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BE (German Edition)

BE (German Edition)

Titel: BE (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Eichinger
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heißt »Francesca« von Verena Rudolph. Nein, den Test der Zeit hat »Francesca« nicht überstanden. Daran konnte auch der Deutsche Filmpreis nichts ändern. »Der Name der Rose« dagegen lebt weiter. Es gibt eben keine Rose ohne Dornen.

Der Prinz von München
    NA ch dem Erfolg von »Der Name der Rose« war Bernd ein Star. Es waren die achtziger Jahre. 1986 hatte Michael Gorbatschow zwar schon »Glasnost« ausgerufen und damit das Ende des Kalten Krieges eingeleitet, aber Deutschland war immer noch geteilt und Berlin eine hermetisch abgeriegelte Insel. Bernd hielt sich zwar regelmäßig in Berlin auf, frequentierte dort die Paris Bar in der Kantstraße, fand die Stadt aber in den späten Achtzigern zunehmend deprimierend und muffig. In Berlin gab es damals zwar eine unfassbar kreative Musikszene mit Leuten wie Nick Cave, aber wenn man bedenkt, dass Nick Cave in Berlin das Album »Your Funeral … My Trial« schrieb, sagt das einiges über das Berliner Lebensgefühl von damals aus. Berlin war zum einen von der Hausbesetzerszene und zum anderen von einer romantischen Melancholie geprägt, die in Wim Wenders Film »Der Himmel über Berlin« (1987) seinen Ausdruck fand. Bernd war damals begeistert von diesem Film, nicht nur, weil er durch seine Originalität ein riesiger Schritt nach vorne für das deutsche Kino war, sondern auch, weil dieser Film das tat, was er sich als Filmemacher zum Ziel gesetzt hatte: Er machte den Geist der Zeit fühlbar. Wenn Bernd, Uli Edel und Herman Weigel mit »Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo« den Hades, die Hölle von Berlin gezeigt hatten, so schuf Wenders mit »Der Himmel über Berlin« das Gegenstück, eine Liebeserklärung an eine Stadt, die wie ein Satellit über der Realität schwebte.
    Nein, das konkrete Leben mit all seinem Lärm und seiner Schamlosigkeit spielte sich anderswo ab: in München, damals die heimliche Hauptstadt des kapitalistischen Deutschlands. München, das war der hyperaktive Discosound von Giorgio Moroder, der auch den Titelsong von »Die unendliche Geschichte« mit Limahl von Kajagoogoo als Interpret komponiert und produziert hatte. München, das war »I Feel Love« von Donna Summer, das war die Spider Murphy Gang mit ihrem Hit »Schickeria«. Das perfekte Gesellschaftsportrait dieser Zeit schuf Helmut Dietl mit seiner Fernsehserie »Kir Royal«. München, das war Bussi-Bussi, Schickimicki … wenn Heroin die bevorzugte Droge der Berliner Szene war, so hießen die beiden Münchner Lieblinge Schampus und Koks. Natürlich ohne dass die Party jemals außer Kontrolle geriet. Denn in München, da regierte der Ministerpräsident Franz Josef Strauß wie ein bayerischer Sonnenkönig, und eine Privatarmee aus Schwarzen Sheriffs sorgte für Ordnung. Und dass Bayern keineswegs vom internationalen Weltgeschehen abgeschnitten war, bewies sich nicht zuletzt, als der Privatpilot Strauß am 28. Dezember 1987 unangekündigt in einer Cessna in Moskau auftauchte und ein mehrstündiges Gespräch mit Michael Gorbatschow führte.
    Wenn Franz Josef Strauß der König war, so war Bernd Eichinger der missratene Prinz. Ein Prinz deshalb, weil Bernd mit seinen Blockbustern perfekt die in den achtziger Jahren neuentdeckte Erotik des Erfolgs bediente. Gordon Gekkos Schlachtruf »greed is good!« klang auch – und zwar völlig ironiefrei – durch die deutschen Konferenzzimmer und BWL-Hörsäle. Bernd hätte diese Aussage niemals unterschrieben, denn Geld des Geldes wegen zu verdienen, war ihm genauso fremd wie Macht der Macht willen zu besitzen. Geld war für ihn ein Mittel, um weiterzuarbeiten, weiter Filme zu machen – doch ihn umhüllte »The Sweet Smell of Success«. Den gleichnamigen Film fand Bernd übrigens langweilig und fehlerhaft. Die Achtziger, sie waren ja auch das Jahrzehnt der Besessenheit – der Duft der Achtziger war dunkel und schwer wie die Nebel in einem Sado-Maso-Klub. Calvin Klein brachte den Zeitgeist der Achtziger auf den Punkt, als er 1986 das Parfum »Obsession« auf den Markt brachte. Bernd war für die Menschen genau so ein Besessener. Er brachte für seine Obsession zwar keine Jungfrauen um, wie die Hauptfigur in Patrick Süskinds Roman »Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders«, der 1985 erschienen war, aber das war auch alles, was ihn im Bild der Öffentlichkeit von Jean-Baptiste Grenouille unterschied.
    Dass Bernd von Anfang an diese Geschichte verfilmen wollte, Patrick Süskind die Rechte an seinem Erfolgsroman aber nicht hergeben

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