Bd. 3 - Der dunkle Stern
jemandem die Fähigkeiten eines Fühlenden zu vermitteln, der sie zuvor nicht besaß«, warf Ibarra ein. »Und es vermittelt jedem, der es trägt, beträchtliches Wissen, wie ich hörte. Sicherlich«, fügte sie mit gedämpfter Stimme an, »werden Sie als loyaler Untertan des Sol-Imperiums …«
»Ach, darum geht es. Ja, Commander, ich verstehe jetzt sehr genau, was Sie wollen. Richten Sie Direktor M’m’e’e Sha’kan meine besten Grüße aus, und sagen Sie ihm, dass ich damit nichts zu tun haben werde. Das gyaryu gehört dem Hohen Nest, und es bleibt in der Scheide an meinem Gürtel. Sagen Sie ihm …« Sie ging an der Frau vorbei, die ein paar Schritte nach hinten machte. »Sagen Sie ihm, Hesya wird das Schwert von Shr’e’a nicht noch einmal an sich nehmen.«
»Ich verstehe nicht«, rief Ibarra ihr nach.
»Ich bin mir sicher, M’m’e’e Sha’kan versteht es.«
Weitere Schiffe trafen im Josephson-System ein. Auf der Brücke der Fair Damsel zeigte das Holodisplay, wie sie die Andockplätze ansteuerten. Jackie saß an einer der Ingenieursstationen und sah zu, wie die Symbole über das Display tanzten.
Sie war unruhig, aber man musste kein Fühlender sein, um das zu bemerken, und es war noch viel deutlicher geworden, seit sie von der Besprechung auf der Duc d’Enghien zurückgekehrt war. Der größte Teil der Damsel-Crew machte einen großen Bogen um sie, aber natürlich galt das nicht für den Captain.
»Nette Sache«, meinte Dan und zeigte auf das Display, als er auf die Brücke kam. »Georg Maartens hat das installieren lassen. Modernstes Tiefenradar so wie auf den Gefechtsschiffen. Zu schade, dass sie nicht auch gleich noch unsere Waffen aufgerüstet haben.« Er ließ sich in den Pilotensitz fallen. »Andererseits«, fügte er hinzu und stützte das Kinn in die Hand, »wenn wir schwer bewaffnet wären, würden wir an der verdammten Frontlinie eingesetzt.«
Jackie erwiderte darauf nichts. Pyotr Ngo, der an einer geöffneten Abdeckung arbeitete, warf Dan kurz einen finsteren Blick zu, dann widmete er sich wieder seiner Arbeit.
»Was ist los, Jay? Seit du von dem Transporter zurückgekommen bist, hast du noch keine zehn Worte gesagt.«
»Ich weiß nicht. Irgendwas läuft da, aber ich komme nicht so recht dahinter. Ich glaube, wir stecken mitten in einer anderen Legende, bloß gefällt mir auch nicht, wie die ausgeht. Und diesmal betrifft sie nicht nur mich, Garrett steckt ebenfalls mit drin. Er wird genauso benutzt wie ich.«
Sie lehnte sich zurück und rieb sich die Stirn. »Und ich bin mir auch nicht so ganz sicher, ob ich dem hier noch trauen kann«, ergänzte sie und strich über das Heft des gyaryu.
»Du traust ihm nicht? Das ist doch nicht Excalibur oder so was, oder? Wie kannst du ihm nicht trauen?«
»Das kann ich nicht so leicht erklären. Die ganze Zeit über komme ich mir vor, als würde ich von einem Ereignis zum nächsten getrieben. Ich habe keinerlei Kontrolle. Ich will eine Entscheidung fällen, irgendetwas tun, was nicht vor achttausend Jahren in einer verdammten Legende niedergeschrieben wurde. Aber so läuft es nicht. Ich wurde bis nach Center dirigiert. Ich habe einen meiner besten Freunde verloren. Ich nahm diesen Job an« – sie klopfte auf das Heft des gyaryu –, »und jetzt muss ich erfahren, dass die gleiche Gruppe, die den Krieg zwischen Zor und Menschen vor fünfundachtzig Jahren manipulierte, ihre Finger auch in diesem Krieg hier drin hat. Vielleicht haben sie sogar das Schwert selbst manipuliert. Was zum Teufel wollen die? Worum geht es eigentlich? Wohin werde ich gelotst, und wohin werdet ihr und alle anderen« – sie zeigte auf das Holo – »mit mir zusammen gelotst?«
»Willst du darauf eine Antwort hören?«
»Nein. Ich weiß nicht, was ich will.« Sie stand auf und verließ die Brücke. Dan sah ihr nach.
»Sie wissen …«, begann Pyotr, aber Dan hob seine Hand.
»Ja, ich weiß«, erwiderte er.
Laura Ibarra lehnte sich auf ihrem Stuhl nach hinten und rieb sich mit den Handballen über die Augen. Der Stuhl reagierte auf den Druck, senkte die Lehne und passte sich an die neue Sitzposition an.
»Aktiviere KI eins-sieben«, sagte sie. Ein zwölf Zentimeter großes Holo entstand auf dem Schreibtisch vor ihr: eine aufrecht stehende graugrüne Echse mit vier Armen, die einen leuchtend roten Morgenmantel trug.
»Zur Eingabe bereit«, sagte das Holo.
»Also gut. Versuchen wir es noch einmal.« Laura beugte sich vor und schüttelte leicht den Kopf, als wolle
Weitere Kostenlose Bücher