Bd. 3 - Der dunkle Stern
tatsächlich aus seinem Exil geholt?«
»Ja.« S’reth ließ seine Flügel eine trauernde Pose einnehmen. »Er war seit jenem Zyklus unter der Ebene der Schmach gefangen gewesen, als esHu’ur uns zum Leben verdammte.«
Byar sah den Hohen Lord an. Sa’a stand reglos da, als könne sie nicht antworten.
»Ich muss gehen, mein Freund. Denken Sie an mich, und tun Sie, was esLi will.« S’reth begann zu verblassen, sein transparentes Bild nahm einen goldenen Schein an, während Byar seine Flügel in die Pose der Ehrerbietung gegenüber esLi stellte.
»Es ist Zeit für uns, nach Hause zurückzukehren«, sagte Byar an den Hohen Lord gewandt.
Der beste Kompromiss für das Abendkleid war in gewisser Weise ein Schritt zurück. Die Imperatorin hatte angeboten, den Hofschneider ein Kleid anfertigen zu lassen, doch Jackie war zu dem Schluss gekommen, dass sie zu einer derartigen Kreation nicht das gyaryu hätte tragen können, von dem sie sich aber um keinen Preis trennen wollte. Letztlich entschied sie sich für eine recht traditionelle Admiralsuniform mit dem HRn i-Abzeichen auf der karmesinroten Schärpe, die zu ihrem Amt gehörte. Mit dem Schwert am Gürtel würde sie sogar eine gute Figur machen. Nur für einen kurzen Moment regte sich bei ihr Bedauern darüber, dass sie die Uniform ebenso wie ihren Dienstgrad würde abgeben müssen, noch bevor sie zum Hohen Nest zurückkehrte.
Allen Protesten zum Trotz hatte Dan für sich das Privileg in Anspruch genommen, Jackie zu begleiten. Er traf ein, als die Sonne gerade über dem Meer den Horizont berührte. Innerhalb einer halben Stunde hatte der Hofschneider ihn mit der passenden Kleidung ausgestattet, und er zog sich zurück, um sich umzuziehen.
Er traf Jackie in einer weitläufigen Galerie, wo sie damit beschäftigt war, einen Fussel vom Hosenbein zu wischen. Sie hatte ihn noch nie in förmlicher Zivilkleidung gesehen, aber es war kein großer Unterschied zur Galauniform – beides ließ ihn gut aussehen, aber es passte nicht wirklich zu ihm. Dennoch trat er wie gewohnt mit viel Selbstvertrauen auf, und aus dem Augenwinkel sah sie, dass er sie aus der Ferne betrachtete. Seinen Gesichtsausdruck in diesem Moment konnte sie nicht einordnen.
»Suchst du jemanden?«, fragte sie.
»Ich … ich glaube, ich habe sie gefunden«, sagte er schließlich und nahm ihre Hand. »Ich hätte nicht gedacht, dass ich das noch mal sagen würde, aber die Uniform steht dir verdammt gut.«
»Danke. Falls das als Kompliment gedacht war.«
»Das war es.« Er wandte den Blick von ihr ab und betrachtete eines der finsteren Porträts an der Wand. Der aus einem anderen Jahrhundert stammende Abgebildete auf dem Gemälde schaute sie mürrisch an – vielleicht, weil ihm missfiel, was er sah, vielleicht, weil es ihn nicht kümmerte.
In der Ferne schlugen die Wellen gegen die Felsen unterhalb des Palastes, und eine orangerote Sonne stand über dem Horizont.
»Das ist Anderson, richtig?«, fragte er und zeigte auf das Gemälde.
»Ich habe mir nicht den Museumsführer gekauft.«
»Man sagt, in seinen Adern sei Eiswasser geflossen. Zehn Jahre, nachdem Imperator Willem den Thron übernahm und das Imperium gründete. Anderson blieb bei der Schlacht von Aldebaran siebzehn Stunden in seinem Pilotensitz und rührte sich nicht einmal von der Stelle.«
»Sehr zielstrebig.«
»Und er muss eine unglaubliche Blase gehabt haben«, meinte Dan, und auf einmal mussten sie beide lachen. Er drückte sanft ihre Hand, und für einen Moment huschte ein vertrauter Ausdruck über seine Augen, den sie seit zig Jahren nicht mehr gesehen hatte. Sie merkte, wie sie sofort ihren Schutzwall um sich herum errichtete, da ihr Instinkt ihr sagte, sie solle sich gegen eine nahende Gefahr wappnen.
»Wir sollten besser reingehen«, sagte sie und zog ihre Hand zurück, doch er schien sie nicht loslassen zu wollen.
»Warte noch, Jay«, entgegnete er und hielt sie mit beiden Händen fest. Er sah kurz zu Boden, dann schaute er ihr wieder in die Augen. »Ich muss dir etwas sagen, ehe mich mein Mut im Stich lässt.«
»Dan …«
»Es ist nicht ganz das, was du denkst, Jay. Wir haben uns vor vielen Jahren im Bösen getrennt. Warum das geschah, wussten wir beide, und eigentlich wussten wir es auch nicht. Mir kommt es so vor, dass wir beide unser Bestes getan haben, um uns aus dem Weg zu gehen, aber offenbar nicht mit allzu viel Erfolg. S’reth bot mir eine Chance, dir zu helfen, weil er wusste, dass wir Jahre zuvor gute Freunde
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