Bd. 3 - Der dunkle Stern
überlebt hatte.
Alles, was ihn von den Erinnerungen an die Geschehnisse bei Adrianople ablenken konnte, war ihm willkommen. Er ordnete seine Gedanken, dann nahm Hsien am Schreibtisch im vorderen der beiden Räume Platz und bat die Ordonnanz, den Offizier eintreten zu lassen.
»Admiral Hsien, Captain MacEwan vom Transporter Duc d’Enghien meldet sich wie befohlen, Sir.«
»MacEwan«, sagte der Admiral. »Sie gehörten zur Eingreiftruppe bei Cicero, richtig?«
»Ja, Sir.« Barbara MacEwan stand reglos vor ihm. Hsien bemerkte eine minimale Veränderung ihres Gesichtsausdrucks, als hätte sie diese Frage nicht erwartet.
»Wie ist der Status Ihres Schiffs, Captain?«
»Wir liegen bei fünfundachtzig Prozent Kampfstärke, Sir.
Unsere Jägerstaffel musste einige kleinere Verluste einstecken, und mir ist noch kein Ersatz zugewiesen worden.«
»Verstehe. Sagen Sie, MacEwan … haben Sie irgendwelche Erfahrung damit, gegen die …« – er machte eine vage Geste -»… die Schiffe dieser Aliens zu kämpfen?«
»Nein, Sir. Wir haben nicht gegen die Invasionsstreitmacht bei Cicero gekämpft, Admiral.«
»Ich las den Bericht Ihrer ehemaligen Vorgesetzten, Commodore Laperriere. Sie war der Ansicht, es wäre Selbstmord gewesen, sich den Invasoren in den Weg zu stellen. Sehen Sie das auch so, Captain?«
»Ich … würde der Einschätzung des Commodore nicht widersprechen wollen.« MacEwan schien ihre Worte mit Bedacht zu wählen.
»Gut.« Hsien legte die Hände verschränkt vor sich auf den Tisch. »Ich muss Klarheit bekommen: Laperriere traf vor einigen Wochen die Entscheidung, die Cicero-Basis aufzugeben. Ob diese Entscheidung gerechtfertigt war oder nicht, das wird das Kriegsgericht feststellen müssen. Auf jeden Fall handelte es sich aber um eine Reaktion auf einen feindlichen Angriff, möglicherweise von der gleichen Art wie das, was wir soeben bei Adrianople erlebten.« Hsien beobachtete MacEwan aufmerksam, doch sie ließ sich nichts anmerken. »Wenn ich mich recht erinnere, war im offiziellen Bericht davon die Rede, dass Commodore Laperriere die Eingreiftruppe nach Adrianople zurückschickte, was der üblichen Vorgehensweise widerspricht, wenn es darum geht, ein Schwesterschiff zu verteidigen. Habe ich diese Situation so richtig erfasst?«
»Der Commodore …« MacEwan sah zur Seite, als sei sie über sich selbst verärgert. »Ja, Admiral, das ist korrekt.«
»Ist es auch korrekt, dass eine Ihrer Jägerstaffeln nicht mit nach Adrianople zurückkehrte?«
»Ja, Admiral.« Nun sah sie ihn wieder an, ihre Augen funkelten vor Wut.
»Aber Sie befolgten doch den Befehl des Commodore und zogen sich von Cicero zurück, ohne den Feind anzugreifen. Wie konnten Sie dann eine Jägerstaffel verlieren?«
»Ich … die Staffel geriet außer Reichweite, Admiral. Die Jäger kamen dem Feind zu nahe, und …« Sie schien nicht in der Lage oder nicht willens zu sein, ihren Satz zu Ende zu führen.
»Das ist sehr wichtig, Captain. Die Jägerstaffel geriet außer Reichweite. Was geschah dann?«
MacEwan stand in Habtachtstellung vor ihm. »Ich verlor insgesamt neun Kampfjäger, Sir, einschließlich eines kompletten Jägergeschwaders – und ich hätte vielleicht sogar die Duc d’Enghien selbst verloren, hätte Commodore Laperriere mir nicht befohlen, auf Kurs zu bleiben und sie zurückzulassen. Während ich das Geschehen verfolgte, schossen sich die Jäger einer Staffel gegenseitig ab. Alle bis auf einen.«
Hsien schwieg lange, nachdem sie das gesagt hatte, dann fragte er mit leiser Stimme: »Was geschah mit diesem einen?«
»Er verschwand einfach vom Tiefenradar. Ich glaube, er wurde an Bord eines feindlichen Schiffs gebracht.«
»Erwartete Commodore Laperriere, dass das geschehen würde?«
»Ich … vermute ja, Sir. Sie hatte aus erster Hand Erfahrung mit den Aliens gesammelt, Admiral, und sie wusste, wir würden sie nicht besiegen können. Zuerst wollte ich ihr das nicht glauben, und ich war bereit, mit der Duc kehrtzumachen …«
»Dass Sie Commodore Laperriere verteidigen wollen, ehrt Sie, Captain, aber …«
»Verzeihen Sie, Admiral«, unterbrach MacEwan ihn leise, aber mit genug Nachdruck, um Hsien verstummen zu lassen. Er sah sie an, wie sie wieder kerzengerade vor ihm stand. »Wenn der Admiral nichts einzuwenden hat, würde ich gern etwas klarstellen.«
Sie schien darauf zu bestehen, ob es ihm gefiel oder nicht. Er lehnte sich nach hinten und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Reden Sie weiter,
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