Bd. 3 - Der dunkle Stern
lang unfähig, irgendetwas zu tun. Plötzlich fiel ihm ein, dass das alles zu den vielen Welten des Volks übertragen wurde und dass diese Bilder innerhalb weniger als einer Sonne auch auf allen übrigen bewohnten Welten zu sehen sein würden.
Mit einer Geste wurde dem ein Ende gesetzt. Krieger des Hohen Nests traten vor, um die Kom-Crews dazu anzuhalten, ihre Kameras abzuschalten. Die acht kreisenden Tänzer der Willkommenszeremonie landeten in der Nähe, wahrten aber respektvoll Abstand. Ke’erl betrachtete weiter Sergei, seine Flügel hielt er in einer Pose des Kummers.
T’te’e steckte sein chya weg. » hi Ke’erl.«
Der Hohe Lord ließ die Arme sinken, straffte die Schultern und sah T’te’e an. »Warum stören Sie meine Meditation?«
»Es ist nicht meine Absicht, Sie zu stören. Ich möchte nur verhindern, dass Sie sich vollständig blamieren.«
»Ich weiß nicht, was Sie damit meinen.« In Ke’erls Augen blitzte etwas auf, das T’te’e nicht so recht identifizieren konnte: vielleicht Wahnsinn, vielleicht Schlafmangel, vielleicht auch irgendein Medikament, das die Wirkung der vorhersehenden Träume unterdrückte, die dem Hohen Lord die geistige Gesundheit raubten.
»Ich werde dir sagen, was ich damit meine, hi Cousin«, flüsterte T’te’e ihm zu. »Ich meine damit diesen albernen Auftritt, den gerade eben weiß esLi wie viele vom Volk mit angesehen haben, se Sergei ist weit fort, und wir beide wissen, warum das so ist und wie es zustande kam. Wir konnten vor vielen Zyklen in der Vergangenheit sehen, dass der Flug an diesen Ort führte. Die meisten vom Volk wissen nur, dass se Sergei krank ist. Es gab keinen Grund, ihnen irgendetwas anderes zu sagen.«
»Warum nicht? Sollen wir warten, bis die esGa’uYal auch ihnen ihr hsi nehmen? Dann werden sie uns auch nicht mehr zuhören.«
»Das ist nicht meine Absicht.«
»Was ist dann deine Absicht, Cousin?« Die Hand des Hohen Lords wanderte zum Heft seines hi’ehya, was bei T’te’e prompt Angst auslöste. Sich ein Gefecht mit dem Hohen Lord zu liefern, würde ihm ganz bestimmt den Status eines idju einbringen, ob es ihm gefiel oder nicht.
»Meine Absicht«, antwortete T’te’e nach einer kurzen Pause mit ruhiger Stimme, »ist es, das Hohe Nest nach deinen Anweisungen zu leiten – oder besser gesagt: nach den Anweisungen, die du mir gabst, als du dich für das Hohe Nest zu interessieren begannst.«
T’te’e sah sich um und stellte fest, dass die Wachen die Kom-Netz-Crews außer Reichweite dirigiert hatten. »Das ist meine vorrangige Sorge«, fuhr er fort und senkte seine Stimme noch etwas mehr. »Mein Bemühen, das Nest von Tag zu Tag zu lenken. Ich bin nur Ihr Diener, Hoher Lord Ke’erl.« Seine Flügel nahmen die Anordnung der Aufrichtigen Ehre an – obwohl er sich nicht sicher war, ob das den Hohen Lord nicht erzürnen würde. Und obwohl er sich nicht sicher war, ob es ihn überhaupt noch kümmerte.
»Nur mein Diener«, wiederholte Ke’erl. Der Hohe Lord ließ die Schultern sinken, seine Flügel wiesen eine wirre Anordnung auf. »Du dienst der Leere, se T’te’e. Der Abgrund erstreckt sich vor dir, und du verbeugst dich vor ihm.« Er fuchtelte mit den Händen über dem Kopf herum und folgte der Bewegung einen Moment lang mit seinen Augen. »Du vollführst die Willkommenszeremonie vor der Leere. Shrnu’u HeGa’u thront auf dem Hohen Sitz, se T’te’e, und befiehlt, was seine Diener ausführen.«
Ohne ein weiteres Wort erhob sich der Hohe Lord in die Lüfte und flog Richtung Sonnenuntergang. Der Hohe Kämmerer, der nichts mehr auf diese Worte hatte entgegnen können, gab vier Wachen in seiner unmittelbaren Nähe ein Zeichen, woraufhin sie Ke’erl HeYen nachflogen.
Leere, dachte T’te’e und wandte sich zu se Sergei um. Du weißt all diese Dinge, alter Freund. Der Abgrund, der vor dem geistigen Auge des Hohen Lords klafft, existiert zweifellos, aber mit dem gyaryu können wir ihn in Schach halten. Ich bete zu esLi, dem Herrn über Alles, dass es zu uns zurückkehren kann.
Er sah Ke’erl HeYen nach, der sich von den Landebahnen entfernte, von vier Wachen des Hohen Nests eskortiert. Die orangefarbene Sonne von Zor’a wurde von den Flügeln des Hohen Lords reflektiert, sodass es aussah, als stünden sie in Flammen. Er flog weiter, ohne davon etwas zu merken. Auf T’te’e wirkte es wie eine Metapher, die die Situation bestens beschrieb.
Stunden später, als die Szene im Kom-Netz achtmal wiederholt worden war und
Weitere Kostenlose Bücher