Bd. 3 - Der dunkle Stern
zwar, dass Lärm von draußen eindringen konnte, doch die Gedankengänge des Hohen Kämmerers wurden von Flügelschlägen ganz in seiner Nähe gestört. Er sah zur Seite und entdeckte Byar HeShri, den Meister des Sanktuariums, der sich einem Absatz neben ihm näherte. Der Lehrer der Fühlenden brachte seine Flügel in die Haltung der Freundlichen Annäherung, dann wartete er, dass T’te’e ihn ansprach.
Der Hohe Kämmerer gab einem seiner Helfer ein Zeichen, woraufhin der einen Zylinder hervorholte und das Abschirmfeld aktivierte. Das leise Summen, das er ausstrahlte, war für die Leute auf der Plattform kaum zu hören, aber es schirmte die Umgebung wirkungsvoll gegen empfindliche Mikrofone und interessierte Lauscher ab. Vier der Wachleute in Livree legten die Klauenhand auf das Heft ihres chya und gingen in gemächlichem Tempo um die erhöhte Plattform herum.
»Ich freue mich, Sie in meiner Nähe zu wissen«, sagte T’te’e schließlich, ohne den Blick von dem Fenster abzuwenden, durch das nun ein weit entfernter, orangefarbener Punkt am Himmel zu sehen war, der immer größer wurde. »Aber Ihre Studien und Vorbereitungen sind sicherlich wichtiger.«
»Ich wollte sehen, was wir geschaffen haben.«
T’te’e wandte sich zu ihm um. Seine Augen konnten seinen Zorn nur mit Mühe verbergen, und er weigerte sich beharrlich, seine neutrale Flügelhaltung zu verändern. »Dies ist nicht unser Werk, se Byar. Wären wir keine alten Freunde und Gefährten, würde ich mich veranlasst fühlen, diese Tatsache mit meinem chya zu unterstreichen.«
»Ich bitte achttausendmal um Entschuldigung«, antwortete Byar, während seine Flügel in die Pose der Höflichen Gleichgültigkeit gingen, um zu unterstreichen, wie unbedeutend seine Entschuldigung eigentlich war. »Lassen Sie es mich anders formulieren.«
»Tun Sie das bitte.«
»Dieser Flug hatte keine Alternative, sondern führte hierher. esLi allein weiß, wie es enden wird, aber der gyaryu würde bis dahin tot sein. Es ist bemerkenswert, dass der alte Mann lebt, nachdem er es verloren hatte … aber er kannte die Risiken genauso wie wir.«
»Worauf wollen Sie hinaus?«
»ha T’te’e, Sie wissen wie ich, wenn der Gyaryu’har nicht in der Lage ist, für sich selbst zu sprechen, dann sind Sie an seiner Stelle verantwortlich. So ist es mit allen Helden: Sie müssen sich den Konsequenzen ihres Handelns stellen, ob die gut oder schlecht sind.«
»Wollen Sie damit andeuten …«, begann der Hohe Kämmerer wütend, doch Byar HeShri hob einfach nur seine Flügel in die Position des Mantels von esLi.
»Ich deute damit gar nichts an, sondern versichere Ihnen nur, Ehrbarer, dass Sie sich nicht in Schmerz und Schuld hüllen können, nur weil unser alter Freund in dieser Verfassung zurückkehrt. Wir wussten, das würde geschehen. Wir haben ihn bereits verloren, vermutlich jenseits aller Hoffnung, ihn zurückzuholen. Das Volk wird für eine Weile ohne den Gyaryu’har auskommen müssen. Es ist ein Segen, dass das Volk zumindest einen Kämmerer hat.«
»Das wird dem Volk keine Hilfe sein.« T’te’e spreizte die Hände und zeigte auf die Menge unter ihnen, die drängte und flatterte, um einen Blick auf den näher kommenden Shuttle zu werfen.
»Es macht nichts aus. Uns fehlt auch das gyaryu. Das wird das Volk viel stärker beunruhigen.« Byar betrachtete seine Krallen und wich damit dem besorgten – und zugleich beunruhigenden – Blick des Hohen Kämmerers aus. »Können Sie mir irgendetwas darüber sagen, welche Fortschritte erzielt wurden, um es zurückzuholen?«
»se S’reth war vor Achttagen hier. esLis Auserwählte begibt sich allein an die Bezwingung der Gefahrvollen Stiege, sie wird dabei nur von ihrem Lenkenden Geist begleitet, si Ch’k’te Heyen befindet sich jetzt jenseits des Äußeren Friedens«, fügte er an und sah, wie Byar seine Flügel einen Augenblick lang vor Überraschung anhob, als er den Zusammenhang zwischen den beiden letzten Sätzen herstellte und zum gleichen Schluss kam wie er selbst, als er es von S’reth erfuhr. »Der esGa’uYal weiß, dass der Avatar von Qu’u noch lebt, und sie haben das Tempo ihrer Angriffe erhöht – wie Ihnen sicherlich bereits bekannt ist.«
»Anhand dessen, was ich von dem in unserem Gewahrsam befindlichen esGa’uYe gelernt habe, wissen sie weniger, als Sie womöglich glauben. Aber ja, das Sanktuarium ist sich dessen bewusst. Ohne unsere frühzeitigen Vorbereitungen befänden wir uns in einer viel schlechteren
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