etwas Nützliches von ihm zu erfahren, ehe er sich umbringt.«
    »Wie bitte, Sir?«
    »Es könnte die einzige Möglichkeit sein, etwas von ihm zu erfahren, Commodore. Sobald er uns gesagt hat, was wir wissen wollen, werde ich seinem Glauben Respekt erweisen und ihm erlauben, dass er sich das Leben nimmt.«
    »Dieser Gefangene ist eine Rarität, Admiral«, erwiderte Sergei. »Wir können es uns nicht leisten, dass er …«
    »Anders geht es nicht.«
    »Ich verstehe nicht, Admiral.«
    »Dann wird es mir ein Vergnügen sein, es Ihnen zu erklären.« Marais drehte sich wieder dem Isolationstank zu. Eine Hand legte er so auf die Scheibe, dass es in einem anderen Zusammenhang durchaus wie eine fürsorgliche Geste gewirkt hätte. »Wir verfügen nicht über die erforderlichen Techniken, um ihm gegen seinen Willen Informationen zu entlocken. Lieber würde er sterben.« Er sah Sergei an. »Für die anderen Zor ist er bereits tot. Schlimmer noch, er ist ein idju, entehrt und ausgestoßen, da er nicht starb, als er hätte sterben sollen. Doch so wie seine Befehlshaber wird auch er die Menschheit für die Boten einer übernatürlichen, mystischen Kraft ansehen – die Dunkle Schwinge.« Er hielt sekundenlang inne, als wolle er Sergeis Reaktion auf seine Worte ergründen.
    Sergei beabsichtigte nicht, irgendeine Emotion erkennen zu lassen, was dieses Thema anging. Er hoffte, dass sein Gesicht keine Regung verriet.
    »Wenn wir seinen Erwartungen gerecht werden wollen, müssen wir unsere Rolle bis ins kleinste Detail richtig spielen. Für diesen Zor werden wir diese Boten sein. Er wird uns Informationen geben, und dann wird er sterben … durch Freitod, wie es seine Traditionen verlangen. Haben Sie irgendetwas dagegen einzuwenden?«
    Sergei bemerkte, dass Marc sie beide aufmerksam beobachtete. Seit dem Eintreffen des Admirals hatte er sich nicht bewegt, doch er war auch gar nicht erst eingeschlafen.
    »Nein, Sir, keine Einwände.«
    Die Außentür glitt langsam und mit einem leisen Seufzer auf. Ted McMasters ging hindurch und legte die wenigen Stufen bis hinunter aufs Deck zurück. Eine Reihe Männer und Frauen stand in Galauniform Spalier, bereit, zu salutieren und ihm die Hand zu schütteln. Vermutlich hatten sie das Zeug zum Offizier, doch bei der Imperialen Navy zählte nur das Erscheinungsbild, womit die Uniformen erheblich wichtiger wurden als die Menschen, die in ihnen steckten.
    »Freut mich, dass Sie uns besuchen, Admiral McMasters«, sagte der Mann, der die meisten

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